22.12.2015 13:38 Uhr

Vernichtendes Echo für Blatter und Platini

"Trotzig und verblendet - dieser Despot ist Geschichte", jubilierte die 'Times'

Am Tag nach seiner endgültigen Verbannung aus dem Weltfußball bekam der skandalumwitterte Joseph Blatter den geballten Zorn zu spüren. "Trotzig und verblendet - dieser Despot ist Geschichte", jubilierte die britische Zeitung "Times".

Das Medienecho für den von den FIFA-Ethikhütern abgestraften Schweizer fiel vernichtend aus, Blatters Ex-Mediendirektor Guido Tognoni unterstellte dem tief gefallenen Funktionär glatten Realitätsverlust. Blatter lebe "in seiner eigenen Welt", sagte er am Dienstag im Radiosender BR2.

Die FIFA war Blatters Lebenswerk. Zahlreiche Skandale rund um den Verband hatte er - wie auch immer ihm dies gelang - unbeschadet überstanden. Auch die Acht-Jahres-Sperre, mit der er wie auch UEFA-Chef Michel Platini belegt worden war, will er nun nicht wahrhaben. Blatter sprach von einer "Schande" und kündigte im Stile von Uli Hoeneß gar an: "Es ist noch nicht zu Ende. Ich komme wieder!"

Sein eigenes Instrument wendet sich gegen ihn

"Sepp Blatter hatte als FIFA-Präsident die Ethikkommission geschaffen, um Rivalen auszuschalten. Nun spürt er am eigenen Leibe, wie es denen erging, denen er die Karriere verbaut hatte", urteilte die spanische "El País". Tognoni kritisierte Blatters große Uneinsichtigkeit. "Er sieht sich schon immer nur als Opfer, seit Jahrzehnten. Wenn irgendetwas war, war er nie der Schuldige, sondern das Opfer", sagte der einstige Blatter-Vertraute und urteilte, Blatter leide "vielleicht sogar unter Realitätsverlust".

Dagmar Freitag, Chefin des Bundestags-Sportausschusses, bewertete Blatters Reaktion auf die Sperre als "Schande". Dem Funktionär, der bis zu seiner vorläufigen Suspendierung am 8. Oktober 6331 Tage lang als FIFA-Präsident gethront hatte, fehle "offensichtlich jegliches Unrechtsbewusstsein". Die Art und Weise seines Rechtsverständnisses sei "zwar nicht überraschend, aber immer wieder erschreckend", sagte die SPD-Politikerin in WDR5 über den 79 Jahre alten Schweizer: "Selbst in dem Alter kann man noch eine normale Wahrnehmung haben."

Blatter will vor Gericht, Platini auch

An seinen Posten hatte sich Blatter stets geklammert. Erst als der Druck der Behörden zu groß wurde und zahlreiche Getreue festgenommen wurden, kündigte er seinen Rücktritt an. Am 26. Februar wollte er auf dem FIFA-Kongress seinen Thron räumen und sich dabei von den Mitgliedern noch einmal feiern lassen. Dazu wird es wohl nicht mehr kommen - auch wenn Blatter nach der Sperre umgehend ankündigte, das FIFA-Berufungskomitee, den Internationalen Sportgerichtshof CAS und womöglich sogar die Schweizer Gerichte einschalten zu wollen.

Auch Platini ist fest entschlossen, seine Sperre anzufechten. "Jetzt beginnt das Spiel richtig", sagte der Franzose mit Blick auf den Gang vor den CAS. Sein Name sei zu Unrecht durch den Dreck gezogen worden, er sei fälschlicherweise in eine Schublade mit dem skandalumwitterten FIFA-Chef Sepp Blatter gesteckt worden. "Was auch immer passieren wird: Mein Ruf ist beschädigt", sagte er am Dienstag in einem Interview der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Blatters irrwitziges Selbstbild

"Blatter verlängerte seine Präsidentschaft so lange und brach Rücktrittsversprechen 2006, 2011 und dieses Jahr, weil er untrennbar mit der FIFA verbunden wurde, von der Organisation als seiner Verlobten sprach und glaubte, er sei für ihr Funktionieren unverzichtbar", schrieb der "Guardian". Zu Fall brachte Blatter letztlich eine von ihm selbst bewilligte Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken an den nun ebenfalls gesperrten Platini.

Als "Eigentor der Herren des Fußballs" wertete das die italienische "La Repubblica": "Es ist eine kranke Geschichte, ein synchroner Sturz, wie die beiden Springer, die gemeinsam mit der gleichen Bewegung abspringen." Die spanische "Marca" verabschiedete die beiden Strippenzieher mit einem einfachen "Raus!". Die Ethikkommission des Weltverbandes habe "einen Schlussstrich unter die Korruption" gezogen. "Das ist das Ende eines Regimes."

Der Neuanfang bei der FIFA soll am 26. Februar mit der Wahl des neuen Präsidenten eingeläutet werden. Als Favorit der fünf Kandidaten gilt Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa, trotz Vorwürfen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen in Bahrain.

Schwieriger ist die Situation bei der UEFA, zumal Generalsekretär Gianni Infantino auch als FIFA-Präsident kandidiert. Gute Chancen werden dem Niederländer Michael van Praag zugeschrieben. Der UEFA-Vizepräsident scheint nicht abgeneigt zu sein. "Ob ich Favorit bin? Ich denke, es ist wichtig, dass wir einen Kandidaten haben, der eine breite Unterstützung findet. Es gibt Länder, die mich auf dem Posten sehen und andere nicht. Das Wichtigste ist, dass wir als Einheit auftreten", sagte van Praag dem niederländischen Sender NOS.

dpa