19.06.2019 13:11 Uhr

PSG-Akademie: Talenteklau oder Entwicklungshilfe?

PSG baut in Deutschland eine Akademie auf
PSG baut in Deutschland eine Akademie auf

Im Kampf um die größten deutschen Fußballtalente mischt ab sofort auch Paris Saint-Germain mit. Der französische Serienmeister eröffnet eine eigene Akademie. Die Bundesligisten wittern Konkurrenz.

Der Spitzname passt bereits zu Neymar, Kylian Mbappé & Co.: "Klein-Paris" wird Düsseldorf von seinen Bewohnern gern genannt. Aber wohl nicht nur deshalb geht der französische Fußball-Serienmeister Paris Saint-Germain dort zukünftig auf Talentesuche.

Mit den Sichtungstagen in der Rheinmetropole (22. Juni) und eine Woche später in Oberhausen fällt der Startschuss für die umstrittene PSG-Akademie. Schon die Ankündigung des Projekts sorgte für große Aufregung.

Schnell war von einem Talenteklau die Rede, Paris versuche, den deutschen Topklubs vor deren eigener Haustür die Talente wegzuschnappen. "Wir wollen in keiner Weise Talente klauen oder rekrutieren", stellte der frühere Bundesligaprofi Ranisav Jovanovic klar. Der 38-Jährige ist Botschafter der neuen Akademie und sieht in der Einrichtung keine Konkurrenz zu den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten.

Dort werde "nur die Elite trainiert und nur die Besten bleiben. Die Kinder, die es nicht schaffen, werden vor die Tür gesetzt. Das gibt es bei uns nicht", versicherte Jovanovic im Interview mit dem "Sport-Informations-Dienst". Die Akademie stelle vielmehr eine professionelle Ergänzung für alle fußballbegeisterten Jugendlichen dar.

Jörg Schmadtke sieht "gewisse Gefahr"

"Die Akademie versteht sich begleitend zum Vereinsfußball. Die meisten Kinder trainieren bereits zweimal pro Woche", sagte Jovanovic. An der Akademie könnten die Kinder dann ihre individuellen Fähigkeiten schulen und sich bis zu dreimal pro Woche unter professionellen Bedingungen weiterentwickeln. Dabei bestehe natürlich die Möglichkeit, "PSG ein Jahrhunderttalent vorzustellen". Dieses werde aber nicht gleich nach Paris geholt.

Dennoch lassen die Pläne die Verantwortlichen der Bundesligisten hellhörig werden. Im immer intensiveren Kampf um Talente fürchten die deutschen Klubs um ihre Wettbewerbsfähigkeit.

"Man muss schauen, dass jetzt nicht die ganz großen Klubs die großen Talente weggreifen können. Es ist eine gewisse Gefahr", sagte Jörg Schmadtke, Geschäftsführer des VfL Wolfsburg, der "Bild"-Zeitung.

Eine Haltung, die Jovanovic nicht verstehen kann. "In keinem Land der Welt regt man sich darüber auf, wenn namhafte Vereine kommen und sich präsentieren, aber in Deutschland schon. Und hier schreien die am lautesten, die selbst im Ausland vertreten sind", sagte er.

Amateurvereinen droht Aderlass

Dass sich die Pariser Akademie nicht ausschließlich als Begleitangebot versteht, zeigt jedoch die Ambition, möglichst bald mit einem eigenen Team am Spielbetrieb teilzunehmen. Dazu soll es in den nächsten drei Jahren in jedem Bundesland einen eigenen Stützpunkt geben.

"Ich finde es schon sehr fragwürdig und grenzwertig, wenn demnächst wirklich ein Team in einer deutschen Jugend-Liga mit dem Emblem von PSG auflaufen würde", sagte Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl.

Die Jugendlichen, die für die Mannschaft ausgewählt werden und für diese spielen wollen, müssten aus ihrem bisherigen Verein austreten und sich komplett der Akademie verschreiben. Besonders den Amateurvereinen droht dann ein Aderlass.

Wie groß die Strahlkraft von PSG ist, zeigten die Anmeldungen für die Kennenlerntage. Insgesamt 810 Kinder im Alter zwischen 6 und 16 Jahren wollen sich mit den Gegebenheiten vertraut machen.