28.07.2017 15:36 Uhr

Bayern-Formcheck: Jetzt ist Ancelotti gefordert

Carlo Ancelotti hat viel Arbeit vor sich
Carlo Ancelotti hat viel Arbeit vor sich

Es gibt noch viel zu tun an der Säbener Straße. Knapp drei Wochen vor Beginn der Bundesliga-Saison ist die Mannschaft des FC Bayern von der anstrengenden und sportlich wenig erfolgreichen Asienreise zurückgekehrt. Nach drei Niederlagen in vier Tests ist Trainer Carlo Ancelotti gefordert.

"Wenn wir nach Hause kommen, haben wir noch drei Wochen Vorbereitungszeit vor dem Bundesliga-Start", sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß vor wenigen Tagen. "Ich kann mich entsinnen, dass ich in meinem Leben fast nie mehr als drei Wochen Vorbereitung hatte". Ein klares Zeichen an die Mannschaft: Die Asienreise ist keine Ausrede. Ab jetzt muss geliefert werden.

Die Testspiel-Ergebnisse lesen sich allerdings nicht so, als sei der Millionenkader aktuell in einer guten Verfassung. Gegen Arsenal führten die Bayern lange 1:0, hielten die Konzentration aber nicht bis zum Schluss aufrecht und verloren letztlich mit 2:3 im Elfmeterschießen. Vom AC Mailand wurde der deutsche Rekordmeister beim 0:4 regelrecht vorgeführt. "Das Ergebnis hat mich etwas überrascht", gestand Trainer Carlo Ancelotti: "Wir haben nicht gut gespielt und sind dementsprechend enttäuscht".

Ein Lichtblick war nur der 3:2-Sieg gegen den FC Chelsea, bevor zum Abschluss beim 0:2 gegen Inter die dritte Niederlage in Fernost folgte.

Arbeit an der Ausdauer

Auffällig waren zuletzt Defizite in puncto Spritzigkeit und Ausdauer. Bei vier Partien in nur zwölf Tagen sind die Probleme allerdings verständlich. Hinzu kamen die hohen Temperaturen und die drückende Luftfeuchtigkeit in China. Stars wie Arjen Robben oder Manuel Neuer fehlten und wurden durch Jugendspieler wie Marco Friedl oder Felix Götze ersetzt. Die Testspiele sollten also nicht als Gradmesser für die anstehende Saison gelten - interessante Aufschlüsse geben sie trotzdem.

Viele Blicke richteten sich naturgemäß auf den vermeintlichen Königstransfer James Rodríguez, der Publikumsliebling Thomas Müller aus der Startelf verdrängen könnte. Echte Hinweise darauf ließ Trainer Carlo Ancelotti gleichwohl nicht zu. Mal ließ er im 4-3-3, mal im 4-4-2 und mal im 4-5-1-System spielen. James und Müller wechselten sich in der Offensive ab oder agierten gemeinsam - auch in der Liga scheint alles möglich. Wie Ancelotti aber aufstellt, wenn alle Offensiv-Stars fit sind, wird spannend. Lewandowski, Ribéry, Robben, Müller, James - mindestens einer müsste auf die Bank.

Tolisso der wahre Königstransfer?

Der wahre Münchner Königstransfer könnte derweil Corentin Tolisso werden. Der Franzose ließ sein Talent auf der Sechser-Position immer wieder aufblitzen, bewies Passgenauigkeit, aber auch Willenskraft. Mannschaftskollege Mats Hummels war voll des Lobes: "Er hat körperlich eine absolute Präsenz. Er ist eine Kante und trotzdem beweglich und schnell auf den Beinen. Ein guter Fußballer, er will den Ball und möchte sich zeigen". Der 22-Jährige drängt sich mächtig auf. Das Problem: In der Zentrale hat er Top-Stars wie Thiago und Arturo Vidal vor sich.

Unterdessen erwarten die Bayern-Bosse von Ancelotti, dass er junge Spieler gezielter ans Profi-Team heranführt als zuletzt. "Es würde mich nicht wundern, wenn es dieses Jahr der eine oder andere Junge schaffen würde", sagte Uli Hoeneß. Der Präsident ließ aber auch Zweifel durchblicken: "Ob Carlo Ancelotti die Aufbauarbeit will und macht, werden wir erst in diesem Jahr sehen".

Was passiert auf dem Transfermarkt?

Für die Kandidaten aus dem eigenen Nachwuchs wird es wie in den vergangenen Jahren aber wohl erneut schwierig, den Sprung zu schaffen. Eine kleine Chance hätte zu Beginn der Saison wohl nur der 19-jährige Marco Friedl. Der Linksverteidiger könnte den verletzten Juan Bernat als Backup von David Alaba ersetzen - mehr ist (noch) nicht drin. Für Friedl spricht zumindest, dass die Bayern jüngst ausschlossen, einen neuen Außenbahnspieler wie U21-Europameister Jeremy Toljan zu verpflichten.

Die Tür für weitere Transfers ist aber noch nicht zu. "Der Markt hat bis 31. August geöffnet. Wir werden ihn in aller Ruhe beobachten", sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge: "Ich schließe nicht aus, dass wir über Zu- oder Abgänge weiter diskutieren". Eine Leihe von Millionen-Flop Renato Sanches dürfte zeitnah perfekt gemacht werden. Der Portugiese fordert mehr Spielzeit.

Die Krux: Geht Renato Sanches, besteht der Bayern-Kader nur noch aus 18 gestandenen Profis - einer weniger als in der ersten Saison unter Ancelotti. Oft wurden damals mangelnde Alternativen beklagt, insbesondere für Tormaschine Robert Lewandowski. Durchaus möglich also, dass auf dieser Position noch etwas passiert.

Florian Pütz