20.08.2016 10:32 Uhr

Serie A - Catenaccio auf dem Transfermarkt?

Mit 32 Mio. Euro der wertvollste externe Serie A Neuzugang 2016/2017: Arkadiusz Milik
Mit 32 Mio. Euro der wertvollste externe Serie A Neuzugang 2016/2017: Arkadiusz Milik

An kaum einem anderen Faktor lässt sich die Attraktivität einer Liga besser bemessen als an den getätigten Transfers ihrer Mannschaften. Top-Stars und verheißungsvolle Juwele wechseln zu den Vereinen, bei denen sie sich gleichwohl bestmögliche Einsatzzeit als auch ein hohes Liga-Niveau ausrechnen.

Wir schauen, wie wettkampffähig die Serie-A-Klubs auf dem Transfermarkt sind. Gesamtwirtschaftlich steht für die erste italienische Liga eine erstaunliche Bilanz zu Buche: Ausgaben in Höhe von 550,69 Millionen Euro stehen Einnahmen von 582,47 Millionen Euro gegenüber – ein Saldo-Plus von stolzen 31,78 Millionen Euro. Im Vergleich zu den drei Hauptkonkurrenten in Europa, der Premier League, Bundesliga, und Primera División, steht Italien als einzige Liga mit einem Einnahmeüberschuss da. Dies ist ein erstes Warnsignal, dass Spieler nicht gleichwertig ersetzt werden können.

Italienisches Oberhaus nur mäßig attraktiv

Dem italienischen Calcio gelingt es nur bedingt, international gejagte Spitzenspieler für die eigene Liga zu begeistern: Der einzige wirkliche Wechsel in die Serie A in dieser Saison ist bislang die Verpflichtung des Stürmers Arkadiusz Milik, den SSC Neapel für 32 Millionen von Ajax Amsterdam loseiste. Zusammen mit Mohamed Salah, der für 15 Millionen von Chelsea zur AS Rom kommt, komplettiert Edin Džeko (für elf Millionen von Manchester City ebenfalls zur Roma) die Liste der wohl namhaftesten externen Neuzugänge für Italiens erste Liga.

Gleichwohl konnten sich italienische Klubs im Rennen um zwei begehrte Talente durchsetzen: Juve gelang es, Marko Pjaca für satte 23 Millionen Euro aus Zagreb zu locken, die AS Roma schnappte sich hingegen den brasilianischen Jüngling Gerson für 19 Millionen Euro von Fluminense. Beide Nachwuchshoffnungen sind mit 21 respektive 19 Jahren noch jung und bieten echten Mehrwert für die Zukunft. Jedoch muss klar konstatiert werden, im Rennen um die umworbenen Youngster sind andere Ligen aktiver – so beispielsweise die Bundesliga, die der Serie A im Werben um U21 Spieler zuletzt öfter den Schneid abkaufen konnte, wie die Transfers von Renato Sanches (für 35 Mio. Euro von Benfica zu Bayern), Breel Embolo (für 22,5 Millionen Euro von Basel zu Schalke) oder Ousmane Dembélé (für 15 Millionen Euro von Stade Rennes zu Dortmund) zeigen.

Heißes Transfer-Karussell

Da italienische Klubs im Rennen um frische Talente auf dem Weltmarkt oft nur zweiter Sieger sind, rasselt es auf dem nationalen Transfermarkt umso mehr: Beste Beispiele hierfür sind die Wechsel von Gonzalo Higuaín von Neapel zu Juventus Turin (90 Millionen Euro), Miralem Pjanic von AS Rom zu Juve (32 Millionen Euro) oder Antonio Candreva von Lazio Rom zu Inter Mailand (22 Millionen Euro).

Obschon die Transfers von Higuaín, Pjanic und Co. die Qualität in der italienischen Liga hochhalten, leidet sie unter einem Ausverkauf der Spieler aus dem obersten Regal. Der Rekordtransfer von Paul Pogba zu José Mourinhos' Manchester United, ist ein deutliches Zeichen im Rennen um die Crème de la Crème der Spitzensportler im besten Alter. Diese sehen Italien im Gegensatz zu früher nicht mehr als den Höhepunkt ihrer Karriere. Ein weiterer herber Rückschlag für die Attraktivität der Liga, neben dem Abschied von Pogba, ist der Verlust von Goalgetter Álvaro Morata, den es zurück zu seinem Heimatklub Real Madrid zieht. Satte 30 Millionen Euro lassen sich die Königlichen die Rückkehr des Eigengewächses kosten.

Es ist kein Zufall, dass der Stürmer in die Primera División umsiedelt. Keine andere Liga ist in diesem Sommer für Spieler aus der italienischen Oberklasse anziehender als La Liga: Sechs der 15 wertvollsten Transfers in diesem Sommer gehen nach Spanien, alle mit einem Transferwert über 14 Millionen Euro (unter anderem Morata für 30 Millionen zu Real Madrid, Vrsaljko für 16 Millionen zu Atlético Madrid oder Vázquez für 15 Millionen zu Sevilla).

Serie A noch kein altes Kaugummi

Es ist trotz aller Aufregung um den abnehmenden Charme der Serie A zu konstatieren, dass sie mitnichten ein untergegangenes Schiff ist. Die Qualität der Liga stagniert, sinkt aber nicht dramatisch. Was ihr immer seltener gelingt ist, die wirklichen Weltklasse-Kicker zu sich zu locken – dies glückt mit Abstrichen lediglich Juventus Turin.

Das liegt vor allem daran, dass andere Ligen finanziell stärker aufgestellt sind. Die Premier League, die Bundesliga, selbst die chinesische Super League sind aufgrund von hohen Sponsoren-, TV- und Investorengeldern liquider und in der Lage, höhere Gehälter und Ablösen zu bezahlen - und letztendlich geht es im Fußball wie in jedem anderen Business um den schnöden Mammon. Die Zukunft wird zeigen, wie lange diese Entwicklung noch anhält, nachdem sich jüngst auch italienische Traditionsvereine wie die Mailänder Klubs Inter und AC über neue, millionenschwere Investoren freuen konnten.

Kevin Goy Ramos