23.09.2016 10:25 Uhr

Frauenfußball: Aufstand gegen das Patriarchat

Heute Normalität: Damals jedoch legte das erste Länderspiel der deutschen Damen gegen die Niederlande den Grundstein
Heute Normalität: Damals jedoch legte das erste Länderspiel der deutschen Damen gegen die Niederlande den Grundstein

Wenn Deutschlands Fußballfrauen heutzutage auf dem Rasen stehen, stellt dies absolute Normalität dar. Die Damen eilen nicht erst seit dem Goldmedaillen-Gewinn bei den Olympischen Spielen von Erfolg zu Erfolg. Allerdings war das nicht immer so: Denn Frauenfußball war in Deutschland lange verboten und verpönt. Der Grundstein für das heutige Selbstverständnis im Frauenfußball wurde letztlich vor 60 Jahren Jahren gelegt, als das erste inoffizielle Länderspiel der Fußballfrauen angestoßen wurde.

Im Herbst 1956 trafen Deutschland und die Niederlande in einer geschichtsträchtigen Partie aufeinander. Damals setzten sich die deutschen Damen vor 18.000 Zuschauern mit 2:1 gegen die holländische Auswahl durch. Dabei stand das Spiel zur damaligen Zeit unter brisanten Vorzeichen.

Die antiquierte Weltanschauung des DFB

Nach dem legendären WM-Triumph Deutschlands 1954 brach in der gesamten Bundesrepublik ein regelrechter Fußball-Hype aus, der sich nicht nur auf das männliche Geschlecht beschränkte. Die Frauen wollten mit den Männern gleichziehen und so erfreuten sich Vereinsmannschaften einer Vielzahl von Neumitgliedschaften. Viele neue Vereine, wie Gruga Essen oder Fortuna Dortmund, wurden gegründet. Die Spiele dieser Klubs lockten stets mehrere tausend Zuschauer in die Stadien. Frauenfußball begeisterte.

Durch die neue Popularität sah sich die Männerdomäne Fußball jedoch in Folge dessen in ihrer Exklusivität bedroht. Sportplätze seien sowieso schon überlastet und der Fußball böte genügend Verletzungsgefahren. Frauen sollten lieber Leichtathletik, Schwimmen oder Tennis betreiben, hieß es in einem Kommuniqué des damaligen DFB-Präsidenten Dr. Peco Bauwens im Jahre 1955. Kurze Zeit später ließ man Frauenfußball verbieten. Der DFB bezeichnete ihn als unschicklich, gar unweiblich und untersagte im Juli 1955, Damenfußball-Abteilungen zu gründen, Damenfußball-Klubs in existierende Vereine aufzunehmen sowie ihnen überhaupt Sportplätze zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus verbot man Schiedsrichtern, Frauenspiele stattfinden zu lassen. Die Äußerungen der Funktionäre grenzten an Diskriminierung: "Das Fußballspiel als Spielform ist wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt", heißt es in einer Studie des Psychologen Fred Buytendijk, anhand derer der DFB sein Verbot stützte. Ungeheure Aussagen, die an die Gesellschaftsordnung des beginnenden 19. Jahrhunderts erinnern, jedoch nicht einer aufgeklärten Gemeinschaft Mitte des 20. Jahrhunderts entsprachen.

Der Grundstein des heutigen Frauenfußballs

Um dieser Zuwiderhandlung der im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland fixierten Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau Einhalt zu gebieten, setzte sich der findige Geschäftsmann Willi Rupert gegen diese antiquierten Wertevorstellungen der DFB-Funktionäre durch und gründete 1956 den Westdeutschen Damen-Fußball-Verband e.V.

Der Verband organisierte inoffizielle Spiele ohne Unterstützung des DFB und sollte dafür sorgen, dass zukünftig Frauenfußball soziale Akzeptanz erfährt. Mit Erfolg, denn wenig später, am 23.09.1956 fand im Essener Mathias-Stinnes-Stadion das erste Länderspiel einer deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft statt, welches den Grundstein für den heute selbstverständlichen Betrieb des Frauenfußballs bildete. Historische Figur in diesem Spiel war übrigens die damals 30-jährige Lotti Beckmann, die das erste deutsche Länderspieltor einer Frauenauswahl in der Geschichte erzielte. 

Kevin Goy Ramos