09.02.2017 11:25 Uhr

Der Rapid-Bauch muss gefüttert werden

Jetzt erst fängt die
Jetzt erst fängt die "normale" Arbeit von Rapid-Sportdirektor Fredy Bickel so richtig an

Nach dem Transferfenster ist vor dem Transferfenster. Rapid-Sportdirektor Fredy Bickel hat die Orientierungsphase bei seinem neuen Arbeitgeber so gut wie abgeschlossen, jetzt fängt die Planung für die nächste Saison an.

Mit weltfussball sprach der Schweizer über diesen Prozess, seine Einstellung zur Sportpsychologie und das Gefühl im Bauch, das gefüttert werden muss. Beim SK Rapid wurde im Winter eigentlich ein Neustart propagiert, durch den hartnäckigen Verletzungsfluch bekam die grün-weiße Aufbruchstimmung jedoch einen ordentlichen Dämpfer, sodass die Jetzt-Erst-Recht-Stimmung nicht wirklich aufkommen wollte.

Auch deswegen stand im Trainingslager Teambuilding an erster Stelle. Damir Canadi zog im Bereich der Sportpsychologie sämtliche Register. "Nach dieser Vorbereitung hat dieser Ansatz auch bei mir wieder Punkte gewonnen", verriet Bickel, der in dieser Sparte jedoch auch vor Übermotivation warnt.

Zu viele Köche verderben den Brei?

"Ich bin 25 Jahre dabei. Ich habe die Entwicklung in der Sportpsychologie, die im Laufe der Zeit ein wichtiges Thema wurde, ein wenig miterlebt. Manchmal muss man ein wenig auf die Bremse drücken. Der Verband, die Vereine, die Berater, die Nationalmannschaft - in der Schweiz arbeiten alle mit den Spielern in verschiedene Richtungen", so Bickel. "Hier habe ich es ein wenig anders erlebt, es war sehr spannend. Für mich war sehr eindrücklich, dass die Mannschaft sehr offen für so etwas ist."

Gibt es jetzt also doch eine gewisse Aufbruchstimmung? "Ich spüre eine gewisse Spannung. Ich denke auch, dass die Mannschaft nervöser als sonst ist. Sie wollen jetzt wissen, wohin sie unsere Neuorientierung bringen kann."

Eigentlich wollte Bickel den Kader verkleinern. Bis auf die leihweisen Abgänge von Maximilian Entrup zum SKN St. Pölten und Paul Gartler zu Kapfenberg wurde daraus aber nichts. Zu viele Verletzungen nahmen Rapid die Entscheidung ab. Für Tomi, Ján Novota oder auch Matej Jelić hätten eigentlich Abnehmer gefunden werden sollen. "Der eine oder andere Spieler bekommt jetzt vielleicht eine neue Chance und wird diese nehmen wollen. Das ist gut so", meinte Fredy Bickel, seines Zeichens Zweckoptimist.

Das Frühjahr ist für einen Sportdirektor im Normalfall die wichtigste Zeit, schließlich muss die neue Saison geplant werden. Bislang war dafür aber noch zu wenig Zeit: "Man muss sich mit der Zukunft beschäftigen. Aber ich muss zugeben, dass mir das noch zu wenig gelungen ist. In den ersten Wochen sind eben andere Dinge angestanden. Ich musste den Verein und den Charakter der Mannschaft besser verstehen, ich musste mir ein besseres Bild machen – um mir dann über die Veränderungen, die wir im Sommer anstreben wollen, klar zu werden."

Ein Nachfolger für Ivan Knez?

Der letzte Schweizer im grün-weißen Dress hatte argentinische Wurzeln und hieß Ivan Knez. 2003 wechselte der Defensiv-Allrounder nach 50 Bundesliga-Spielen zum BSC Young Boys. Zeitgleich verabschiedete sich übrigens Bickel von YB und heuerte beim FC Zürich an. Ist es möglich, dass man schon bald einen neuen Eidgenossen zu sehen bekommt?

"Ich habe sicherlich auch den einen oder anderen aus der Schweiz im Kopf, aber das kann ich so beim besten Willen noch nicht sagen. Du suchst ja nicht nur den Spielertypen, sondern auch den Menschen dahinter, der die Mannschaft weiterbringen kann. Da brauche ich schon noch die eine oder andere Woche, um das richtig zu analysieren", so Bickel.

Beim Hearing, das er für den Posten bei Rapid absolvierte, musste sich der Schweizer auch einer Analyse, einem Persönlichkeitstest, unterziehen. Präsident Michael Krammer und Co. konnten sich so ein aufschlussreiches Charakterbild von ihrem Kandidaten machen. In den Verhandlungen mit künftigen Neuverpflichtungen, die er nun als Sportdirektor führen wird, kommt dieses Mittel aber nicht zum Einsatz.

"Die charakterliche Einschätzung geht bei mir immer noch über den Bauch, wobei man auch den Bauch füttern muss. Das heißt, man kann bei einer interessanten Person schon aus dem Spiel heraus viel lesen, wie ist seine Körpersprache und so weiter. Natürlich erkundige ich mich bei ehemaligen Mitspielern, Trainern und Leuten, die dem Verein nahe stehen, über einen Spieler. Dank 25 Jahren in dem Business hast du den einen oder anderen Kontakt, der dir weiterhelfen kann. Dann hast du, wenn der Spieler dann vor dir sitzt, schon ein gewisses Bild, das sich bestätigt oder eben nicht bestätigt."

Die Suche nach Rapid 2017/18 kann beginnen. Ob der gefütterte Bauch von Fredy Bickel einen guten Geschmack hat, wird man im Herbst sehen.

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Johannes Sturm