18.08.2023 11:46 Uhr

Schalke-Star: "Sicht auf Fußball hat sich verändert"

Timo Baumgartl spielt seit dieser Saison für Schalke
Timo Baumgartl spielt seit dieser Saison für Schalke

Neu-Schalker Timo Baumgartl hat sich nach einer Krebserkrankung zurück in den Profialltag gekämpft. Der Innenverteidiger geht mit seiner Krankengeschichte offensiv um, versucht, Menschen aufzurütteln und aufzuklären. Vor allem seine Sicht auf den Fußball hat sich massiv verändert. 

Timo Baumgartl ist der neue Mann in der Schalker Innenverteidigung. Der 27-Jährige blickt auf eine bewegte Karriere zurück. Im vergangenen Jahr hatte er eine Hodentumor-Erkrankung überstanden.

Seit der Diagnose und den harten Wochen und Monaten danach hat sich vor allem "die Sicht auf den Fußball verändert", sagte Baumgartl im Interview mit der "WAZ". "Er ist meine Leidenschaft, mein Beruf. Ich bin immer noch extrem ehrgeizig, aber ich kann Sachen besser einordnen. Die Krankheit hat vieles relativiert im Leben." Man müsse dankbar dafür sein, aufzustehen und gesund zu sein, betonte er. "Ich habe mit vielen, die die Krankheit hatten, gesprochen, und alle sagen: Man versteht erst danach, was Leben ist. Man macht sich vorher viele Gedanken über Sachen, die nicht wichtig sind. Das hat sich verändert bei mir", so Baumgartl weiter. 

Baumgartl: Fußball ist nicht alles

Konkret zeige sich das dadurch, dass er Dinge "lockerer" angehen könne. Der Umgang mit Rückschlägen falle ihm leichter. "Der Ehrgeiz auf Erfolg ist ungebrochen, ohne den würde ich nicht mehr Fußball spielen. Aber man kann schlechtere Spiele oder Niederlagen besser einordnen. Das gehört zum Sport dazu, aber trotzdem gibt es noch ein anderes Leben."

Seinen offensiven Umgang mit der Erkrankung begründet er damit, dass er seiner Vorbildrolle als Profifußballer gerecht werden wolle. "Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man zieht sich zurück oder man wird seiner Rolle gerecht", sagte Baumgartl. "Ich möchte Menschen Mut geben, die diese oder eine andere Art von Krankheit haben."

Er habe das Gefühl, "in der Gesellschaft ist es verpönt, krank zu sein", so Baumgartl weiter. "Viele möchten es mit sich selbst ausmachen, nicht darüber sprechen. Ich musste lernen, dass es halbes Leid ist, wenn man Emotionen, Gefühle und Krankheiten mit anderen Menschen teilt. Ich glaube fest daran: Wenn man seine Freunde, seine Familie und seine Vorbilder hat, die das gemeistert haben, gibt das Energie und Motivation, die tückische Krankheit zu besiegen. Außerdem ist es für mich wichtig aufzuklären, dass auch junge Menschen an manchen Arten von Krebs erkranken können."

Seinen Wechsel zu Schalke 04 hatte Baumgartl vor weinigen Woche auch damit begründet, dass ihm das entgegengebrachte Vertrauen beeindruckt habe. "Die Krankheit hat keinerlei Rolle gespielt, es ging stets um mich als Spieler", sagte er damals dem "kicker". Der Verteidiger betonte zudem, dass er es den Zweiflern zeigen will. "Ich spüre, dass nach der Krankheit hier und da eine gewisse Skepsis darüber herrscht, ob ich zu alter Stärke zurückfinden kann", sagte er. 

Baumgartl wechselte kurz vor dem Zweitligaauftakt ablösefrei von der PSV Eindhoven zu Schalke. In den vergangenen beiden Jahren war er vom Bundesligisten Union Berlin ausgeliehen.