Blatter kritisiert FIFA, Infantino und Klub-WM

Der einstige FIFA-Präsident Sepp Blatter hat den Fußball-Weltverband im exklusiven Interview mir RTL/ntv und sport.de wegen seiner Entwicklung unter Gianni Infantino und der Nähe zu Saudi-Arabien scharf kritisiert.
"Wir haben den Fußball an Saudi-Arabien verloren. Wir haben ihn offeriert und die haben ihn genommen", sagte der 88-Jährige und ergänzte: "Und erstaunlicherweise gibt es innerhalb der FIFA keine Opposition dagegen."
Die FIFA pflegt enge Beziehungen zu dem Wüstenstaat, der im vergangenen Dezember als einziger Bewerber den Zuschlag für die WM 2034 erhielt. Zudem beteiligte sich der saudische Staatsfonds PIF an der Finanzierung der neuen Klub-WM, die erstmals mit 32 Mannschaften ausgespielt wird und am Sonntag mit dem Finale zwischen Paris-Saint Germain und dem FC Chelsea endet.
Blatter, von 1998 bis 2016 an der Spitze der FIFA, erkennt eine bedenkliche Entwicklung. "Es gibt zu viel Fußball", sagte Blatter mit Blick auf die zusätzliche Belastung durch die Klub-WM. Es seien "immer die gleichen Klubs und die gleichen Spieler", diese müssten "sich ausruhen". Dass die Profis in den USA teilweise bei extrem heißen Temperaturen spielen mussten, sei "ungesund und frech".
Zudem attackierte Blatter den aus seiner Sicht fragwürdigen Führungsstil innerhalb der FIFA unter Infantino. "Heute wird im Kongress nicht mehr diskutiert", sagte der Schweizer. Dies sei unter seiner Führung anders gewesen. Mittlerweile laufe "alles elektronisch und niemand sagt etwas, man darf sogar sechs Stunden zu spät zu einem Kongress kommen".
Damit spielte Blatter auf den jüngsten Eklat in Asunción an: FIFA-Chef Infantino hatte im Mai nach einer Reise mit Donald Trump in den Nahen Osten den offiziellen Beginn der Versammlung in Paraguay um mehrere Stunden verpasst.
Weitere Aussagen aus dem Interview mit RTL/ntv und sport.de:
Sepp Blatter ...
... über den Vorwurf, dass es auch zu seiner Zeit als FIFA-Präsident keinen Widerstand gab:
Doch, damals gab es noch Kongresse, wo Probleme diskutiert wurden und der Kongress entschieden hat. Heute wird im Kongress nicht mehr diskutiert. (…)
Man braucht nicht mal einen Kongress zu machen und die Leute einladen. Man macht alles elektronisch und niemand sagt etwas, man darf sogar sechs Stunden zu spät zu einem Kongress kommen.
... über die zusätzliche Belastung der Profis durch die FIFA Klub-WM:
Es gibt zu viel Fußball! Es sind immer die gleichen Klubs und die gleichen Spieler und irgendwann (…) sollten die sich ausruhen.
Die haben im heißesten Sommer gespielt (…) das ist ungesund und frech. (…) Das geht doch nicht. Man muss die Spieler schützen.
Man kann das auch mit klassischer Musik vergleichen, die Musiker oder die Sänger, die gehen auch nicht mitten am Nachmittag auf die Bühne.
... über die leeren Stadien bei der FIFA Klub-WM:
Zu Beginn der Klub-WM hat nur einmal eine Mannschaft das Stadion gefüllt und das war Real Madrid, weil die weltbekannt sind. (…)
Das sieht natürlich nicht sehr gut aus und dann hat man Zuschauer eingeladen und die Preise gesenkt. Im Grunde genommen ist das gegen das Prinzip einer Vermarktung von einem Wettbewerb.
.. über seinen größten Fehler:
Dass ich nicht zugehört habe, was mir meine Tochter vor der Präsidenten-Wahl von 2015 gesagt hat: "Jetzt gehst du noch mal in einen Wahlkampf hinein? Lass das sein!"
(...) Das war der Fehler, also es war kein Irrtum, aber ein Fehler. Ich hätte auf sie hören sollen, dann hätte ich mir und auch meiner Familie viel ersparen können.