08.10.2015 12:07 Uhr

Robbie Keane: Porträt einer Legende

Robbie Keane will mit Irland zur EM 2016 nach Frankreich
Robbie Keane will mit Irland zur EM 2016 nach Frankreich

Im Sommer 1998 gewinnt Irland die U18-Europameisterschaft in Zypern im Elfmeterschießen gegen Deutschland. Während die meisten Finalteilnehmer von damals ihre Karrieren mittlerweile beendet haben, denkt einer noch lange nicht ans Aufhören - Robbie Keane. Der irische Nationalheld hat noch ein großes Ziel.

Wir schreiben den 26. Juli 1998. In der Hafenstadt Larnaca, im Südosten der Mittelmeerinsel Zypern, kommt es zum Finale der Europameisterschaft der unter 18-Jährigen zwischen der irischen Mannschaft und der Auswahl aus Deutschland. Die Partie muss im Elfmeterschießen entschieden werden. Am Ende setzen sich die Iren durch, auch wenn Irlands Nummer zehn, Robbie Keane, vom Punkt scheitert.

Der Fehlschuss tut der Karriere des aus Tallaght, einem Vorort von Dublin, stammenden Robert David Keane keinen Abbruch. Im Gegenteil, nur knapp drei Monate später erzielt er gegen Malta sein erstes Tor in einem A-Länderspiel. Heute ist der 35-jährige Stürmer eine irische Legende, die keinen Rekord auslässt: Irischer Rekordnationalspieler, Rekordspielführer und Rekordtorschütze - nur ein Auszug seiner Errungenschaften.

Der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere

Alles beginnt 1997 bei den Wolverhampton Wanderers, als der damalige Coach Mark McGhee Keane bei einem Jugendtraining entdeckt. "Sie trainierten in der Nähe von uns, also ging ich rüber und schaute zu. Und dieser Junge machte einen großartigen Eindruck", so McGhee. "Also habe ich ihn rübergeholt um bei uns mitzutrainieren, und er war unser bester Spieler." Bei seinem Profidebüt gegen Norwich erzielt er auf Anhieb zwei Tore. In der Folgesaison trifft er 16 Mal. Seine Leistungen wecken Begehrlichkeiten, sodass der Angreifer zwei Jahre später für sechs Millionen Pfund in die Premier League zu Coventry City wechselt. Es ist die bis dato höchste Ablösesumme, die auf der Insel je für einen Teenager gezahlt wurde. Wie schon bei den Wolves, gelingt Keano (von Kean-Óg, Óg bedeutet im Irischen "jung" oder "junior") im ersten Spiel für Coventry gleich ein Doppelpack.

Es folgen kurze Gastspiele bei Inter Mailand und Leeds United, ehe der Ire schließlich bei Tottenham Hotspur landet und dort heimisch wird. "Glenn Hoddle (damals Spurs-Trainer) sagte, dass es Zeit für mich wäre ein Zuhause zu finden und er hatte Recht. Es fühlte sich für mich auch wie Zuhause an, das tut es heute noch", blickt Keane zurück. In sechs überaus erfolgreichen Jahren steigt der Fußball-Arbeiter an der White Hart Lane zum Publikumsliebling, Leistungsträger und Kapitän auf. Zudem glänzt er in jedem Jahr mit einer zweistelligen Torausbeute. Doch 2008 zieht es ihn zu seiner Jugendliebe nach Liverpool. "Ich bin mein Leben lang schon Liverpool-Fan, als ich in Dublin aufwuchs, trug ich immer ein Liverpool-Trikot", zeigt sich Keane glücklich nach seinem Wechsel. Seine Erwartungen und auch die Erwartungen an ihn erfüllen sich jedoch nicht. Nach nur sechs Monaten bei den Reds, kehrt der Stürmer zurück in den Norden Londons.

Abenteuer Amerika

In seiner zweiten Periode bei den Spurs kann der inzwischen 29-Jährige nicht mehr vollständig an frühere Leistungen anknüpfen. Doch während eines Leihgeschäfts mit Celtic macht er sich auch in Schottland beliebt, in 16 Spielen netzt er zwölf Mal - die Fans lieben ihn.

2011 wagt Keane seinen vorerst letzten großen Wechsel. Er geht in die Staaten zu Los Angeles Galaxy. Bei seiner Vorstellung sagt er: "Ich bin nicht hier um Urlaub zu machen, für mich geht's ums Gewinnen, ich will Titel holen." Er lässt Worten Taten folgen: In den folgenden vier Jahren holt der Hollywood-Club drei Mal den MLS-Cup. Im vergangenen Jahr wird der Ire zusätzlich zum MVP (most valuable player = wertvollster Spieler) gewählt. Zudem bleibt er den Amerikanern auch in Zukunft erhalten, erst im Juni diesen Jahres verlängert Keane seinen Vertrag - Laufzeit unbekannt.

Seine Liebe zur Green Army

Auch wenn Keane im Vereinsfußball nie den Sprung in die absolute Weltspitze geschafft hat, hat er sich für das irische Nationalteam wohl schon jetzt unsterblich gemacht. 67 Tore in 141 Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Schon mit 24 Jahren wird er Rekordtorschütze der Boys in Green. Seit dem Rücktritt von Miroslav Klose, ist Keane außerdem der Spieler mit den meisten Länderspieltoren, der noch aktiv ist. Alleine in der EM-Qualifikation ist er bis heute 21 Mal erfolgreich - alleinige Bestmarke. Heute Abend gegen Deutschland soll im Aviva Stadium in Dublin (ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker), Tor Nummer 22 folgen. Denn seinen Torriecher hat der Offensivakteur nicht verloren: "Die Begeisterung für das Toreschießen ist immer noch da. Und solange die Bälle reingehen und ich nominiert werde, mache ich weiter."

Mit der Green Army will er sich einen letzten großen Traum erfüllen: Die EM nächstes Jahr in Frankreich. Zu gönnen wäre es ihm. Denn was gäbe es schöneres, als Robbie Keane noch einmal auf der größten Fußballbühne Europas zu sehen.

Marius Thiemann