14.09.2016 11:56 Uhr

Franz Beckenbauer: Kaiser ohne Kleider

Franz Beckenbauers Denkmal wackelt
Franz Beckenbauers Denkmal wackelt

Probleme? Gab es für Franz Beckenbauer lange Zeit scheinbar nie. Nun aber reißen sie in der Affäre um die WM-Vergabe 2006 nicht ab - und lassen den "Kaiser" in einem neuen Licht erscheinen. Längst hat der Fall seinem Ansehen geschadet.

Es gab Phasen in dieser delikaten WM-Affäre, da saß Franz Beckenbauer womöglich in seinem Haus in Salzburg und dachte sich genervt: Geh, lasst's mich doch in Ruh' mit euerm Schmarrn. Für Beckenbauer gab es ja selten ein Problem, und wenn, dann hat er es weggefranzelt. Kaum anzunehmen aber, dass er immer noch so denkt. Denn der "Kaiser" steht inzwischen sprichtwörtlich ohne Kleider da und jeder sieht: Die "Lichtgestalt" hat eine dunkle Seite.

Der Wirbel um die mysteriös umherwabernden 6,7 Millionen Euro, die den DFB in helle Aufregung und eine Führungskrise gestürzt hatten, hat eine neue Zuspitzung erfahren. Nicht nur, dass weiter der Verdacht besteht, dass bei der WM-Vergabe nachgeholfen wurde. Nun berichtete der Spiegel: Beckenbauer hat keineswegs ehrenamtlich als Chef des Organisations-Komitees der WM 2006 gearbeitet, er hat 5,5 Millionen Euro eingestrichen. Das Beckenbauer-Salär wurde erst vier Jahre später, Ende 2010, nach einer Betriebsprüfung des Finanzamtes Frankfurt/Main versteuert.

Das Denkmal wackelt

Nonchalant rausreden, so wie es des Kaisers Art war, geht schon längst nicht mehr: Beckenbauer steht im Verdacht, unlautere Mittel angewendet zu haben, um sein Ziel zu erreichen. Zuletzt ließen die Durchsuchung seines Anwesens in Salzburg und die offizielle Bekanntgabe der Schweizer Ermittlungen das Denkmal wackeln.

Beckenbauer hatte schon immer eine Halb-so-wild-Mentalität, nachzuvollziehen anhand vieler Äußerungen - sei es über die Arbeitssklaven im umstrittenen WM-Gastgeberland Katar, die er nie gesehen haben wollte und die es deshalb seiner Logik nach nicht gab. Er hat Urteile gefällt, die launig und lustig klangen, die aber auch verletzend oder einfach falsch waren und den Gedanken aufkommen ließen: Weiß der Franz eigentlich, was er da sagt?

"Es wurden keine Stimmen gekauft, um den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zu bekommen", hat Beckenbauer am 26. Oktober 2015 in einer Stellungnahme erklärt. Kurz darauf ließ der damalige OK-Chef in der SZ diese entwaffnende und gleichzeitig recht naive Einlassung folgen: "Ich habe immer blind unterschrieben, wenn sie meine Unterschrift gebraucht haben." Und schließlich: "Wir wollten die WM organisieren, alles andere war mir wurscht."

Beckenbauers Kumpanen

Franz Beckenbauer - das ergibt kein vollständiges Bild ohne die Männer an seiner Seite. Früher war es Robert Schwan, nun ist es Marcus Höfl. Beim Kampf um die WM-Vergabe 2006 war es freilich auch Fedor Radmann (71), für den der Begriff Strippenzieher hätte erfunden sein können. Radmann wirkte an entscheidender Stelle bei der WM-Vergabe mit, und er war bis 2003 Vizepräsident des Organisationskomitees, ehe er wegen dubioser Geschäfte zum "Berater" degradiert wurde.

Dubios war die WM-Vergabe, dubios waren die Geschäfte von Radmann. Dubios ist auch der Vertrag, den Beckenbauer 2012, zwei Jahre nach der gleichzeitigen Vergabe der WM-Endrunde 2018 an Russland und 2022 an Katar abgeschlossen hat: Für seine Rolle als "Botschafter" der russischen Gaswirtschaft sollen ihm 18 Millionen Euro zugesichert worden sein. Außerdem: Sogar die Ethik-Kommission des Weltverbandes FIFA hat gegen das ehemalige Exko-Mitglied Beckenbauer ermittelt.

Beckenbauer war einst der beste Fußballer seiner Zeit, mit all seiner Eleganz und der unerreichten Fähigkeit, ein Spiel zu lesen. Beckenbauer hat sich dereinst auch beispielhaft vermarktet. Dass er aber das Geldverdienen, wie so viele im Fußball, über so manchen Grundsatz gestellt hat, wird inzwischen auch immer deutlicher.