17.08.2017 13:30 Uhr

Trotz Mega-Druck: Ancelotti bleibt gelassen

Carlo Ancelotti steht vor seiner zweiten Saison beim FC Bayern am Scheideweg
Carlo Ancelotti steht vor seiner zweiten Saison beim FC Bayern am Scheideweg

Der FC Bayern geht als klarer Favorit auf den Titel in die neue Bundesliga-Saison. Doch erneut wird er vor allem daran gemessen, wie er in der Champions League abschneidet. Davon ist wohl auch Carlo Ancelottis Zukunft an der Isar abhängig. 

Carlo Ancelotti hat die Ruhe weg. Das muss wohl auch so sein bei all dem, was da täglich auf ihn einprasselt. Stefan Effenberg etwa betont, der Trainer stehe "genauso unter Druck wie die Spieler auch". Oliver Kahn behauptet, "natürlich steht Ancelotti unter Beobachtung". Und mehr oder weniger deutlich machen ihm seine Vorgesetzten klar, dass er einen Umbruch bewerkstelligen soll, ohne die Saisonziele aus den Augen zu verlieren.

Carlo Ancelotti erklärt erst mal in aller Ruhe, dass "wir uns freuen, dass die Saison beginnt, unser Traum ist, dass wir wieder Meister werden". Am Freitagabend eröffnet der FC Bayern diese 55. Saison gegen Bayer Leverkusen - und dass sie mit dem sechsten Meistertitel nacheinander enden wird, scheint ausgemacht. Der Rekordmeister ist unter anderem von Ancelottis Kollegen dazu auserkoren, die Nummer 1 in Deutschland zu bleiben.

Dieser Nimbus schien vorübergehend gefährdet. Die Münchner schwächelten sich durch ihre Vorbereitung mit der strapaziösen Reise nach Asien, die Verletztenliste ist lang, es fehlen einstweilen Jérôme Boateng, Thiago, Javi Martínez, James sowie Juan Bernat - zum Saisonauftakt außerdem Manuel Neuer. "Kein Problem" sei das für ihn, sagt Ancelotti. Niklas Süle (20 Millionen Euro) und Sebastian Rudy (ablösefrei) machen ihre Sache ja bislang gut.

Fokus auf Leverkusen

"Das erste Spiel", meint Ancelotti, "ist immer schwierig, aber ich denke, wir sind bereit für das Spiel, und ich hoffe, wir können ein gutes Spiel machen." Bayer Leverkusen wird dies mit seinem neuen Trainer Heiko Herrlich zu verhindern suchen.

Ancelotti kann ziemlich gelassen sein, denn in den vergangenen knapp zwei Wochen haben sich die Münchner ein wenig gefangen, sie konnten endlich anständig trainieren und sich einspielen. Sie haben den Supercup gewonnen und die erste Runde im DFB-Pokal. "Alles im Plan", sagt Ancelotti.

Mit dem Gewinn der mittlerweile obligatorischen Meisterschaft wird es aber wie immer nicht getan sein. "Die Messlatte", betont Kahn, "ist die Champions League, wie bei Pep Guardiola." Nur: So lange auf dem Transfermarkt "solche Verrücktheiten passieren", und so lange sie der deutsche Primus und Krösus nicht mitmacht, "kannst du nicht als FC Bayern München (...) den Anspruch haben, die Champions League zu gewinnen" - warnt Uli Hoeneß.

Der FC Bayern hat für 41,5 Millionen Corentin Tolisso geholt - der junge Franzose ist der teuerste Einkauf der Bundesliga-Geschichte. Ancelotti soll den jungen Franzosen einbauen, ihn entwickeln, ihn voranbringen, ebenso wie die anderen Jungen, wie Joshua Kimmich, wie Kingsley Coman, wie Süle. Und auch da steht der Italiener unter Druck. "Ob Carlo Ancelotti die Aufbauarbeit will und macht, werden wir erst in diesem Jahr sehen", sagt Hoeneß eindeutig zweideutig.

Aufpasser für Ancelotti

So ganz scheinen Karl-Heinz Rummenigge und Hoeneß ihrem Trainer, der im zweiten Jahr eines Dreijahresvertrages ist, nicht über den Weg zu trauen. Ancelotti hat einen neuen Co-Trainer - den ehemaligen Münchner Publikumsliebling Willy Sagnol, der vor dem Engagement durch kritische Anmerkungen zu seinem jetzigen Chef aufgefallen ist. Und sie haben ihm Hasan Salihamidžić als eine Art Aufseher vorgesetzt, auch wenn sie das nicht so sehen.

Sportdirektor Salihamidžić wird von Rummenigge und Hoeneß bereits als eine Art eierlegende Wollmilchsau gepriesen, die sich um alles kümmern wird: Nachwuchs, Profis, Trainer, Stimmung. Er sei, so der erste Eindruck, die "Königslösung", sagt Hoeneß bereits über den Bosnier. Ancelotti war wohl der Meinung, er wäre auch ganz gut ohne Sportdirektor ausgekommen, aber das hat er "wohl falsch eingeschätzt", widerspricht Hoeneß.

Carlo Ancelotti, so ist zu vermuten, wird auch das nicht aus der Ruhe bringen.