28.09.2016 14:35 Uhr

Nouri und Co.: Wie weit führt Stallgeruch?

Nouri könnte vom Interims- zum Chef-Coach werden
Nouri könnte vom Interims- zum Chef-Coach werden

Auf Werders Interimscoach Alexander Nouri, der vorher noch die U23 des Weser-Klubs trainierte, wartet mit etwas Glück eine Festanstellung als Chef-Coach. In Bremen hat man mit diesem Schritt zwiespältige Erfahrungen gemacht. Dass die Strategie, auf Trainer zu setzen, die eine enge Verbindung mit dem Verein haben oder gar aus dem eigenen Lager kommen, nicht immer fruchtet, zeigt unsere Betrachtung ausgewählter Fälle.

Als der VfB Stuttgart im November 2015 beispielsweise Alexander Zorniger durch Jürgen Kramny ersetzte, wollten die Verantwortlichen eigentlich nur eine Übergangslösung installieren. Der gebürtige Stuttgarter spielte früher selbst im Verein und war seit 2010 als U19-, U23- und als Co-Trainer tätig. Nach acht Punkten aus fünf Spielen keimte allerdings die Hoffnung auf, einen fähigen festen Coach gefunden zu haben, der auch noch günstig zu haben war. Zudem wollte man es nach Huub Stevens, Armin Veh und Zorniger wieder mit einer internen Lösung probieren.

Kramny übernahm also kurz vor Weihnachten offiziell die Leitung der ersten Mannschaft, wurde allerdings nach 18 Spielen und zehn Niederlagen nach der Saison schon wieder beurlaubt. Der VfB stieg in die 2. Bundesliga ab. Doppelt bitter: Auch die bis November 2015 von ihm trainierte Zweitvertretung der Schwaben schaffte den Klassenerhalt nicht und musste den Weg in die Regionalliga antreten. Nach der Saison kappten Verein und Trainer aufgrund akuter Erfolgslosigkeit alle Verbindungen. Die Aussichten auf eine gemeinsame, erfolgreiche Weiterarbeit waren einfach nicht mehr gegeben. Kramny wurde danach auch kein anderer Posten im Verein mehr angeboten.

Zinnbauers Intermezzo, Schäfers Probleme

Joe Zinnbauer war Mitte September 2014 die große HSV-Hoffnung. Der heute 46-Jährige kam von der Zweitvertretung der Hanseaten und sollte eine schnelle und günstige Lösung sein. Doch die Ehe hielt nicht lange. Nach rund einem halben Jahr war schon wieder Schluss mit der gemeinsamen Zusammenarbeit. Grund: Die sportliche Talfahrt des Bundesliga-Dinos. Negativ-Höhepunkt: die 0:8-Niederlage gegen den FC Bayern. 

Turbulent war auch das Miteinander von Frank Schäfer und dem 1. FC Köln. Dieser spielte in jungen Jahren zwischen 1973 und 1980 für die Geißböcke und trainierte später 15 Jahre lang die FC-Junioren. Er wurde U19- und Co-Trainer und leitete die U23-Mannschaft des Vereins. Nach der Beurlaubung von Chef-Coach Zvonomir Soldo Ende 2010 übernahm Schäfer schließlich die Bundesliga-Mannschaft. Die Verbindung schien zunächst fruchtbar, Köln gewann sieben Heimspiele in Folge.

Ein halbes Jahr später trat der gläubige Coach allerdings aufgrund von Differenzen mit Sportdirektor Volker Finke zurück. Dieser hatte den Glauben Schäfers indirekt für persönliche Probleme des Trainers verantwortlich gemacht. Sonst wäre der heute 52-Jährige wohl auch länger geblieben. Nachdem Finke den Verein im März 2012 verließ, kehrte Schäfer ein zweites Mal auf den Trainerposten zurück, konnte allerdings den Klassenerhalt nicht mehr schaffen und stieg mit dem FC ab. Danach legte er abermals das Amt des Chef-Trainers nieder. Der Grund waren unterschiedliche Auffassungen über die Ausrichtung des Vereins.

Gute Aussichten bei der Borussia und in Hoffenheim

Dass es auch anders geht, zeigt das bisherige Erfolgsprojekt in Gladbach. Dort übernahm André Schubert - von der U23 kommend - zunächst als Übergangslösung das Traineramt des Bundesligisten und wurde nach sechs Siegen in Folge schließlich fest angestellt. Gladbach verließ unter seiner Leitung die Abstiegsränge und qualifizierte sich am Ende sogar für die Champions League. 
Von Abnutzungserscheinungen ist bisher nichts zu spüren.

Sportdirektor Max Eberl lobte kürzlich die "herausragende Bilanz" des 45-Jährigen und stattete ihn mit einem langfristigen Vertrag bis 2019 aus. Der Grund für das erfolgreiche Miteinander liegt in der strategischen Ausrichtung des Vereins. Eberl hat ein Konzept entwickelt, das vom Coach bedingungslos mitgetragen wird. Zudem werden Schubert außergewöhnliche Fähigkeiten in der Mannschaftsführung nachgesagt.

Ähnlich erfolgreich läuft es bislang in Hoffenheim. Dort übernahm der damals erst 28-Jährige Julian Nagelsmann Anfang Februar 2016 das Amt des Chef-Trainers. Der gebürtige Bayer löste den zurückgetretenen Huub Stevens ab. Dabei war Nagelsmann eigentlich erst  für den Sommer offiziell als Nachfolger für Stevens eingeplant gewesen. Seit 2010 hatte der 29-Jährige Jugend-Teams der TSG betreut und sollte nach den ursprünglichen Plänen langsam an die neue Aufgabe herangeführt werden.

Diese strategische Planung ist bislang selten zu finden. In den meisten Fälle übernehmen die im Klub bekannten Trainer eher spontan als Not- oder Übergangslösung. Auch Nagelsmann kam am Ende unverhofft auf diesem Weg schon frühzeitig zur eigentlich erst später angedachten Rolle. Seine Arbeit wird in Hoffenheim und auch bei anderen Klubs sehr geschätzt.

Werders Experimente

Unterschiedliche Erfahrungen mit Übungsleitern aus den eigenen Reihen hat Werder Bremen gemacht. Mit Thomas Schaaf kam 1999 ein ehemaliger SVW-Profi an das Ruder, der nicht nur bereits 20 Jahre als Spieler des Klubs aktiv war, sondern zuvor schon vier Jahre die U23 des Vereins trainiert hatte. Geschlagene 14 Jahre sollte diese Zusammenarbeit halten, Werder wurde unter Schaaf einmal deutscher Meister und drei Mal Pokalsieger. In den letzten Jahren waren allerdings Abnutzungserscheinungen zu spüren, die dazu führten, dass sich die Wege im Mai 2013 trennten. 

Während es für Schaaf bei seinen weiteren Stationen bei Eintracht Frankfurt und Hannover 96 nicht rund lief, versuchte sich Werder - nach knapp 1,5 Jahre mit Robin Dutt - ein weiteres Mal an einem Trainer mit Stallgeruch. Viktor Skripnik übernahm mit einer Historie von acht Jahren als Werder-Profi und weiteren zehn Jahren als Nachwuchs-Coach das Amt des Chef-Trainers. Doch was bei Schaaf noch gelang, klappte bei Skripnik nicht mehr. Werder kam kaum in die Spur und schrammte zudem nur knapp am Abstieg vorbei. Der Ukrainer mit dem großen Werder-Herz scheiterte am mangelnden sportlichen Erfolg und daran, dass die Verantwortlichen nicht glaubten, mit dem nach außen eher ruhigen Skripnik die langfristig die Wende zu schaffen. Im Vergleich zu anderen Trainern wird der 46-Jährige dem Verein allerdings in anderer Funktion erhalten bleiben.  

Mit Alexander Nouri ist nun ein weiterer Trainer aus dem eigenen Stall als mögliche Lösung für den Chef-Posten im Rennen. Es bleibt spannend, welchen Weg Werder nach den Erfahrungen der letzten Jahre beschreiten wird.