27.03.2015 12:41 Uhr

Jordan Henderson: Der Erbe Gerrards

Legende Steven Gerrard (l.) überreicht Jordan Henderson die Binde
Legende Steven Gerrard (l.) überreicht Jordan Henderson die Binde

Mit 24 Jahren tritt Jordan Henderson in Liverpool das größte Erbe an, das es bei den Reds gibt. Als Nachfolger von Steven Gerrard auserkoren, füllt er die Rolle trotz Startschwierigkeiten nahezu perfekt aus.

Bis zur 1:2-Niederlage gegen Manchester United war die Bilanz des neuen Hoffnungsträgers makellos: 15 Mal führte er sein Team als Kapitän auf das Feld, kein einziges Spiel mit ihm in der Chefrolle ging verloren. Ein Platzverweis gegen seinen Vorgänger und ein Traumtor des Gegners waren letztlich nötig, um die beeindruckende Serie von Jordan Henderson zu beenden.

An seinem Standing als neue Führungsfigur im Team des Liverpool Football Club hat die Niederlage nichts geändert. Nach Anlaufschwierigkeiten an der Anfield Road hat sich der 24-Jährige in dieser Saison zum legitimen Erben von Steven Gerrard aufgeschwungen. Das schwere erste Jahr und die harsche Kritik an seiner Person sind mittlerweile vergessen.

Eine Beleidigung für jeden Engländer

Dass Henderson einmal der Leader im Team des LFC sein würde, zeichnete sich im Jahr nach seiner Verpflichtung nicht ab. Zwar brachte es der damals 21-Jährige in seiner Debütsaison auf 31 Startelfeinsätze, seinen Stempel konnte er dem Spiel aber nicht aufdrücken. Überwiegend durchschnittliche Leistungen ließen Zweifel aufkommen, ob die 22 Millionen Euro Ablöse gut angelegt waren.

Als ihn Nationaltrainer Roy Hodgson im Sommer 2012 trotzdem für den verletzten Frank Lampard in den EM-Kader nachnominierte, schüttelten nicht wenige den Kopf. "Wenn es jemand wie Henderson in die Mannschaft schafft, muss sich jeder Engländer, der nicht dabei ist, beleidigt fühlen", meinte etwa Joey Barton, dessen Meinung (ausnahmsweise) viele Kenner des englischen Fußballs teilten.

Zweieinhalb Jahre danach ist klar: Barton und die anderen Kritiker haben sich geirrt. Mit konstant guten Leistungen im Trikot der Reds hat sich Jordan Henderson nachdrücklich für höhere Aufgaben empfohlen.

Der junge Mann wird erwachsen

Auch dank ihm, seiner Lauf- und Zweikampfstärke, der ausgeprägten Spielübersicht und bestechenden Sicherheit am Ball träumten sie an der Anfield Road in der vergangenen Saison lange vom ersten Titel seit 24 Jahren. Am Ende löste sich der Traum in Luft auf. Weil ausgerechnet Steven Gerrard - der Mann, den Henderson beerben soll - im entscheidenden Spiel gegen Chelsea patzte.

Vor allem dank Henderson spielen die Reds seit einigen Monaten wieder auf dem Level, das sie im Vorjahr überhaupt erst zu einem Titelkandidaten gemacht hat. "Er ist erwachsen geworden. Als Spieler und als Mensch. Er ist ein fantastischer junger Mann. Wenn Steve nicht auf dem Platz steht, ist Jordan unser Leader. Es steht außer Frage, dass er der neue Kapitän der Mannschaft wird", stellte Coach Brendan Rodgers zu Beginn des Jahres unmissverständlich klar.

Ein großes Lob für einen Spieler, den derselbe Trainer im Sommer 2012 am liebsten nach Fulham abgeschoben hätte. Doch Henderson verweigerte den Transfer und stellte sich dem Konkurrenzkampf. Mit Erfolg.

"Seine Entwicklung ist einfach unglaublich"

Heute ist der Mittelfeldspieler die zentrale Figur in Rodgers' 3-4-3. Eine komplizierte Rolle, die ihm viel abverlangt: "Ich muss sehr diszipliniert spielen, will aber immer mit nach vorne. Manchmal muss ich unserer Offensive die Bälle allerdings nur servieren und die Konter des Gegners stoppen. " Henderson weiß, dass es in seiner Position oft auf das richtige Timing ankommt. Das hat er in den letzten Monaten nahezu perfektioniert.

"Es gab Zeiten, da hätte ich nie gedacht, dass Henderson mal der Spieler werden würde, der er heute ist. Ich hatte große Zweifel, ob es für das höchste Level reicht. Aber seine Entwicklung ist einfach unglaublich", staunt nicht nur ein Beobachter wie Thierry Henry über den Aufstieg des 24-Jährigen, der sich aktuell in Vertragsgesprächen mit Liverpool befindet. Seine Verhandlungsposition war nie besser.

Feste Größe bei den Three Lions

Auch in der Nationalelf soll und wird sein Einfluss in naher Zukunft größer werden. Trainer Roy Hodgson beschrieb Hendersons Entwicklung als "kometenhaft" und kommt nicht umhin, den Mittelfeldspieler zur Stammkraft zu befördern. Dabei begann auch seine Karriere im Trikot der Three Lions mit einigen großen Enttäuschungen.

Das WM-Vorrundenaus liegt ihm noch heute schwer im Magen. "Daran werde ich mich für immer erinnern. So eine Stimmung wie nach dem Spiel gegen Uruguay habe ich bisher noch nicht erlebt. Es war nicht einfach, diese Niederlage zu verarbeiten", sagt Henderson und erklärt im selben Atemzug: "Aber wir können die Enttäuschung auch positiv nutzen und zeigen, dass wir es besser können." Eben so, wie er es auch in Liverpool getan hat.

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Christian Schenzel