11.09.2017 11:04 Uhr

Calmund: Neymar-Millionen sind "der Wahnsinn"

Reiner Calmund glaubt nicht, dass der Neymar-Deal refinanzierbar ist
Reiner Calmund glaubt nicht, dass der Neymar-Deal refinanzierbar ist

Wie vielen anderen Beobachtern stößt auch Ex-Leverkusen-Manager Reiner Calmund die Rekordablöse für den Brasilianer Neymar sauer auf. Die Summe von 222 Millionen Euro entbehre jeder Grundlage.

"Bei aller Klasse: 222 Millionen für Neymar ist der Wahnsinn, kaum mehr sachlich zu diskutieren", sagte Calmund im Interview mit der "Aargauer Zeitung". "Eine solche Summe ist für keinen Verein der refinanzierbar", ist 68-Jährige überzeugt. 

Im Gesamtkontext sieht Calmund den Rekorddeal jedoch nicht so kritisch. "Das Geld kommt von einem Scheich oder einem Kalifen, dem es völlig egal ist, ob Neymar die Summe einspielt oder nicht. [...] Positiv ist: Das Geld bleibt im Fußball. Paris bezahlt 222 Millionen an Barcelona. Barcelona reinvestiert einen Teil für Ousmane Dembélé. Dortmund wiederum überweist von den 105 Millionen für Dembélé locker die Transfer-Summen für Yarmolenko nach Kiew, für Sancho nach Manchester und Toljan nach Hoffenheim."

Calmund fordert "knallharte" Strafen

Grundsätzlich plädiert der ehemalige Funktionär für finanzielle Obergrenzen im Fußball: "Wenn es uns schon gelingt, die Gehälter der Vorstände von großen Konzernen und DAX-Unternehmen zu veröffentlichen und zu deckeln, dann sollte es auch möglich sein, den Transfermarkt stärker zu regulieren. Diese Maßnahmen wären gut für den Wettbewerb und damit für den gesamten bezahlten Fußball."

Sollten die Klubs auch in Zukunft gegen die Statuten des Financial Fair Play verstoßen, gibt es für Calmund nur eine mögliche Lösung: empfindliche Strafen. "Wer massiv gegen die Statuten des Financial Fairplay verstößt, muss knallhart bestraft werden. Für mich reichen bei solchen Vergehen keine Bußen oder Transferverbote. Punktabzug und Ausschluss aus den Uefa-Wettbewerben würden einige Funktionäre eher zur Vernunft bringen."

"Bei Bayer Leverkusen maximal 400.000 Euro pro Jahr verdient"

Dass er selbst sich schon vor vielen Jahren aus den Fußball-Business zurückgezogen hat und dementsprechend nicht von den explodierten Gehältern profitiert, stört Calmund weniger: "Wenn man heute auf die Gehälter, auch jene der Manager, guckt… Ich habe bei Bayer Leverkusen maximal 400.000 Euro pro Jahr verdient. Und Leverkusen war ja kein Kirmesverein. Wir standen 2002 immerhin im Champions-League-Finale. Aber ich bedaure nichts. Es war eine schöne Zeit. Ich habe dem Fußball einiges zu verdanken."

Letztendlich ist "Calli" auch ein Stück weit froh, nicht mehr Woche für Woche in der medialen Schusslinie zu stehen. "Ich habe mich nie vor der Verantwortung gedrückt. Bei Erfolgen habe ich immer Trainer und Mannschaft gefeiert, bei einem guten Transfer unsere Scouting-Abteilung. Bei schlechten Transfers habe ich immer meine Rübe hingehalten", so der 68-Jährige: "Selbst als Christoph Daum Kokainkonsum nachgewiesen wurde, stellte ich mich vorne hin und nahm die Verantwortung auf mich. Das hat enorm Kraft gekostet."