23.07.2015 12:54 Uhr

Russland-WM: Probleme, Zweifel, Baustellen

Das Finalstadion der WM 2018 ist noch eine Baustelle
Das Finalstadion der WM 2018 ist noch eine Baustelle

Mit der Auslosung der Qualifikationsgruppen am Samstag in St. Petersburg macht Russland einen großen Schritt Richtung WM 2018. Die Vorbereitungen für das Prestigeobjekt von Präsident Vladimir Putin sind schon in vollem Gange. Sorgen gibt es dennoch. Gerade die alte Fußball-Welt blickt kritisch auf den kommenden WM-Gastgeber.

Die Stadien: Die Endspielarena Luschniki-Stadion in Moskau ist noch eine riesige Baustelle. Drei Jahre vor dem Turnier ist Russland bei den Stadionbauten aber viel weiter als Brasilien und Südafrika zum vergleichbaren Zeitpunkt. In Kasan und in der Moskauer Spartak-Arena ist sogar schon alles fertig. Nur Kaliningrad könnte zum Sorgenkind der zwölf WM-Arenen werden. Wo das WM-Stadion im früheren Königsberg stehen soll, erstreckt sich nichts als eine Brachfläche voller Sand.

Die Infrastruktur: Riesige Distanzen gilt es bei der WM zu überwinden. Von Kaliningrad bis Jekaterinburg sind es 3000 Kilometer. Die WM findet in vier Zeitzonen statt. Transportmittel Nummer eins wird das Flugzeug sein. Einige Flughäfen wie in Samara oder Jekaterinburg sind top, andere wie in Kaliningrad oder Saransk genügen noch längst nicht den Ansprüchen. Renovierungsarbeiten laufen. Ein Abenteuer für alle Fans kann eine Fahrt im Nachtzug sein.

Die Finanzen: Auch Russland muss kräftig sparen. Niedriger Ölpreis und EU-Sanktionen wegen der Ukraine-Krise hinterlassen ihre Spuren. Das bekamen auch die WM-Organisatoren zu spüren. Das Budget wurde im April noch einmal um 27 Milliarden Rubel (etwa 432 Millionen Euro) gekürzt. Gestrichen wurden vor allem Bauvorhaben für Team-Quartiere und Hotels. Die Gesamtkosten der WM sollen nun noch 637,6 Milliarden Rubel (etwa 10,2 Milliarden Euro) betragen.

Der Ukraine-Konflikt: Sport hat nichts mit Politik zu tun, meinen die WM-Organisatoren. Tausende Tote in der Konfliktregion Donbass und die Annexion der Krim führten allerdings zu Boykott-Aufrufen, auch im Weltmeister-Land Deutschland. Die FIFA wiegelt bislang ab. Eine neue Eskalation der Gewalt könnte allerdings wieder heftige Diskussion auslösen, je näher das Turnier rückt. Der WM-Ort Rostov am Don ist keine 100 Kilometer von der Krisenregion entfernt.

Die Korruptionsvorwürfe: Die FIFA-Ethikkommission konnte keine schwerwiegenden Verstöße bei der russischen WM-Bewerbung feststellen. Wie auch. Die Computer waren geleast und alle Daten gelöscht. Diese Erklärung reichte den Ermittlern. Die staatlichen Schweizer Behörden, die seit November 2014 eine neue Untersuchung leiten, dürften sich nicht so leicht abspeisen lassen. Werden in Bern Verfehlungen aktenkundig, hätten die Russen und die FIFA tatsächlich ein Problem.

Der Rassismus: 200 Vorfälle notierte die Organisation FARE. Russlands Funktionäre leugnen aber das Rassismus-Problem hartnäckig, inklusive Sportminister und FIFA-Exekutivmitglied Vitaly Mutko. Brasiliens Topstürmer Hulk in Diensten von Meister Zenit St. Petersburg berichtete von permanenten Anfeindungen der Fans in den Stadien des WM-Gastgebers. Die FIFA schiebt das schwierige Thema in den Verantwortungsbereich des russischen Verbandes.

Der Fußball: Die Angst vor dem sportlichen Scheitern ist spürbar. Nach dem Vorrunden-Aus in Brasilien 2014 kam die Sbornaja auch in der laufenden EM-Qualifikation nicht in Tritt. Trainer Fabio Capello musste gehen. Der noch nicht ernannte Nachfolger soll den Weg zur EM 2016 in Frankreich ebnen und dann das Team für das Heimturnier formen. Noch nie schied ein europäischer WM-Gastgeber in der Vorrunde aus. Dieses Szenario gilt es unbedingt zu verhindern.

dpa