01.11.2014 10:09 Uhr

Celta Vigo: Zurück aus der Versenkung

Auf dem Weg nach oben: Celta Vigo und Joaquin Larrivey (r.)
Auf dem Weg nach oben: Celta Vigo und Joaquin Larrivey (r.)

Nach einer Fast-Pleite und fünf Jahren in der Zweitklassigkeit schaffte Celta Vigo 2012 den Wiederaufstieg in die Primera División. Dort steht der einstige Spitzenklub aktuell überraschend wieder in den Top 6. Ein alter Bekannter auf der Trainerbank und die gelungene Transferpolitik schüren Träume vom dauerhaften Aufschwung.

Eduardo Berizzo wusste genau, was man von ihm hören wollte." Der Job hier ist eine große Herausforderung, auf die ich mich sehr freue", sagte Celta Vigos neuer Trainer bei seiner offiziellen Vorstellung im Juni. "Ich musste nur drei oder vier Minuten überlegen, dann beschloss ich zurückzukehren." Kurz nach der Jahrtausendwende war "Toto", wie er in Vigo nur genannt wird, Teil der besten Celta-Mannschaft der Geschichte gewesen, die zur Crème de la Crème des spanischen Fußballs gehörte.

Nun hatte der im letzten Jahrzehnt durch sportliche Talfahrt und finanzielle Misswirtschaft arg gebeutelte Klub den verlorenen Sohn zurückgeholt – auch als Symbol der Hoffnung auf eine Rückkehr zu alter Größe. Entsprechend enthusiastisch nahm das Umfeld die Inthronisierung des Publikumslieblings auf. Doch der funktionierte in den fünf Monaten seit seinem Amtsantritt keineswegs nur als Anheizer der Aufbruchsstimmung in der galicischen Hafenstadt und Reminiszenz an die Vereinshistorie.

Weiterentwicklung und Kontinuität

Denn Berizzo trieb auch die sportliche Entwicklung der Mannschaft deutlich voran. Nach neun Spieltagen in "La Liga" haben die "Celtiñas" bereits 16 Punkte auf dem Konto - beeindruckende zehn Zähler mehr als zum selben Zeitpunkt der Vorsaison. Nur der FC Barcelona, Sevilla, Real und Atlético Madrid sowie Valencia waren in dieser Spielzeit bislang erfolgreicher.

Eine Grundlage für diese Leistungen ist die Arbeit von Berizzos Vorgänger Luis Enrique, der bei den vormals eher biederen Galiciern eine Art "Barça-Spielstil light" etablierte. In nur einer Saison formte Enrique so aus einem Fast-Absteiger ein konkurrenzfähiges Team, bevor er im Sommer zu seinem Herzensklub nach Barcelona weiterzog. Berizzos Engagement soll nun langfristiger angelegt sein. "Wir glauben, dass er die ideale Person ist, um Kontinuität in unser Projekt zu bringen", erklärt Celtas Vereinspräsident Carlos Mouriño.

Offensivfußball mit starken Neuzugängen

Auch nach der kurzen Ära Enrique stehen die Galicier weiterhin für eine offensive Ausrichtung und gehobene Spielkultur. "Ich liebe Angriffsfußball. Um Spiele zu gewinnen musst du immer attackieren", weiß Berizzo, zu seiner aktiven Zeit noch bekannt als eisenharter Verteidiger. Ein wichtiger Offensiv-Baustein brach allerdings vor der aktuellen Spielzeit weg: Barça-Leihgabe Rafinha Alcántara - überragender Spielmacher und ligaweit bester Nachwuchsspieler 2013/2014 - kehrte zu seinem Stammverein zurück.

Doch die sportliche Leitung Celtas kompensierte den Abgang des jüngeren Bruders von Bayerns Thiago mit klugen Transfers für kleines Geld: Der bislang bärenstarke Mittelfeldregisseur Pablo Hernández folgte seinem Lehrmeister Berizzo von O'Higgins in Chile nach Spanien und kostete nur 1,5 Millionen Euro. Sogar zum Nulltarif kam Stürmer Joaquin Larrivey von Rayo Vallecano. Er erzielte bereits sechs Treffer und bildet damit zusammen mit Fünf-Tore-Mann Nolito das erfolgreichste Angriffsduo der Liga hinter den "üblichen Verdächtigen" aus Barcelona und Madrid.

Barça als Prüfstein der Ambitionen

Schafft es Berizzo seine zuletzt nicht immer sattelfeste Defensive taktisch perfekt einzustellen, könnten die Celtiñas auch ihrem Ex-Coach und seinem Starensemble am Samstag im Top-Spiel des zehnten Ligaspieltags (ab 20:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) richtig weh tun. Zumal sich Barça nach der 1:3-Schlappe im Clásico vergangenes Wochenende nicht in bester psychologischer Verfassung befinden dürfte.

Einen der ganz Großen ärgerte Celta in dieser Saison bereits: Bei Meister Atlético Madrid holte die Berizzo-Elf Mitte September ein sehr respektables 2:2. Gelingt tatsächlich auch im Duell mit dem aktuellen Spitzenreiter ein ähnlicher Coup, muss man das Überraschungsteam endgültig als ernsthaften Mitbewerber um die Europapokalplätze auf dem Zettel haben.

Dann könnte wohl auch Eduardo Berizzo die durch seine Verpflichtung ohnehin geschürte Zuversicht nicht mehr klein reden. Auf der Pressekonferenz nach dem souveränen 3:0-Erfolg gegen Schlusslicht UD Levante am vergangenen Wochenende gab sich der Coach allerdings noch äußerst bescheiden. "Wir haben einen direkten Rivalen um den Klassenverbleib geschlagen", diktierte er den Journalisten in die Blöcke.

Tobias Knoop