24.03.2023 08:33 Uhr

Darum scheiterte Nagelsmann als Trainer beim FC Bayern

Julian Nagelsmann bei seinem letzten Bayern-Spiel in Leverkusen (1:2)
Julian Nagelsmann bei seinem letzten Bayern-Spiel in Leverkusen (1:2)

In einer bis dato ruhigen Länderspiel-Woche war es der große Paukenschlag in der Fußball-Welt: Der FC Bayern trennt sich von seinem bisherigen Cheftrainer Julian Nagelsmann. Nach der jüngsten Bundesliga-Niederlage bei Bayer Leverkusen (1:2) kamen die Klubbosse zu der Erkenntnis, dass es nicht mehr weitergeht mit dem 35-Jährigen. Woran ist Nagelsmann am Ende in München gescheitert?

Die Art und Weise, wie der Stein am Donnerstagabend ins Rollen kam und letztlich in einem wahren Bayern-Beben endete, darf getrost als kurios bezeichnet werden. Gleich mehrere Quellen, darunter die "Bild" und der "kicker", wussten offensichtlich schon eher als der Cheftrainer selbst über die bevorstehende Trennung Bescheid. 

Laut "Bild"-Fußballchef Christian Falk sei die Nagelsmann-Seite "wie vor den Kopf gestoßen" gewesen, als sie am Abend erstmals von den Meldungen erfuhr. Der Fußballlehrer selbst hatte sich nach der Leverkusen-Pleite noch von seiner Mannschaft verabschiedet und war in den Kurzurlaub zum Skifahren aufgebrochen. 

Ab dem kommenden Montag sollte dann die intensive Vorbereitung auf den Bundesliga-Schlager gegen Borussia Dortmund am 1. April (ab 18:30 Uhr) starten, bei dem es um nicht weniger als die Tabellenführung und damit die Vorherrschaft in der Meisterschaft geht.

Die Vorbereitung auf das BVB-Duell wird ab dem kommenden Montag nun federführend jemand anderes verantworten. Alle Quellen sind sich einig darüber, dass Thomas Tuchel schon am Wochenende als Bayern-Coach nachfolgen und ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub aus Dortmund erstmals auf der Trainerbank der Münchner Platz nehmen wird. 

Woran ist Julian Nagelsmann am Ende überhaupt gescheitert? Das sind die wichtigsten Beweggründe der Bayern-Bosse um den Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic im Überblick:

  • Die fehlende Konstanz

Das aller größte Problem für alle Beteiligten waren die fehlenden Resultate über einen längeren Zeitraum gesehen. Immer wenn die Bayern in dieser Saison in den direkten Duellen in großen und wichtigen Spielen gefordert waren, waren sie da. Das belegen vor allem die jeweils zwei Siege in der Königsklasse gegen den FC Barcelona (3:0 / 2:0), Inter Mailand (2:0 / 2:0) und Paris Saint-Germain (1:0 / 2:0) sowie die Punktgewinne in der Bundesliga gegen die direkten Konkurrenten aus dem oberen Tabellendrittel. 

Nach diesen Highlights folgten allerdings immer wieder derbe Rückschläge. Niederlagen gegen Augsburg (0:1), Gladbach (2:3) und zuletzt Leverkusen (1:2) waren keinesfalls eingeplant, ebenso wenig die insgesamt sieben Unentschieden in der Meisterschaft. Diese Wellenbewegungen in den Leistungen und Resultaten sorgten für eine große Unruhe im gesamten Verein, auf die die Bayern-Bosse nun reagiert haben.

  • Die taktischen Experimente

Immer wieder wich der FC Bayern in den Bundesliga-Spielen von seinem Kerngerüst ab und versuchte es mit neuen Konstellationen oder gar Spielsystemen. Leistungsträger wie Thomas Müller waren nicht mehr unumstritten, fanden sich bisweilen nur noch auf der Bank wieder. 

Nagelsmann soll seiner wichtigsten Aufgabe als Cheftrainer beim Rekordmeister, seine Spieler besser zu machen, nicht mehr gerecht geworden sein. "Bild"-Fußballchef Christian Falk stellte die These auf, dass er einzelne Akteure sogar schlechter gemacht haben könnte.



Transfer-Insider Fabrizio Romano, der mit der Nagelsmann-Meldung am Donnerstagabend als Erster an die Öffentlichkeit gegangen war, führte zudem an, dass innerhalb der Mannschaft das Verständnis für die Fülle an taktischen Experimenten und immer neuen Aufgaben verloren ging.  

Der Tiefpunkt wurde dann in dieser Hinsicht am letzten Sonntag bei Bayer Leverkusen erreicht, als Nagelsmann erneut zu viel rotierte, seinen Kapitän Thomas Müller erneut zur Pause auswechselte und keine klare Struktur auf dem Platz erkennen ließ. 

  • Die Causa Manuel Neuer

Die Trennung Toni Tapalovic, dem langjährigen Torwarttrainer des FC Bayern und insbesondere von Manuel Neuer als Bayern-Kapitän, hat an der Säbener Straße zum Jahresbeginn für mächtig Unruhe gesorgt. Der Weltmeister und 2014 machte in aller Öffentlichkeit kein Geheimnis aus seiner Verärgerung, brachte sein Bedauern über die Tapalovic-Entlassung mehrmals zum Ausdruck. 

Das Vertrauensverhältnis zwischen Kapitän Neuer und Cheftrainer Nagelsmann hatte seitdem einen nachhaltigen Schaden erlitten. Dass der Übungsleiter seinen Torhüter und wichtigstes Sprachrohr in der Bayern-Kabine verloren hat, wirkte sich im Binnenverhältnis Trainer/Mannschaft ebenfalls negativ aus. Völlig unabhängig davon, dass Neuer selbst nach seinem Ski-Unfall im Dezember verletzt ausgefallen war.

  • Die öffentlichen Debatten 

Kaum war irgendwo ein Brandherd rund um den FC Bayern gelöscht, tat sich an anderer Stelle wieder ein neuer auf. Der lustlos wirkende Leroy Sané, der Paris-Trip von Serge Gnabry, die öffentlichen Wechsel-Gedanken von Benjamin Pavard und so weiter: Dem Cheftrainer ist es in München nicht gelungen, nachhaltig für ein positives und ruhiges Arbeitsklima zu sorgen. 

Auch diese anhaltenden atmosphärischen Störfeuer rund um die Mannschaft stießen auf der Chefetage immer negativer auf und waren am Ende einer der vielen Gründe, warum die Ehe FC Bayern und Julian Nagelsmann schon nach weniger als zwei Jahren wieder geschieden wird. 

Mats-Yannick Roth