20.05.2016 14:54 Uhr

David gegen Goliath im Frauen-Pokalfinale

Die Spielerinnen des SC Sand jubeln über den Finaleinzug
Die Spielerinnen des SC Sand jubeln über den Finaleinzug

Unbekannter Provinzverein gegen Werksklub mit Millionen-Etat: Das 36. DFB-Pokal-Finale der Frauen am Samstag in Köln (15.00 Uhr) zwischen dem SC Sand und dem Titelverteidiger VfL Wolfsburg ist ein Duell der krassen Gegensätze.

Doch der Underdog aus dem 1900-Seelen-Ortsteil im badischen Willstätt will den größten Tag seiner Vereinsgeschichte krönen. "Wir können ja nur gewinnen. Und dann werden die Mädels zu Legenden in diesem Dorf", sagte SC-Trainer Alexander Fischinger dem SID: "Wir sind nicht chancenlos, wenn wir an uns glauben wie im Halbfinale."

In der Vorschlussrunde hatte der SC sensationell Meister Bayern München mit einem 2:1-Heimsieg ausgeschaltet - mit prominentem Beistand. Bundestrainer Joachim Löw, ein alter Freund von Fischinger, hatte vorab einen Videogruß geschickt.

"Unwürdige Bedingungen"

Wolfsburgs Trainer Ralf Kellermann schimpfte nach dem Coup des Klubs mit dem rund sechsmal kleineren Etat (650.000 Euro) über die "unwürdigen" Bedingungen im beschaulichen Sander Kühnmatt-Stadion: "Da wird mit allen Tricks gearbeitet. Und jetzt werden sie dafür auch noch mit dem Finale belohnt."

Fischinger wies den Vorwurf zurück: "Ich beneide Ralf um die tolle Arena, da können wir einfach nicht mithalten. Aber Tricks kann man uns nicht vorwerfen." SC-Manager Gerald Jungmann sieht die Äußerungen, für die sich Kellermann persönlich bei Fischinger entschuldigt hat, als "richtigen Motivationsschub". Zumal der SC den zweimaligen Champions-League-Sieger in der Liga im Oktober 1:0 bezwang - und zwar im schnieken neuen Wolfsburger Stadion.

Der mit Nationalspielern gespickte VfL, der sich nach einer schwachen ersten Saisonhälfte mit der Vizemeisterschaft begnügen musste, will im ersten seiner beiden Final-Highlights der Favoritenrolle gerecht werden und die Silbertrophäe zum dritten Mal nach 2013 und 2015 in die Autostadt bringen. "Wir brauchen eine 100-prozentige Einstellung, um zu gewinnen", mahnte Stürmerin Alexandra Popp.

Zwei Finals vor der Brust

Der ganz große Höhepunkt folgt fünf Tage später. Im Champions-League-Finale in Reggio Emilia wartet am Donnerstag der französische Serienmeister Olympique Lyon. Fischinger hofft, dass der haushohe Favorit gedanklich vielleicht schon in Italien ist. "Das ist für sie natürlich das noch größere Spiel", sagte der 52-Jährige: "Der Pokal ist unsere Champions League." Kellermann betonte, sein Team sei "voll fokussiert, erst ab Sonntag geht es um die Champions League". Den Final-Doppelpack hat der VfL bereits im Triple-Jahr 2013 erfolgreich bewältigt.

Rund 15.000 Zuschauer, darunter Bundespräsident Joachim Gauck, werden in der Domstadt erwartet - für den Bundesliga-Neunten Sand, der nach dem wahr gewordenen Traum vom Pokalfinale seine letzten fünf Liga-Spiele verlor, eine ungewohnte Situation. "Die Kulisse kann uns erdrücken", sagte Fischinger, der den Klub aus beruflichen Gründen nach einer Saison wieder verlässt, "sie kann uns aber auch beflügeln - und dann ist alles möglich."