21.07.2015 16:50 Uhr

Check: Mund abputzen, weitermachen!

Der FC St. Pauli bereitet sich auf die neue Saison vor
Der FC St. Pauli bereitet sich auf die neue Saison vor

Vor dem Auftakt der 42. Saison der 2. Bundesliga nimmt weltfussball die 18 Klubs unter die Lupe. Was macht Hoffnung, was bereitet Sorgen? Im zweiten Teil dabei: Solide Frankfurter und zwei Klubs, die nach Abstiegssorgen wieder nach oben schielen wollen.

FSV Frankfurt

Die ersten Spiele: RB Leipzig (H); Arminia Bielefeld (A); Karlsruher SC (H)

Die letzten Ergebnisse: Borussia Fulda (3:0); Haimbacher SV (3:0); Würzburger Kickers (1:3)

Das Personal: Von einem großen Umbruch kann man nicht sprechen. Allerdings verließen mit Torhüter Patric Klandt, Offensivwirbler Vincenzo Grifo (beide SC Freiburg) und dem erfahrenen Hanno Balitsch (Waldhof Mannheim) drei zentrale Figuren den Klub. Darüber hinaus wechselte vor allem Personal für die Kaderbreite. Unter anderem beendete Björn Schlicke nach fünf Jahren beim FSV seine Karriere.

Bei den Neuzugängen setzt Frankfurt teilweise auf erfahrene Akteure wie Linksverteidiger Heinrich Schmidtgal (18 Bundesliga- und 102 Zweitligaspiele) oder Angreifer Dani Schahin (46 Bundesliga- und 34 Zweitliga-Spiele). Dazu nahm man entwicklungsfähige, gut ausgebildete Spieler wie den Dortmunder Marc Hornschuh oder den Cottbusser Fanol Perdedaj unter Vertrag. Eine der spannendsten Personalien ist Besar Halimi. Der Mittelfeldmann war letztes Jahr bei den Stuttgarter Kickers einer der stärksten Spieler der 3. Liga und wurde von ganz Deutschland gejagt. Mainz erhielt den Zuschlag und parkte ihn in Frankfurt. Im Tor soll André Weis den abgewanderten Klandt ersetzen, den Saisonstart dürfte er allerdings verletzungsbedingt verpassen.
>> zur Transferübersicht des FSV Frankfurt

Die Vorbereitung: Nachdem er den FSV erst vor dem letzten Spieltag der vergangenen Saison übernommen und noch vor dem Abstieg gerettet hatte, ging die Arbeit für Trainer Tomas Oral erst im Sommer richtig los. Die klare Aufgabe: Konstanz ins Spiel bringen. Vor allem die defensive Stabilität stand im Fokus der Vorbereitung. Mit 53 Gegentoren hatte der FSV in der vergangenen Saison die zweitschwächste Defensive. Dabei setzte Oral auf eine Mischung aus harter Arbeit und spaßiger Abwechslung – ob beim Fußballtennis oder Wasserski.

Mit den Ergebnissen bei den Testspielen waren die Frankfurter größtenteils zufrieden, einzig die 1:3-Niederlage gegen Drittligaaufsteiger Würzburg war ein Rückschlag. Doch Oral ordnete es ein: "Das war nichts, aber Testspiele zählen nicht. Die Vorbereitung war gut, aber ich bin erst zufrieden, wenn wir unser erstes Pflichtspiel gewinnen."
>> der Frankfurter Kader in der Übersicht 

Prognose: Angesprochen darauf, ob man es dem Nachbarn Darmstadt 98 gleichtun wolle, antwortete Geschäftsführer Clemens Krüger: "Wir gehen unseren eigenen Weg, dann werden wir in ein paar Jahren auch in der Bundesliga spielen." Eine Aussage mit Augenzwinkern. Am Bornheimer Hang wird es wieder um eines gehen: rechtzeitig den Klassenerhalt zu sichern. Mit Tomas Oral und der sinnvoll verstärkten Mannschaft wird dies auch gelingen. Mehr als ein unterer Mittelfeldplatzt springt allerdings nicht heraus.

SpVgg Greuther Fürth

Die ersten Spiele: Karlsruher SC (H); RB Leipzig (A); FC St. Pauli (A)

Die letzten Ergebnisse: Celta Vigo (1:5); Athletic Bilbao (3:2); 1. FK Pribram (3:2)

Das Personal: Vor allem im Angriff hat die SpVgg ganz schön aufgerüstet: Die Abgänge von Ilir Azemi (vereinslos) und Kacper Przybylko (Kaiserslautern) wurden mit dem Norweger Veton Berisha, der auch bei vielen anderen Klubs auf dem Zettel stand, und dem bundesligaerfahrenen Domi Kumbela namhaft ersetzt. Zudem hat der neue Trainer Stefan Ruthenbeck die Talente Stefan Maderer und Tim Bodenröder aus der zweiten Mannschaft befördert, um den arrivierten Kräften Druck zu machen.

Auch die weiteren Zugänge zeugen von einer klaren Strategie: Mit Sebastian Mielitz kommt ein bundesligaerfahrener Keeper (immerhin 62 Spiele im Oberhaus), der den abgewanderten Wolfgang Hesl ersetzen und mit Mark Flekken um den Platz zwischen den Pfosten konkurrieren soll. Dazu hat Ruthenbeck mit Jürgen Gjasula und Andreas Hofmann zwei gestandene Zweitligaspieler für das zentrale Mittelfeld aus Aalen mitgebracht. Die Mischung im Kader stimmt.
>> zur Transferübersicht der SpVgg Greuther Fürth

Die Vorbereitung: Nach einer Saison zum Vergessen ging es für die Kleeblättler vor allem darum, die Vergangenheit aus den Köpfen zu bekommen und – getreu dem Motto "Mund abputzen, weitermachen" – nach vorne zu schauen. Neuer Trainer, neue Spielidee, neues Selbstvertrauen – unter Stefan Ruthenbeck sollen die Franken einen variablen, laufintensiven Offensivfußball spielen. Dafür ließ der Coach ein 4-3-3-System einstudieren, in dem der Stoßstürmer hoch pressen und damit erster Verteidiger sein soll.

Die Testspielergebnisse waren vielversprechend: Die ersten neun Partien wurden allesamt gewonnen, mit einem Torverhältnis von 56:7.Manager Mutzel sprach davon, dass "so etwas wie Euphorie" zu spüren sei. Die 1:5-Schlappe im letzten Spiel gegen Celta Vigo war da wohl ein Schuss vor den Bug zur rechten Zeit. Nichtsdestotrotz: In Fürth kann man von Aufbruchstimmung sprechen.
>> der Fürther Kader in der Übersicht

Prognose: Die Laune ist gut, die Zuversicht groß – zu einer Zielvorgabe wollte sich Ruthenbeck jedoch nicht hinreißen lassen. Aus gutem Grund: Vor der vergangenen Saison war der Aufstieg das Ziel, am Ende sprang man dem Abstieg nur knapp von der Schippe. In der kommenden Spielzeit dürfte die Tendenz wieder deutlich nach oben gehen. Wenn das Umfeld mitzieht und sich eine Euphorie entwickelt, ist das Kleeblatt vielleicht sogar ein Geheimtipp auf den Relegationsplatz. Zwischen Rang fünf und acht wird das Team aber sicherlich einlaufen.

FC St. Pauli

Die ersten Spiele: Arminia Bielefeld (H); Karlsruher SC (A); SpVgg Greuther Fürth (H)

Die letzten Ergebnisse: SV Todesfelde (9:0); Rayo Vallecano (4:2); SC Freiburg (0:0)

Das Personal: Beim Kiezklub setzt man auf Kontinuität statt auf Umbruch. Neben der festen Verpflichtung des bislang nur geliehenen Verteidigers Lasse Sobiech holte St. Pauli nur einen Neuzugang ins Boot: Ryo Miyaichi kommt von Arsenal. In der vergangenen Saison machte er während eines Leihgeschäfts beim FC Twente immerhin zehn Spiele in der niederländischen Eredivisie, nun soll er die Außenbahn der Hamburger beleben. Ganz abgeschlossen scheinen die Planungen noch nicht zu sein: "Wir bräuchten noch einen polyvalenten Spieler, der uns auf mehreren Positionen in der Defensive helfen kann", beurteilt Trainer Ewald Lienen die Situation.

Trotz der verhältnismäßig wenigen Neuzugänge wird die Mannschaft ein verändertes Gesicht haben. Charaktere und Führungsfiguren der vergangenen Jahre haben den Klub nämlich verlassen: Dennis Daube, Sebastian Schachten, Philipp Tschauner oder Christopher Nöthe suchten sich neue Herauforderungen.
>> zur Transferübersicht des FC St. Pauli

Die Vorbereitung: "Der Großteil der Mannschaft ist zusammen geblieben und wir mussten uns taktisch nichts Neues erarbeiten", sagte Lienen über die Vorbereitung. Neben Vertiefung seiner Idee von Pressing, Umschaltspiel und der Verfeinerung von Laufwegen in der Defensiv- wie Offensivbewegung setzte der Coach deswegen vor allem auf Spielpraxis: "Spiele geben die besten Informationen darüber, woran man noch arbeiten muss. In einem Spiel gibt es immer das komplette Programm der verschiedenen Anforderungen. Wir haben im Training an einigen Details gefeilt, wie etwa das konsequente Forechecking oder die Kompaktheit in der Defensive."

Mit einem 0:0 gegen Freiburg oder einem 4:2-Sieg gegen ein – zugegebenermaßen mit einer B-Elf angetretenes – Rayo Vallecano waren dabei zumindest ein Fingerzeig der Leistungsfähigkeit.
>> der Kader des FC St. Pauli in der Übersicht

Prognose: Was ein erfahrener Mann wie Ewald Lienen aus dem Kader des FC St. Pauli holen kann, sah man bereits in der vergangenen Saison: In der Rückrundentabelle war man Sechster. Und doch reichte es nur knapp zum Klassenerhalt.

Mit dem Abstiegskampf werden die Hamburger in dieser Saison nichts zu tun haben. Lienen entwickelt die Mannschaft sukzessive zu einer Einheit und setzt sein taktisches Konzept immer besser durch. Am Ende wird es ein einstelliger Tabellenplatz, für ganz oben reicht es jedoch noch nicht.

Der weltfussball-Zweitligacheck:
>> Freiburg, Paderborn, Karlsruhe: Alles auf (Neu)Anfang
>> Kaiserslautern, Leipzig, Braunschweig: Nur eine Blickrichtung
>> Nürnberg, Berlin, Heidenheim: Zwischen Hoffen und Bangen
>> Fortuna, Bochum, Sandhausen: Aufbruchstimmung an Rhein und Ruhr
>> 1860, Bielefeld, Duisburg: Blau-Weiße Fragezeichen

Jochen Rabe