14.12.2023 19:03 Uhr

Warum sich der BVB vorerst zurücklehnen kann

Die Verträge von Marco Reus und Mats Hummels laufen beim BVB aus
Die Verträge von Marco Reus und Mats Hummels laufen beim BVB aus

Gleich sechs Spieler stecken bei Borussia Dortmund im letzten Vertragsjahr, darunter auch die Publikumslieblinge Marco Reus und Mats Hummels. Verlängert das Duo noch einmal beim BVB und wie sieht die Situation bei den anderen aus? sport.de gibt einen Überblick und erklärt, warum vorerst kein allzu großer Handlungsdruck besteht.

  • Marius Wolf (28, Rechtsverteidigung)

War er zunächst lange abgeschrieben und mehrfach verliehen worden, hat sich Marius Wolf längst beim BVB einen Status als Ergänzungsspieler erkämpft. Mit dieser Rolle gibt sich der rechte Flügelspieler auch durchaus zufrieden. "Wenn die Mannschaft gewonnen hat und man selbst nicht gespielt hat, gibt es für den Trainer eben auch Argumente, nicht zu wechseln. Und das ist auch völlig normal", bekannte er jüngst gegenüber Vereinsmedien.

Eine Rolle, die offenbar ein zu schwaches Argument für eine Verlängerung ist. Laut "Sky" ist in Dortmund intern bereits die Entscheidung gefallen, Wolf keinen neuen Vertrag anbieten zu wollen. Vieles dürfte aber auch davon abhängen, wie die Borussia mit den weiteren Ergänzungsspielern auf der rechten Seite plant, schließlich laufen auch die Verträge von Mateu Morey und Thomas Meunier aus.

Möglich, dass Wolf - immerhin fünfmaliger Nationalspieler - im kommenden Sommer nach Saudi-Arabien wechselt, hieß es beim TV-Sender zuletzt. "Das würde ich wahrscheinlich machen", hatte der Ex-Frankfurter schon im August bei einer Talkrunde bekannt, als er auf die astronomischen Gehälter in der Wüsten-Liga angesprochen wurde. 

  • Mats Hummels (34, Innenverteidigung)

Zukunft beim BVB? Absolut offen. "Ich bin weit weg davon, mir Gedanken darüber zu machen", machte Mats Hummels zuletzt im November deutlich: "Ich habe letzte Saison in der letzten Woche vor dem letzten Spiel verlängert. Ich werde mir das auch diesmal sehr lange offenhalten."

Seine Verlängerung bis Sommer 2024 hat sich indes absolut ausgezahlt, zählt der Routinier doch auch in dieser Saison zu den absoluten Leistungsträgern bei Borussia Dortmund. Unter Bundestrainer Julian Nagelsmann feierte er sogar sein Comeback in der deutschen Nationalmannschaft.

So gesehen muss der BVB aus sportlicher Sicht mit Hummels verlängern, zumal mit Nico Schlotterbeck und Niklas Süle nur zwei weitere Top-Verteidiger im Kader stehen. Individuelle Fehler wie zuletzt gegen RB Leipzig, als er ungestüm grätschte und mit Rot vom Platz flog, werden Hummels schnell verziehen. Denn: Nicht selten war es der 78-malige Nationalspieler, der die Mannschaft in den vergangenen Monaten vor Gegentoren bewahrte. 

  • Marco Reus (34, Angriff)

Auch mit der BVB-Ikone Reus war in der vergangenen Saison kurz vor knapp erst verlängert worden - ebenfalls nur um ein weiteres Jahr. Zudem soll der Angreifer Gehaltseinbußen in Kauf genommen haben.

Anzeichen darauf, dass Marco Reus im kommenden Sommer die Schuhe an den Nagel hängt, gibt es bislang überhaupt keine. Im Gegenteil: Bleibt er verletzungsfrei, ist vielmehr wahrscheinlich, dass der BVB auch seinen Vertrag noch einmal ausweitet.

Von Reus selbst gab es bereits positive Signale: "Es ist einfach eine geile Zeit hier, warum soll die enden? Die Geschichte kann weiter geschrieben werden", so der Ex-Kapitän, der für den BVB 166 Tore in 408 Pflichtspielen erzielt hat, zuletzt bei "Prime Video".

  • Mateu Morey (23, Rechtsverteidigung)

Der junge Spanier kam einst als 19-Jähriger und großes Versprechen vom FC Barcelona zum BVB. Ein kurzer Blick in seine Krankenakte verrät aber, wie wenig Morey seither wirklich für Dortmund spielen konnte.

Mehrere Knie-Operationen und Kreuzbandverletzungen sorgten in all den Jahren dafür, dass der Mallorquiner lediglich 29 Pflichtspiele (vier Vorlagen) für den Revierklub absolviert hat. Dass er sportlich eine Hilfe sein, hatte er in der Saison 2020/21 unter Beweis gestellt, als er sich den Stammplatz hinten rechts ergatterte.

Zuletzt hatte es Morey immerhin wieder in den Spieltagskader geschafft, sodass er für Trainer Terzic eine Alternative in der Rückrunde darstellen könnte. Eine Verlängerung beim BVB wäre zum jetzigen Stand eine große Überraschung.

  • Thomas Meunier (32, Rechtsverteidigung)

Nahezu ausgeschlossen, dass Thomas Meunier nach der laufenden Spielzeit noch beim achtmaligen Meister unter Vertrag steht.

Der belgische Nationalspieler zählt schon seit mehreren Transferphasen zu den Verkaufskandidaten - dies ist laut "kicker" auch im kommenden Winter-Transferfenster der Fall. Dass Meunier noch immer beim BVB ist, liegt Berichten zufolge auch an seinen hohen Gehaltsvorstellungen, die für interessierte Klubs nicht realisierbar waren. An der Höhe der Ablösesumme wäre es derweil nicht gescheitert: nur rund drei Millionen Euro sollen nach "Bild"-Angaben im vergangenen Sommer gefordert worden sein.

Immerhin: Nach drei Monaten Ausfallzeit wegen einer Muskelverletzung gab er jüngst im Topspiel gegen Bayer Leverkusen (1:1) sein Comeback, gegen RB Leipzig (2:3) stand er sogar in der Startelf. Sind alle Rechtsverteidiger fit, dürfte Meunier aber wieder schnell auf die Bank rücken.

  • Antonios Papadopoulos (24, Innenverteidigung)

Der Verteidiger ist ein Kandidat für einen vorzeitigen Abgang im Winter, laut "Ruhr Nachrichten" würde ihm der BVB keinerlei Steine in den Weg legen. Auch der "kicker" berichtete bereits, dass Papadopoulos in Dortmund keine Perspektive habe.

Spekulationen zufolge waren bereits im Sommer Panathinaikos Athen und Olympiakos Piräus an dem Deutsch-Griechen interessiert. Lockrufe aus den Niederlanden, aus Deutschland und der zweiten englischen Liga soll es ebenfalls gegeben haben.

"Die Gerüchte will ich nicht kommentieren. Ich habe in Dortmund noch einen Vertrag bis Juni 2024. Bis dahin gebe ich 100 Prozent für den BVB", sagte Papadopoulos, der eigentlich in der zweiten Mannschaft in der 3. Liga spielt, zuletzt. Aufgrund der dünnen Personaldecke kam er aber auch schon in der laufenden Saison zu einem Einsatz unter Edin Terzic.

  • Vertrags-Poker beim BVB? Ein Zwischenfazit

Im letzten Jahr hatte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl noch alle Hände voll zu tun, um drohende Abgänge zum Saisonende zu verhindern. Nach einem Verhandlungs-Marathon konnte er immerhin mit Youssoufa Moukoko Vollzug melden. 

Bei Raphael Guerreiro hatte man nach einer schwachen Hinrunde lange abgewartet - letztlich zu lange. Der Portugiese spielte eine sensationelle Rückrunde und ging im Sommer zum FC Bayern, nun sucht der BVB seinerseits dem Vernehmen nach einen neuen Linksverteidiger.

In diesem Winter kann sich Borussia Dortmund rund sechs Monate vor dem Saisonende hingegen durchaus zurücklehnen: Hummels will eine Entscheidung erst kurz vor Schluss treffen, auch bei Reus drängen die Verhandlungen nicht. Bei Morey besteht ebenfalls keinerlei Zeitdruck, da beim Spanier im Vordergrund steht, dass er verletzungsfrei bleibt.

Eine Verlängerung mit Wolf scheint derzeit gar nicht erst angedacht zu sein, womöglich gehen beide Seiten im Sommer getrennte Wege. Einzige Aufgabe für Kehl im Winter wird es sein, Abnehmer für Meunier und Papadopoulos zu finden, um die eigene Transfer-Kasse aufzubessern.

Gerrit Kleiböhmer