03.03.2016 16:03 Uhr

Vor 15 Jahren: Die Faust Gottes

Oliver Kahn stürmt im Stile eines Torhüters
Oliver Kahn stürmt im Stile eines Torhüters

2:3 liegt Bayern in der letzten Minute des Bundesligaduells bei Hansa Rostock zurück. Oliver Kahn stürmt mit in den Strafraum des Gegners und sorgt für einen der kuriosesten Platzverweise der Bundesligageschichte.

Nach dem Spiel geriet Oliver Kahn in Erklärungsnot. Also versuchte er es mit Selbstironie: "Man muss sich das mal vorstellen: Man fliegt vom Platz, nachdem man ein Tor geschossen hat. Phänomenal!". Was war passiert? Am 3. März 2001 musste Bayern München bei Hansa Rostock antreten. Der abstiegsgefährdete Klub aus dem Nordosten lieferte dem Rekordmeister und Tabellenführer einen heißen Kampf und führte bis in dies Schlussminuten hinein nach Toren von Victor Agali, Bachirou Salou und Andreas Jakobsson bei Gegentoren durch Samuel Kuffour und Jens Jeremies mit 3:2.

Wie viele Torhüter bei einem knappen Rückstand in der Schlussphase verließ auch Oliver Kahn bei einer Bayern-Ecke seinen Kasten, um im Rostocker Strafraum für zusätzliche Unruhe zu sorgen. So ganz hatte der Welttorhüter seine neue Rolle allerdings nicht verinnerlicht. Als befände er sich in seinem eigenen Strafraum warf sich Kahn nach einer Effenberg-Hereingabe mit voller Wucht ins Getümmel und bugsierte den Ball mit beiden Fäusten – ins Tor.

Hitzfeld wütet

Schiedsrichter Markus Merk fiel nicht auf das Torwarttrikot des Titanen rein und sanktionierte das absichtliche Handspiel mit einer Gelb-Roten Karte. Bayern verlor das Spiel, seinen Stammkeeper für die kommende Partie gegen Cottbus und die Tabellenführung an Borussia Dortmund. Entsprechend aufgebracht war Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld nach dem Kahn-Ausraster: "Für diese Aktion habe ich kein Verständnis, weil Sammy Kuffour und Paulo Sergio zum Kopfball gekommen wären." Später setzte der sonst so besonnene Coach noch einen drauf: "Ich habe der Mannschaft klar gemacht, was ich dulde und was nicht. Ich werde sie mit Argusaugen beobachten, ob wir zusammen halten oder jeder seine eigene Haut retten will."

Trotz oder gerade wegen dieser Frühjahrskrise wurde die Saison 2000/2001 noch zu einer der größten in der Bayern-Historie. Im Mai konnte im vielleicht dramatischsten Finale der Bundesligageschichte den Schalkern in allerletzter Sekunde die Meisterschale noch aus den Händen gerissen werden, bevor wenige Tage später gegen Valencia der vierte Champions-League-Titel an die Säbener Straße ging. Womöglich hatte Kahns Aussetzer gegen Rostock die dafür nötigen Energien freigesetzt.

Ralf Amshove