07.07.2020 12:12 Uhr

"Beängstigender" Neustart der Major League Soccer

Die MLS wagt den Neustart
Die MLS wagt den Neustart

Trotz erschreckender Infektionszahlen startet die nordamerikanische Fußball-Profiliga MLS am Mittwoch in der "Corona-Blase" Florida neu. Nicht nur der deutsche Profi Julian Gressel hat große Bedenken.

Für Julian Gressel ist die Situation schlicht "beängstigend". Die Lage im Sonnenstaat Florida, wo die MLS am Mittwoch in ihr Geister-Turnier startet, sei "richtig schlimm", sagte der deutsche Profi vom viermaligen Meister D.C. United der "Washington Post". Was Gressel da noch nicht wusste: Dass unmittelbar vor dem Auftakt mit dem FC Dallas ein ganzer Klub vom Turnier in Orlandos Disney World ausgeschlossen werden würde.

Vorausgegangen waren positive Corona-Tests bei gleich zehn Spielern und einem Betreuer der Texaner. Trainer Luchi Gonzalez war "enttäuscht" über den Ausschluss, "aber die Gesundheit und Sicherheit (...) genießt höchste Priorität".

Der mächtige Ligachef Don Garber versicherte eilig: "Die Spieler sind sicher in Orlando, (...) sie befolgen die Regeln, tragen Masken, halten Abstand. Sie führen ein Leben in der Blase." Insgesamt 13 positive Profis, das sei angesichts von über 550 versammelten Kickern doch "relativ wenig".

Gressel scheint das etwas anders zu sehen.

"Wir haben auf die 'Bubble' vertraut. Jetzt immer mehr positiv getestete Spieler zu haben, ist erschreckend und wirft einige Fragen bei mir auf", sagte der 26-Jährige, der mit United am Freitag gegen den FC Toronto loslegen soll. Zumal jenseits der Blase der Ausnahmezustand herrscht: Florida meldete zuletzt täglich über 10.000 Neuinfizierte. Für MLS-Boss Garber ist Orlando trotzdem ein "ziemlich guter Ort" für den Neustart der Mitte März nach zwei Spieltagen unterbrochenen Saison.

"In vielerlei Hinsicht ist es außer Kontrolle"

Doch Gressel ist nicht allein mit seinen Sorgen. "Wir haben Bedenken, keine Frage", sagte Torontos Trainer Greg Vanney. Die positiven Fälle zeigten, "dass die Blase nicht undurchlässig ist und es weiterhin Probleme gibt. Keine Ahnung, wo uns das hinführt." Kanada beherrscht die Pandemie derzeit weitgehend, aber südlich der Grenze, so Vanney, "nehmen die Menschen die Dinge nicht ernst, in vielerlei Hinsicht ist es außer Kontrolle".

Von den Spielern, darunter sieben deutsche, ist kaum jemand richtig wohl beim Gedanken daran, quasi als Versuchskaninchen für andere große Ligen herzuhalten - die Basketballer der NBA etwa wollen am 30. Juli ebenfalls in Disney World den Betrieb aufnehmen. "Disney's ESPN Wide World of Sports Complex", so der komplette Name des Riesengeländes, in dem die noch 25 MLS-Teams mit über 1000 Personen kaserniert sind, könnte im schlimmsten Fall auch im Wortsinn "ein Epizentrum des professionellen Sports" ("Miami Herald") werden.

Gespielt wird im "WM-Modus"

Dennoch wollen kaum Profis verzichten. Der mexikanische Topstar Carlos Vela (FC Los Angeles), Torschützenkönig des Vorjahres, fehlt, da seine Frau hochschwanger ist. Columbus-Torwart Matt Lampson will trotz einer Krebserkrankung vor 13 Jahren spielen, warnt aber: "Ich gehöre zur Hochrisikogruppe, andere Spieler auch. Es ist ernst."

Der sportliche Plan: Die Teams treten ohne Zuschauer im "WM-Modus" mit drei Gruppenspielen und anschließendem Achtelfinale gegeneinander an, das Finale ist am 11. August geplant. Die beiden mutmaßlichen Favoriten FC New York City und Philadelphia Union treffen am Donnerstag aufeinander. Anstoß: 9.00 Uhr morgens Ortszeit - normal wird in Orlando wenig laufen.