17.08.2023 20:03 Uhr

Weiter Chaos beim FC Bayern? "Die nächste Eskalationsstufe!"

Thomas Tuchel steht beim FC Bayern unter Druck
Thomas Tuchel steht beim FC Bayern unter Druck

Vier Redakteure, drei steile Thesen und viele unterschiedliche Ansichten: Vor dem Start in die Bundesligasaison 2023/2024 gibt das sport.de-Meinungspanel seinen Senf zu den drei Meisterschaftsanwärtern FC Bayern, BVB und RB Leipzig ab.

Beim FC Bayern regiert auch in der nächsten Saison das Chaos!

Emmanuel Schneider: Kane Grund zur Panik. Ja, die Aussagen von Tuchel nach der Supercup-Pleite schreckten auf. Genau das sollten sie auch. Tuchel wird nach der ersten eigenen Vorbereitung mit dem Team Neuzugang Kane integrieren und wenn der Rekordmeister dank des englischen Nationalstürmers wieder an der Tabellenspitze das Fernrohr auspackt, wird's um den "FC Hollywood" auch wieder so ruhig wie im entsprechenden LA-Viertel nach Autorenstreik. Vorbehaltlich vergifteter Grüße vom Tegernsee.

Mats-Yannick Roth: Tuchels Aussagen unmittelbar nach der 0:3-Schmach im Supercup gegen Leipzig zeugten von nicht weniger als Resignation! Es verstärkt sich der Eindruck, dass der Star-Trainer in seinem Star-Ensemble einfach nicht die richtigen Knöpfe findet. Setzt sich das fort, könnte Tuchel selbst schon vor Weihnachten seinen Posten los sein. Die nächste Eskalationsstufe!

Jannik Kube: Auf welcher Position spielt Joshua Kimmich? Welche Rollen spielen Thomas Müller oder Leon Goretzka? Wer steht zwischen den Pfosten? Beim FC Bayern müssen gleich mehrere spannende Personalentscheidungen getroffen werden. Langweilig wird es an der Säbener Straße somit nicht. Thomas Tuchel ist aber erfahren genug, um eine erneute Chaos-Saison zu verhindern.

Heiko Lütkehus: Tuchel ist ein absoluter Top-Trainer, aber extrem kantig. Das kann funktionieren, Pep Guardiola ist ein Paradebeispiel. Es kann aber auch extreme Unruhe auslösen, wenn Stars plötzlich degradiert werden und danach frustriert sind. Unabhängig von den weiterhin exzellenten Titelchancen erwarte ich tatsächlich wieder viel Theater an der Säbener Straße.

Der BVB ist besser aufgestellt als in der Vorsaison!

Mats-Yannick Roth: Mit klugen Verstärkungen und nicht zuletzt einem von Beginn an voll belastbaren Sebastien Haller gelingt es dem BVB, den Abgang von Superstar Jude Bellingham vergessen zu machen. Fallen nicht wieder permanent wichtige Stammspieler aus, sind die Schwarz-Gelben durchaus besser aufgestellt als ein Jahr zuvor.

Heiko Lütkehus: Die Neuzugänge sind solide - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Sabitzer und Bensebaini erwarte ich in der Startelf, Unterschiedsspieler sind sie für mich allerdings nicht. Insofern bleiben Zweifel, ob der Kader wirklich besser geworden ist.

Jannik Kube: Mit Jude Bellingham hat der BVB seinen stärksten Spieler verloren. Besser ist die Borussia also nicht geworden, dafür aber flexibler. Der spielstarke Marcel Sabitzer und der physisch starke Felix Nmecha geben Trainer Edin Terzic im Mittelfeld mehr taktische Variabilität. Doch reicht das zur ersehnten Meisterschaft? Fraglich.

Emmanuel Schneider: Zwar hat der BVB mit Marcel Sabitzer, Felix Nmecha und Ramy Bensebaini namhafte Verstärkung an Land gezogen, doch der Abgang des wohl besten Spielers Jude Bellingham wiegt schwer. Vorne kann es Sebastien Haller alleine nicht richten. Die Dortmunder werden noch einen weiteren Stürmer holen (müssen) – was die Situation um Youssoufa Moukoko weiter verschärft. Und: Der BVB ist nur einen Nmecha-Post bei Instagram vom Eklat entfernt – wobei: Wer ist das heutzutage nicht?

RB Leipzig ist der größte Verlierer des Transfersommers!

Jannik Kube: RB Leipzig ist aufgrund der Ab- und Zugänge Gewinner und Verlierer zugleich. Das Positive: Der amtierende DFB-Pokalsieger ist Umbrüche gewohnt. Verhindern die Sachsen einen Fehlstart wie in der Vorsaison, können sie in dieser Spielzeit sogar bis zum Ende im Meisterrennen mitmischen!

Emmanuel Schneider: Blickt man auf die Verkaufsliste der Sachsen, lässt man sich schnell zu einem "Ja" verleiten. Bzw: oui. Christopher Nkunku war Top-Torschütze der Liga, ist für RB kaum zu ersetzen, dazu hinterlassen Dominik Szoboszlai, Konrad Laimer und Josko Gvardiol große Lücken. Aber: Neu-Stürmer Lois Openda hat unfassbare Qualität, sorgte in der Ligue 1 bei Lens für Aufsehen. Er passt wie Xavi Simons, Castello Lukeba und Benjamin Sesko perfekt ins Beuteschema der Bullen: jung, talentiert, entwicklungsfähig.


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Heiko Lütkehus: Was für ein wilder Sommer in Leipzig! Zumindest offensiv dürfte RB erneut in der Lage sein, jeden (!) Gegner in der Bundesliga ins Schwitzen zu bringen. Da ist man trotz der Abgänge sicher kein "Verlierer". Die Abwehr ist aber etwas dünn besetzt, mit dem derzeitigen Personal könnte ein Angriff auf den FC Bayern schwierig werden - egal, wie stabil man im Supercup ausgesehen hat.

Mats-Yannick Roth: Ein einzelner Abgang von Christopher Nkunku wäre von RB Leipzig aufzufangen gewesen, ebenso wie bei Josko Gvardiol oder Dominik Szoboszlai. Alle drei Top-Stars aber auf einen Schlag ersetzen zu müssen, bleibt utopisch. RB Leipzig braucht einige Monate, um sich neu zu formieren. Und dann ist der Meisterzug schon längst abgefahren.