01.10.2015 10:42 Uhr

Neuhaus exklusiv: "Haben genug dafür gearbeitet"

Feierte mit Dresden zuletzt sieben Siege in Serie: Chefcoach Uwe Neuhaus
Feierte mit Dresden zuletzt sieben Siege in Serie: Chefcoach Uwe Neuhaus

Die SG Dynamo Dresden hat den besten Saisonstart in der Geschichte der 3. Liga und des Vereins hingelegt.

Nach 29 von 33 möglichen Punkten aus den ersten elf Spielen sprach weltfussball mit dem Dresdener Neu-Coach Uwe Neuhaus über das klare Saisonziel Aufstieg, die "Ostmania" in der 3. Liga und die Faszination Dynamo.
Die weltfussball-Manndeckung:

Herr Neuhaus, herzlichen Glückwunsch zum besten Saisonstart der Dresdener Vereinsgeschichte. Können Sie es überhaupt noch hören? Oder wird Ihnen die Euphorie schon zu groß im Moment?
Uwe Neuhaus: Naja, es sind halt alles Begleiterscheinungen des gelungenen Saisonstarts. Das kann ich auch nicht verhindern, weil es permanent von außen an uns herangetragen wird. Wichtig ist, wie wir mit diesem Start umgehen und uns eben nicht darauf ausruhen. Wir müssen weiterhin die Dinge beachten und umsetzen, die dazu geführt haben, dass wir da oben hingekommen sind. Bei uns soll keiner abheben, darauf achten wir intern natürlich. Im Moment habe ich aber auch nicht das Gefühl.

Welchen Stellenwert hat es für Sie, dass Sie sich mit der Mannschaft in ihrer ersten Saison im Verein schon so in den Vordergrund gespielt haben? Sie weisen immerhin nach elf Spielen die beste Bilanz in der Geschichte der 3. Liga auf.
Neuhaus: Das hat überhaupt keinen Stellenwert für mich, weil wir ja noch gar nichts erreicht haben! Mit 29 Punkten ist noch keiner aufgestiegen! Von daher weiß ich natürlich auch: Wir müssen konzentriert und fokussiert bleiben, denn wir haben in dieser Saison noch einen langen Weg vor uns.

Was Sie aber schon erreicht haben: Ihr Vorsprung auf die direkten Konkurrenten ist beachtlich groß – nämlich schon zehn Punkte auf Erzgebirge Aue, die Stand heute in die Relegation einziehen würden. Wie nehmen Sie dieses große Polster zu diesem Zeitpunkt in der Saison wahr?
Neuhaus: Ich sehe hier eher die Gefahr, dass man meint, jetzt nicht mehr alles auf den Platz bringen zu müssen, was uns stark gemacht hat. Diese Situation kann zu Leichtsinn führen. Auf der anderen Seite haben wir uns durch die bisherigen Spiele ein sehr großes Selbstbewusstsein erarbeitet. Das wollen wir die nächsten Spiele auch wieder mit auf den Platz nehmen und unsere Serie weiter ausbauen. Natürlich möchten wir so lange wie möglich ungeschlagen bleiben!

Letzte Saison schloss Dynamo nur auf Platz elf der Heimtabelle ab. Zu Hause im Stadion Dresden sind Sie nun wieder ein Macht geworden und haben hier alle bisherigen sechs Spiele gewonnen. Woher kommt die wiedergewonnene Heimstärke?
Neuhaus: Es ist die Gesamtsituation! Wir haben einfach einen guten Kader zusammen und nicht umsonst den Aufstieg als Saisonziel ausgerufen. Das zeugt schon von einem Wissen um die hohe Qualität in der Mannschaft. Im ersten Heimspiel gegen Stuttgart sind uns schon früh Tore gelungen, das war der Startpunkt zu allem. Das haben wir dann teilweise auch mit späten Treffern in anderen Spielen fortsetzen können, wobei das aber nicht nur Glück war, sondern vor allem der feste Glaube des Teams an den Erfolg. Die Mannschaft hat bisher in jedem Spiel alles dafür getan, sich selbst Chancen herauszuarbeiten, manchmal eben auch noch kurz vor Schluss. Wir haben genug dafür gearbeitet, um da zu stehen, wo wir im Moment stehen!

Die Mannschaft ist im Sommer auf sensiblen Positionen verändert worden. Janis Blaswich spielt bei Ihnen ebenso eine wichtige Rolle wie weitere Sommer-Neuzugänge Andreas Lambertz, Guiliano Modica oder Aias Aosman. Sind Sie manchmal selbst überrascht, wie gut alles schon zusammenpasst?
Neuhaus: Man kann es nicht planen, dass es so reibungslos läuft. Wir haben schon in der Vorbereitungszeit schnell eine Mannschaft gefunden, die harmoniert und bei der ein Rad ins andere greift. Das genau so geplant zu haben, kann glaube ich keiner von sich behaupten. Theorie und Praxis unterscheiden sich halt einfach in vielen Dingen voneinander. Da reicht eine Niederlage in der Nachspielzeit, um das Selbstvertrauen bröckeln zu lassen. Das ist uns bisher erspart geblieben. Die Verletzungen, die wir zwischendurch mal hatten, konnten wir richtig gut kompensieren, weil unser Kader auch in der Breite gut aufgestellt ist. Es sind alles Dinge, die im Moment wunderbar ineinander passen und das ist glaube ich auch das Erfolgsgeheimnis bisher.

Zwei Personalien fallen bei Ihnen im Moment besonders ins Auge: Zunächst Justin Eilers, der die Torschützenliste anführt. Daneben auch Marvin Stefaniak, dem mit großem Abstand besten Vorlagengeber der Liga. Wie bewerten Sie bislang das Gezeigte von ihren Aushängeschildern in der Offensive?
Neuhaus: Auch die beiden leben von der gesamten Mannschaft. Marvin hat schon elf Torvorlagen gegeben, von denen die meisten aus Standardsituationen entstanden sind. Dieser Wert zeugt davon, dass wir viel in der gegnerischen Hälfte präsent sind, sonst würden wir gar nicht so viele Standards bekommen. Es zeugt aber natürlich auch davon, dass er in diesem Bereich eine besondere Qualität hat. Bei Justin Eilers ist es auch nichts neues, dass er viele Tore erzielen kann. Im Moment ist es schon ein unheimlicher Lauf, den er hat. Er ist körperlich fit und gut dabei, hat fast immer mittrainiert. Dies sind neben der Harmonie des gesamten Teams alles Faktoren, die dazu beitragen, dass aus ihrer Sicht zwei Spieler herausstechen können. Aus meiner Sicht sind die beiden natürlich wichtige Faktoren des Erfolges, aber auch nur Teil der Mannschaft.

Der Blick geht für Sie längst in Richtung FC Hansa Rostock. Samstag (ab 14 Uhr im weltfussball-Liveticker) geht es da weiter. Duelle gegen Hansa waren in der Vergangenheit oftmals heiß geführt und umkämpft. Mit welchen Erwartungen reisen Sie an die Ostsee?
Neuhaus: Ich fahre natürlich überall hin, um zu gewinnen. Das wird auch am Samstag unser Ziel sein! Es wird aber auch eine enorm schwierige Aufgabe werden. Hansa wurde jetzt sechs Mal nicht bezwungen. Das ist schon Ausdruck dafür, dass Rostock sicherlich nicht leicht zu schlagen ist. Beim Publikum weiß ja auch jeder, was es imstande ist zu leisten. Ich rechne mit einem sehr heißen Spiel, in dem wir wieder eine Topleistung bringen müssen, um dort zu bestehen.

In den nächsten Wochen geht es auch noch gegen Cottbus und Magdeburg weiter. Nehmen Sie die besondere Konstellation in der 3. Liga mit den vielen Ost-Derbys in dieser Saison überhaupt wahr oder ist das nur eine Randnotiz?
Neuhaus: Auf jeden Fall nehme ich das wahr, es wurde ja auch genug darüber gesprochen. Wir haben die ersten Derbys für uns entscheiden können, das ist schon wichtig gewesen. Jetzt haben wir in Rostock erstmals auswärts ein Derby. Es ist jedes Mal eine neue Herausforderung. Ich weiß, dass wieder beide Fanlager alles dafür tun werden, ihre Mannschaften nach vorne zu peitschen und sie zum Sieg zu brüllen. Für mich ist es eine interessante Aufgabe, gerade nachdem wir so gut gestartet sind. Die Mannschaft weiß, dass man sich dort keine Überheblichkeit leisten kann, und dieses Wissen ist schon mal sehr, sehr wertvoll.

Wie sieht es personell aktuell aus? Von großen Verletzungen sind Sie bisher ja zum Glück verschont geblieben?
Neuhaus: Es sieht im Moment auch weiterhin so gut aus. Patrick Wiegers und Quirin Moll sind die beiden einzigen, die momentan verletzungsbedingt ausfallen. Ansonsten sind alle Spieler gesund.

Uns interessiert noch ihre Meinung zu der Situation in der 3. Liga. Wer sind aus ihrer Sicht die größten Konkurrenten im Aufstiegskampf? Mit Mainz 05 auf Platz drei und Großaspach auf Platz fünf nach elf Spielen haben Sie doch bestimmt auch nicht gerechnet.
Neuhaus: Alle Mannschaften, die im Moment da oben stehen, sind ja nicht umsonst dahin gekommen. Die haben schon auch gute Leistungen gezeigt. Es wird sich in den nächsten Wochen wohl noch einiges tun. Ich halte nach wie vor Chemnitz für einen sehr starken Konkurrenten. Ebenso die Stuttgarter Kickers, die am Anfang Probleme hatten, aber eine sehr spielstarke Mannschaft sind. Holstein Kiel ist schwer einzuschätzen nach der Enttäuschung im letzten Saisonfinale. Warum sollten die nicht wieder so eine Serie starten wie in der vergangenen Saison? Ansonsten haben alle Mannschaften, die jetzt oben sind, ihre Stärke schon bewiesen. Ich erwarte also weiterhin einen spannenden Saisonverlauf.

Lassen Sie uns abschließend einmal auf "das Große, Ganze" in Dresden blicken. Sie sind jetzt seit dem Sommer in Dresden vor Ort. Wie haben Sie den Verein bislang in den drei Monaten kennengelernt und erlebt? In Bezug auf die Mannschaft und den Klub, aber auch in Bezug auf das Umfeld, welches in Dresden ja immer auch ein ganz besonderes ist.
Neuhaus: Eigentlich so, wie ich den Verein bislang auch als Außenstehender wahrgenommen hatte. Ich habe einen Verein kennen gelernt, in den alle Beteiligten totales Herzblut hineinstecken. Alle Mitarbeiter und Verantwortlichen leiden und zittern mit dem Klub, sind auf der anderen Seite begeistert, glücklich und leben hier ihre Emotionen aus. Man hat schon gemerkt, dass dieser Verein schon mal im oberen Bereich gespielt hat. Die Voraussetzungen sind gut, noch nicht perfekt. Aber daran kann man auf längere Sicht gesehen noch arbeiten. Über das Umfeld mit den Fans weiß ja eigentlich jeder Bescheid. Was hier bei uns im Stadion los ist, das ist eigentlich unglaublich. Wir haben einen Zuschauerschnitt von über 27.000. Wir wollen so lange wie es geht diese positive Serie fortsetzen und unsere Fans dabei mitnehmen. Wenn wir das umsetzen, dann wird uns auch mal eine Niederlage verziehen, da bin ich mir sicher. Das Umfeld ist nicht wirklich 3. Liga, da steckt wesentlich mehr dahinter. Darum wollen wir auch unbedingt aufsteigen.

Das Interview führte Mats-Yannick Roth