05.04.2017 15:53 Uhr

Chelsea vs. ManCity: Sturm vor der Ruhe?

Blues vs. Skyblues: Ganz England fiebert dem Spitzenspiel entgegen
Blues vs. Skyblues: Ganz England fiebert dem Spitzenspiel entgegen

Knapp drei Monate musste die Premier-League-Konkurrenz auf einen Patzer des FC Chelsea warten, nun ist es passiert: Ausgerechnet vor dem richtungsweisenden Spitzenspiel gegen Manchester City haben die Blues überraschend Punkte liegen lassen. Plötzlich wittern die Verfolger ihre Chance - zu Recht?

Wer Antonio Conte auf Pressekonferenzen erlebt, der versteht, warum der Italiener einen derart guten Ruf besitzt. Höflich, charismatisch, stets treffsicher in seinen Einschätzungen - der 47-Jährige besitzt eine besondere Aura, die sich grundlegend von der selbstgefälligen Art vieler Trainerkollegen unterscheidet. Während die Forderung nach Demut oder ein Lob für den Gegner bei Zampanos à la José Mourinho oft wie kühl kalkuliertes Understatement wirkt, glaubt man Conte aufs Wort.

Als der frühere Coach der Squadra Azzurra nach der unerwarteten 1:2-Heimniederlage gegen Kellerkind Crystal Palace die Qualität der Mitbewerber hervorhob, gab er zugleich die Marschroute für den Saisonendspurt aus: "Es gibt großen Druck. Aber das ist normal, wenn man für einen großartigen Klub spielt und sehr gut ist. Man darf nicht vergessen, dass die anderen Teams auch Titelkandidaten waren", gab Conte zu Bedenken, ohne die eigene Stärke künstlich herunterzuspielen: "Doch stattdessen stehen wir noch immer an der Tabellenspitze, und da wollen wir auch bleiben".

Ähnlich hatte sich der Taktik-Fachmann bereits nach dem 0:2 gegen den Londoner Rivalen Tottenham Hotspur zu Jahresbeginn geäußert. Nach der Pleite bei den Spurs, die einen Lauf von 13 Dreiern in Folge beendet hatte, appellierte Conte an sein Team, den eingeschlagenen Weg unbeirrt weiterzugehen. Das Ergebnis: Chelsea blieb erneut acht Spiele in Serie ungeschlagen und setzte sich von den Verfolgern ab.

Der letzte Sturm vor der Ruhe?

Quälend lange hatte die Konkurrenz aus London, Liverpool und Manchester auf einen Ausrutscher der Blues gewartet, um das Titelrennen doch noch einmal spannend zu machen. Womöglich bietet sich nun die letzte Chance, Eden Hazard und Co. doch noch abzufangen.

Die britische Yellow Press hat die uninspirierte Leistung Chelseas gegen Crystal Palace zum Anlass genommen, die Meisterfrage wieder aus dem Archiv zu kramen. Eigentlich hatte man sich schon mit dem sechsten Triumph des Abramovich-Klubs abgefunden, der sich dank sattelfester Abwehr und mutiger Offensive lange Zeit keine Blöße gegeben hatte. Nun soll alles wieder offen sein.

Was sagt Conte dazu? "Die Meisterschaft war vor dem Samstagsspiel nicht entschieden und sie ist es auch jetzt nicht. Es sind noch neun Spiele zu spielen. Wenn wir es dann am Ende verdienen, den Titel zu gewinnen, dann bin ich sehr glücklich. Wenn jemand anderes den Titel verdient, bedeutet das, dass sie besser waren als wir", erstickte der Italiener jegliche Hektik im Keim.

Sein Credo: Bloß nicht aus der Reserve locken lassen. Denn der 47-Jährige weiß: Das mediale Säbelrasseln ist wohl der letzte Sturm vor der Ruhe. Schlägt Chelsea die Citizens, dürfte dem Titel bei acht ausstehenden Partien nicht mehr viel im Wege stehen.

"Nichts ist unmöglich - das ist unsere Idee"

Freilich haben die Teams auf den Plätzen zwei bis sechs die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Allen voran in Tottenham lebt der Meistertraum - trotz des schmerzhaften Ausfalls von Torgarant Harry Kane. "Nichts ist unmöglich - das ist unsere Idee und unsere Philosophie. Jetzt müssen wir in der letzten Phase dranbleiben, unser Bestes geben und bis zum Ende kämpfen", forderte Spurs-Trainer Mauricio Pochettino unlängst. Doch auch der Argentinier weiß: "Sieben Punkte sind ein massiver Unterschied".

Als Tabellenzweiter mit zuletzt vier Siegen in Folge wähnt sich der Hauptstadtklub in Schlagdistanz zu Chelsea. Und tatsächlich: Von allen Aspiranten in der Spitzengruppe scheint Tottenham am stabilsten. Zudem dürfte das Restprogramm für Dele Alli und Co. durchaus machbar sein.

City fremdelt mit Pep

Anders hingegen die Stimmung bei Manchester City. Auch knapp zehn Monate nach dem Amtsantritt von Pep Guardiola fremdelt die Mannschaft noch immer mit der Philosophie des Katalanen. Dem bitteren Champions-League-Aus in Monaco folgten Punkteteilungen gegen Liverpool und Arsenal, ihrerseits direkte Konkurrenten im Kampf um die Königsklasse.

Nach dem 2:2 gegen die Gunners am Wochenende konstatierte der Ex-Schalker Leroy Sané: "Es ist enttäuschend, weil die anderen Ergebnisse gut für uns waren und Chelsea verloren hat." Trotz prächtiger Form in der Rückserie kann der DFB-Youngster das Ruder nicht allein rumreißen. Zu oft versagten der Hintermannschaft in der laufenden Spielzeit die Nerven. So steht ein dickes Fragezeichen hinter der Titeltauglichkeit des guardiola'schen Starensembles.

Am 31. Spieltag eröffnet sich Manchester nun die große Gelegenheit (im weltfussball-Liveticker), die Kritiker Lügen zu strafen. An der Stamford Bridge müssen die Gäste dringend siegen, um die Voraussetzungen für den Schlussspurt zu verbessern.

CFC-Coach Conte weiß um den Erfolgsdruck des Gegners. Unterschätzen will er die Sky Blues nicht: "In jedem Spiel in England kann alles passieren. Die Liga ist so stark". Wohlwissend, dass seinem Team die Meisterschaft im Falle eines Triumphs am Mittwoch kaum noch zu nehmen sein wird.

 

Heiko Lütkehus