06.11.2015 11:40 Uhr

Aston Villa: Die Saison beginnt jetzt

Rémi Garde zeigte sich bei seiner ersten PK als Aston-Villa-Teammanager zuversichtlich
Rémi Garde zeigte sich bei seiner ersten PK als Aston-Villa-Teammanager zuversichtlich

Zehn Niederlagen aus zwölf Spielen, Tabellenschlusslicht: Aston Villa hat den Saisonstart in der Premier League völlig verschlafen. Mit Hoffnungsträger Rémi Garde auf der Trainerbank soll es nun bergauf gehen. Es wird höchste Zeit, endlich richtig in die Saison zu starten.

Im August 2006 stand Martin O'Neill vor einer Mammutaufgabe: In seinem ersten Spiel als Teammanager von Aston Villa musste der Nordire im brandneuen Emirates bei Arsenal antreten. Sicherlich nicht die dankbarste Aufgabe, um eine Ära auf der Trainerbank einzuleiten.

Die Trainer seitdem hatten es bedeutend angenehmer: Gerard Houllier coachte Villa erstmals im League Cup gegen die Blackburn Rovers, Alex McLeish musste gegen Fulham ran, für Paul Lambert hieß der erste Gegner West Ham United, Tim Sherwoods erster Prüfstein war Stoke City.

All diese Coaches sind in Birmingham mittlerweile Geschichte. Am Donnerstag stellte Villa mit Rémi Garde den neuen Hoffnungsträger vor. Schon bei seiner ersten Pressekonferenz gab sich der 49-Jährige forsch: "Ich bin zuversichtlich, es sind noch 28 Spiele. Wir müssen einfach nur anfangen zu gewinnen, dann wird sich der Wind drehen."

Auswegloser Auftakt?

Was relativ simpel klingt, ist alles andere als „einfach“. Die erste Aufgabe, mit der sich Garde als Villa-Trainer auseinandersetzen muss, könnte kaum schwieriger sein: Manchester City kommt in den Villa Park – seit dem Einstand von O'Neill das schwierigste Auftaktprogramm eines Trainers bei den Villans (Sonntag, 14:30 Uhr im weltfussball-Liveticker).

Ein Blick auf die letzten Wochen macht klar, wie aussichtslos das Unterfangen scheint: Aston Villa hat mittlerweile sieben (!) Ligaspiele hintereinander verloren, hat mit zehn geschossenen Toren den zweitschwächsten Angriff der Liga und steht mit nur vier Zählern am Tabellenende.

City dagegen entschied sieben der letzten acht Pflichtspiele für sich, hat mit 26 Treffern den stärksten Angriff der Liga und steht mit 25 Punkten an der Spitze des Klassements. Tabellennachbarn von Villa wurden teilweise regelrecht abgeschlachtet (6:1 gegen Newcastle, 5:1 gegen Bournemouth).

Sieg? Unwahrscheinlich!

Natürlich kann man nichts mit Sicherheit vorhersehen. Allerdings erscheint es wahrscheinlich, dass Gardes Start nicht siegreich sein wird. Stattdessen werden Fans und Kritiker auf andere Dinge schauen. Auf die Körpersprache der Mannschaft, auf die taktische Ausrichtung, auf irgendeinen Strohhalm, der Besserung in den kommenden Wochen verspricht.

Die Fans sehnen sich nach einem Weg aus dem Chaos. De facto kann man die ersten drei Monate der Saison als Zeitverschwendung betrachten, als verpasste Gelegenheit, die Neuzugänge zu integrieren und ein Spielsystem zu etablieren. Tim Sherwood schaffte es nicht, eine Mannschaft zu formen. Er wechselte Personal und Taktik ständig und wirkte planlos.

Neuzugänge gefloppt

Ein Beweis für die fehlende Integration der Neulinge? In der Partie gegen Tottenham am Montag setzte Interimstrainer Kevin McDonald nur auf einen einzigen der zahlreichen Transfers in der Startelf. Je nach Richtigkeit der kolportierten Zahlen verzichtete er auf etwa 65 Millionen Euro. Das kommt einer Bankrotterklärung gleich – entweder der Transferpolitik oder der Integration. Sherwood hat eine Entwicklung verpennt, sein Interimsnachfolger jedenfalls sah das so.
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>> Die Einsatzstatistik des Villa-Kaders

Mit Garde soll nun alles anders werden. Nicht selten kann ein Trainerwechsel psychologische Schranken lösen. Gerade hierzulande kennt man diesen Effekt dieser Tage gut. Auch Garde weiß davon: "Borussia Mönchengladbach hat in Deutschland die ersten fünf Spiele verloren. Jetzt haben sie sechs hintereinander gewonnen. Im Fußball kann es schnell gehen."

Qualität zu hoch für Abstieg?

Viele Villa-Fans glauben immer noch daran, dass der Kader zu gut ist, um abzusteigen. Neuzugänge wie Jordan Ayew, Jordan Amavi, Jordan Veretout und Adama Traoré haben zweifelsohne Potential, das bislang noch nicht abgerufen wurde. Darüber hinaus könnten Spieler wie Tiago Ilori oder Libor Kozak wieder stärker in den Fokus rücken. Unter Sherwood hatten beide überhaupt keine Rolle gespielt.

Doch auch starke Kader sind in der Vergangenheit abgestiegen. Man denke nur an das Beispiel Queens Park Rangers. Qualität auf dem Papier bringt nichts, wenn keine Mannschaft auf dem Platz steht.

Klar ist: Die Saison beginnt jetzt für Aston Villa. Sie muss beginnen, bevor der Abstand zu den Mittelfeldplätzen zu groß wird. Garde ist zuversichtlich, das Momentum drehen zu können: "Wir bekommen das hin. Ich bin nicht hierher gekommen, um die Mannschaft auf eine Saison in der zweiten Liga vorzubereiten."

Houllier als Ratgeber

Aber warum tut sich Garde diese Aufgabe überhaupt an? Eine große Bedeutung hatte Gérard Houllier. An dessen Seite ist der mittlerweile 49-Jährige gereift, zwischen 2005 und 2007 war er Co-Trainer unter Houllier bei Olympique Lyon – und feierte Titel en masse.

Sein einstiger Ziehvater hat ihm zu dem Schritt Aston Villa geraten: "Wir haben nie den Kontakt verloren. Er hat nur positiv über den Verein gesprochen. Er hat gesagt: Es ist eine schwierige Situation, aber es ist ein großartiger Klub mit Leuten, die alles für dich tun." Dass Houllier so von einem Klub schwärmte, bei dem er selbst nicht einmal ein ganzes Jahr im Amt war, imponierte Garde.

Er selbst hat große Ziele, möchte den Abstieg abwenden und eine Ära einleiten. Die Vertraglaufzeit bis 2019 suggeriert das jedenfalls. Wer weiß: Vielleicht kann er in seinem ersten Spiel ein Ausrufezeichen setzen und schon gegen City das Momentum drehen. Denn wie sagt es sich so leicht: "Wir müssen einfach nur anfangen zu gewinnen"...

Mehr dazu:
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>> Aston Villa: Trainerhistorie
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Jochen Rabe