23.05.2019 11:54 Uhr

DFB-Kapitänin Popp: "Das wird ein hartes Stück Arbeit"

Alexandra Popp ist Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft
Alexandra Popp ist Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft

Vor der anstehenden WM in Frankreich hat sich Deutschlands Nationalmannschaftskapitänin Alexander Popp zur ihrer neuen Rollen den Chancen des DFB-Teams und der Rolle des Frauenfußballs geäußert.

Frau Popp, am Freitag beginnt die WM-Vorbereitung - was ist beim Turnier in Frankreich (7. Juni bis 7. Juli) möglich für das deutsche Team, das sie als Kapitänin anführen?

Alexandra Popp: Grundsätzlich erhoffe ich mir natürlich den Titel. Aber das wird ein ganz hartes Stück Arbeit. Unser Ziel ist, wieder die Olympia-Qualifikation zu erreichen. Das bedeutet, dass wir unter die besten Drei Europas kommen müssen. Entsprechend müssen wir lange im Turnier bleiben. Wir sind auf einem guten Weg, spielen wieder einen guten Ball und haben auf uns aufmerksam gemacht. Mit einer weiteren Schippe drauf hoffe ich, dass wir beim Turnier sehr gut abschneiden werden.

Seit Herbst ist Martina Voss-Tecklenburg Bundestrainerin. Spüren Sie eine Aufbruchstimmung nach den turbulenten letzten beiden Jahren?

Man hat schon in den ersten Lehrgängen gemerkt, dass es ein Neubeginn ist und dass die Mannschaft Spaß beim Spielen hatte. Gerade in der Offensive haben wir sehr viel Flexibilität und Qualität. Und man merkt, dass Martina mit uns einen ganz klaren Plan hat.

Sie kennen sie schon lange - wie ist Martina Voss-Tecklenburg?

Sie ist sehr kommunikativ, offen und sagt dir ganz klar, woran du bist und was sie von dir erwartet. Gleichzeitig hat sie sportlich gesehen einen ganz klaren Plan, sie weiß genau, was sie möchte und wo sie hin will, auch über das Turnier hinaus. Sie ist für mich eine sehr prägende Person in meiner bisherigen Karriere. Sie hat mich damals in Duisburg zur Nationalspielerin gemacht. Dass ich unter ihrer Leitung jetzt als Kapitänin auflaufen darf, ist eine große Ehre und Anerkennung für mich. Wir kommen sehr gut miteinander aus, wir wissen beide, wie die jeweils andere tickt.

Und wer sind aus Ihrer Sicht die größten Rivalen im Kampf um den WM-Titel?

Die USA sind sicher noch das Maß aller Dinge. Aber es sind sehr viele Mannschaften, die um den Titel mitspielen können: Das Gastgeberland Frankreich, auch bei unserem Gruppengegner Spanien bin ich sehr gespannt, wie sie sich machen. Auch England ist auf dem Vormarsch. Schweden darf man nie abschreiben, Norwegen kommt langsam zurück. Ich bin auch auf Europameister Niederlande gespannt. Viele Teams haben sich unheimlich toll entwickelt.

Gab es bei Ihnen persönlich auch eine Entwicklung, seit sie die Kapitänsbinde im Nationalteam tragen?

Dadurch, dass ich schon vorher eine Führungsspielerin war, hat sich für mich auf dem Platz nicht viel verändert. Natürlich hat man diesen gewissen Druck, da man die Binde trägt, aber ich versuche, das nicht an mich herankommen zu lassen. Natürlich hat sich neben dem Platz ein bisschen was verändert, zum Beispiel in der Organisation. Wo ich mich noch entwickeln muss: Ich muss verdammt noch mal Englisch lernen (lacht). Aber das kriegen wir hin. Ich freue mich einfach auf die Aufgabe, das deutsche Team als Kapitänin bei einer Weltmeisterschaft anzuführen.

Fiel Ihnen das schon immer leicht, Verantwortung zu schultern? Oder mussten Sie das lernen?

Ich glaube, dass ich das schon mit in die Wiege gelegt bekommen habe. Mein Papa war früher auch Fußballer, er hatte auch so eine Führungsqualität. Aber natürlich wächst man auch mit seinen Aufgaben, seinen Erfahrungen. Ich hatte es in Duisburg nicht unbedingt einfach. Da habe ich zum Beispiel von Inka Grings öfter mal einen auf den Deckel bekommen. Aber das waren eben auch Situationen, die mich weitergebracht und gestärkt haben.

Und heute bekommen die jüngeren Spielerinnen mal von Ihnen einen auf den Deckel?

Ich mache das tatsächlich auch (lacht). Meist suche ich aber vorher das ruhige Gespräch. Aber es kann auch passieren, wenn beispielsweise auf dem Platz Fehler nicht abgestellt werden, dass ich mal lauter werde. Da müssen die Jungen auch mit umgehen können. Auch wenn es ihnen gefühlt etwas schwerer fällt, als es damals bei uns der Fall war. Aber sie werden es überleben (lacht).

Der Spot eines Sponsors sorgte jüngst für viel Aufmerksamkeit. Wie wichtig ist diese WM auch, um den Frauenfußball in Deutschland wieder präsenter zu machen?

Sehr wichtig. Wir müssen im deutschen Frauenfußball wirklich etwas tun. Wir wissen, dass sich im Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit der Akademie und der Umstrukturierung einiges tut, und es muss sich alles noch einspielen. Dennoch habe ich momentan nicht das Gefühl, dass sich im Frauenfußball genug entwickelt. Das haben wir auch schon zum großen Teil angesprochen.

Der Kampf um mehr Anerkennung spitzt sich international zu, die Weltmeisterinnen aus den USA haben für bessere Bedingungen sogar ihren eigenen Verband verklagt. Wie gestalten sich die Verhandlungen zum Beispiel über Prämien bei Ihnen?

Unsere Prämienverhandlungen laufen immer nach dem Erfolgsprinzip. Das nehmen wir als Mannschaft an, das ist auch unser Anspruch. Aber entsprechend möchten wir auch eine Leistung dafür geboten bekommen. Aber natürlich sind wir anders strukturiert, was die Verträge mit den Verbänden angeht. Wir wollen mit unserer Leistung und unserer Authentizität den Frauenfußball in Deutschland wieder nach vorne bringen. Vielleicht nicht mehr für uns, sondern für die jüngeren Spielerinnen, die nach uns kommen - dass sie von dem Geld auch leben können und gegebenenfalls auch abgesichert sind.

In Europa scheinen einige Nationen schon einen Schritt weiter zu sein, wie nehmen Sie das wahr?

Man hat es in Spanien gesehen. Dort wurden zum Beispiel für das Champions-League-Finale der Frauen mit dem FC Barcelona die Liga-Spiele der Männer zeitlich verlegt. Das sind Dinge, die muss man wollen, damit der Frauenfußball auch wirklich in den Fokus gerät. Wir haben unterschiedliche Spielzeiten, sowohl bei Spielen in der Bundesliga, als auch bei der Nationalmannschaft. So ist es schwierig, viele Leute ins Stadion zu bekommen und gescheite Einschaltquoten zu erreichen. Man hat es beim Pokalfinale in Köln gesehen. Das war an einem Feiertag, und plötzlich waren fast 18.000 Zuschauer im Stadion. Es ist machbar.