25.06.2016 09:57 Uhr

Marciniak: Ein Schiri träumt vom WM-Finale

Mit sich selbst im Fußball-Trikot hätte Szymon Marciniak als Schiedsrichter große Probleme. "Wenn ich ehrlich bin, war ich ein verrückter Fußballer. Mit mir hatten es die Unparteiischen nie leicht", sagt der polnische Referee, der am Sonntag in Lille (18:00 Uhr) das EM-Achtelfinale zwischen Deutschland und EURO-Debütant Slowakei leitet. Auch der Pole selbst ist erstmals bei einer EM dabei und hat große Träume.

Der 34-Jährige, der als jugendlicher Fußballer für den polnischen Erstligisten Wisla Płock in seiner Heimatstadt aktiv war und es später als "Mittelfeldmotor" immerhin in die vierte Liga schaffte, profitiert heute aber von seinen Erfahrungen als Spieler. "Es hilft ungemein, wenn man gespielt hat. Dass ich selbst so ein verrückter Hund war, macht es mir leichter, gut mit denen auszukommen, die Ärger auf dem Platz machen", erklärt Marciniak.

"Nach einer Weile kann man dann einen kleinen Witz machen"

Mit der Zeit hat der Unparteiische, der seit 13 Jahren Spiele pfeift, seine ganz eigene Strategie im Umgang mit schwierigen Situationen entwickelt. "Oft ist es am besten, man sagt erst einmal gar nichts zu den Spielern, weil die Frustration nach einer Entscheidung sehr hoch sein kann", äußert Marciniak, der im "normalen Leben" sein Geld als Geschäftsmann verdient: "Nach einer Weile kann man dann einen kleinen Witz machen - das löst die Anspannung."

Diese Vorgehensweise hat die deutsche Nationalmannschaft noch nie kennengelernt. EM-Debütant Marciniak, der 2009 seine Premiere in der polnischen Eliteklasse gefeiert hat und schon zwei Jahre später zum FIFA-Referee aufstieg, pfeift zum ersten Mal die DFB-Auswahl. Die deutschen Spieler dürften den Unparteiischen dennoch kennen.

Schließlich leitete der Pole, der im vergangenen Jahr beim Finale der U21-EM im Einsatz war, erst im April das Viertelfinale in der Champions League zwischen Bayern München und Benfica Lissabon. Auch bei Europacup-Auftritten von Schalke 04, Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt war Marciniak bereits aktiv.

"Als Spieler konnte ich es nie ganz nach oben schaffen"

"Als ich anfing, habe ich selbst noch gespielt. Aber ich wusste, dass ich es als Spieler nie bis ganz nach oben schaffen würde", sagt Marciniak: "Als Schiedsrichter ging das dagegen schnell, weil ich durch eine spezielle Förderung für ehemalige Aktive rasch aufsteigen konnte. Damals hatten viele Unparteiische aufgehört - das war meine Chance."

Und die hat der Referee, der auch schon Spiele in Japan und Saudi-Arabien leitete, ergriffen. Sein Weg führte ihn bis zur EM-Endrunde, wo er bisher in den Partien zwischen Österreich und Island (1:2) sowie zwischen Spanien und Tschechien (1:0) im Einsatz war. Dabei zeigte er sechs Gelbe Karten. Im Spiel der Isländer gab Marciniak einen berechtigten Foulelfmeter für Österreich, den Aleksandar Dragović aber an den Pfosten setzte.

Doch die EM soll nicht der letzte Höhepunkt für Marciniak bleiben: "Ich habe vor vielen Jahren gesagt, dass ich ein WM-Finale leiten möchte - da haben mich viele meiner Kollegen ausgelacht. Aber ich bleibe dabei: Das ist mein Ziel."