19.01.2024 19:09 Uhr

Wie Brandt zum BVB-Anführer wurde

Julian Brandt ist beim BVB Leistungsträger und Anführer
Julian Brandt ist beim BVB Leistungsträger und Anführer

Bei Borussia Dortmund spielte Julian Brandt eine bärenstarke Hinrunde. Der 27-Jährige überzeugt nicht nur sportlich auf dem Platz, sondern geht auch nach den Spielen als Leader voran. Warum Brandt der eigentliche BVB-Kapitän ist.

Als Marco Reus sein Kapitänsamt im Sommer niederlegte, wurde viel über potenzielle Nachfolger spekuliert. Die Namen von Mats Hummels, Gregor Kobel oder Niklas Süle fielen immer wieder.

Den Zuschlag erhielt letztendlich Emre Can. Eine Entscheidung, die sich gerade zu Saisonbeginn nicht unbedingt als glücklich erwies. 

Can fand sich nämlich trotz seiner Ernennung zum BVB-Kapitän häufig auf der Bank wieder. Ein Umstand, der viele Kritiker des Mittelfeldspieler wieder auf den Plan rief und für Unruhe im Verein sorgte.

Mittlerweile ist Can unter Trainer Edin Terzic wieder gesetzt. Dennoch kristallisiert sich auf und neben dem Platz ein durchaus geeigneter anderer Kandidat heraus, der im Sommer nicht einmal zu den potenziellen Anwärtern gehörte: Julian Brandt.

Der Nationalspieler liefert in dieser Saison nicht nur sportlich ab, sondern steht auch nach Niederlagen Rede und Antwort - und äußert sich dabei nicht selten kritisch über die gezeigten Leistungen. Eben ganz im Sinne eines BVB-Kapitäns.

Unter Terzic ist Brandt in dieser Saison nahezu bedingungslos gesetzt. Der offensive Mittelfeldspieler stand in 17 Bundesliga- und fünf Champions-League-Spielen auf dem Platz. Von Beginn an durfte er dabei 19 Mal ran.

Gerade im deutschen Oberhaus sind Brandts Statistiken beeindruckend. Sechs Tore und sieben Vorlagen stehen bereits zu Buche.

Damit ist der 27-Jährige der torgefährlichste Mittelfeldspieler der Bundesliga und lässt in diesem Ranking sogar DFB-Überflieger Florian Wirtz von Bayer Leverkusen hinter sich (12 Scorerpunkte). Angesichts des bislang eher enttäuschenden Abschneidens von Borussia Dortmund besonders beachtlich.

BVB-Trainer Terzic schwärmt von Brandt

"Ich finde er ist jemand der uns richtig guttut. Sowohl im Ballbesitz als auch gegen den Ball, weil er ein sehr gutes Gespür hat, wann er die Räume verlässt, wann er anlaufen muss, wann er presst und wann er die Bälle erobern muss", schwärmte Terzic im Oktober von seinem Schützling: "Er hat sich enorm gesteigert in der Art und Weise der Torgefahr."

Auch neben dem Platz hat sich Brandt zu einem Spieler entwickelt, der vorangeht und Verantwortung übernimmt.

Gerade nach wenig überzeugenden Leistungen des BVB ist es immer wieder Brandt, der vor die Mikrophone tritt und schonungslose Analysen liefert.

Nach dem jüngsten 3:0-Arbeitssieg gegen den SV Darmstadt legte Brandt den Finger in die Wunde. "Auch heute war es noch nicht so perfekt", sagte er bei "Sky". Er habe "ein sehr zerfahrenes und chaotisches Spiel" gesehen. Die Partie sei "kein Augenschmaus" gewesen.

In einem "kicker"-Interview betonte Brandt mit Blick auf die Hinrunde zuletzt: "Es sind viele kleine Punkte, die nicht gepasst haben."

Brandt stellt sich vor die BVB-Mannschaft

Im November hatte sich der gebürtige Bremer noch öffentlich vor die Mannschaft gestellt und die Kritik deutlich zurückgewiesen.

"Es wird seit Wochen an unserer Spielweise rumgenörgelt - auch wenn wir Spiele gewinnen. Das ist aber total unwichtig in dieser Phase. Ich spiele lieber schlecht und gewinne, als zu glänzen und zu verlieren. Das muss in die Köpfe rein", sagte er zur "Sport Bild".

Aussagen, wie man sie sich von einem Kapitän wünscht. Brandt jedoch ist beim BVB nicht einmal dritter Mannschaftsführer, er gehört lediglich dem Mannschaftsrat an. Als Can-Ersatz sind Gregor Kobel und Niklas Süle vorgesehen.

Einen Anspruch auf das Amt hegt Brandt jedoch nicht. "Ich glaube schon, dass ich jemand sein möchte, der in eine Führungsrolle tritt. Aber das muss nicht zwangsläufig etwas mit der Kapitänsbinde zu tun haben", stellte er im April 2023 bei "web.de" klar: "Wir haben viele Jungs, die voran gehen und davon möchte ich auch einer sein."

Sollte Terzic seine Entscheidung aus dem Sommer aber eines Tages korrigieren wollen, stünde Brandt sicherlich bereit.

Lissy Beckonert