03.07.2017 12:12 Uhr

Draxler und die neue Rolle: "Julian ist gewachsen"

Julian Draxler hat als Kapitän überzeugt
Julian Draxler hat als Kapitän überzeugt

Julian Draxler kam als einer der letzten Spieler zur rauschenden Siegesparty. Während seine Teamkollegen den Gewinn des Confed Cup schon ausgelassen feierten, saß der Kapitän noch bei der Dopingprobe fest. Symbolcharakter hatte diese Situation nicht. Der Vertreter von Manuel Neuer ist bei der Mini-WM meist vorangegangen - und wurde nach dem 1:0 (1:0)-Finalerfolg gegen Chile zum besten Spieler des Turniers gewählt.

"Für mich", betonte Draxler, "war das Turnier unheimlich wichtig, weil ich in eine neue Rolle geschlüpft bin." Im Stile eines guten Kapitäns schob er aber schnell hinterher: "Aber letztlich zählte die Mannschaftsleistung." Während der zweieinhalb Wochen in Russland stimmte beides.

Der 23-Jährige führte das unerfahrene Perspektivteams des Weltmeisters an. Draxler rief zwar nicht eine Glanzleistung nach der anderen ab und strapazierte die Nerven von Mitspielern und Fans mit seinen Übersteigern auch schon mal, doch über das Turnier gesehen war auf den offensiven Mittelfeldspieler Verlass. "Julian ist an seiner Aufgabe gewachsen. Er hat wirklich Verantwortung übernommen und war ein sehr, sehr guter Kapitän", lobte Bundestrainer Joachim Löw.

Rückflug verschlafen

Das sahen auch andere so. Der ehemalige Schalker und Wolfsburger wurde vor Chiles Alexis Sánchez und Teamkollege Leon Goretzka als bester Spieler ausgezeichnet. "Ich freue mich sehr über den Golden Ball", sagte Draxler, der trotz der Verspätung auch bei der Feier eine tragende Rolle einnahm. Den Rückflug nach Frankfurt verschlief Draxler größtenteils.

Die Ehrung war nach einer Saison voller Höhen und Tiefen auch Balsam für seine Seele. Seinen Abschied aus Wolfsburg im Winter begleiteten Misstöne. Erst bei Paris Saint-Germain fand der Techniker wieder zu seiner Form.

Löw schenkte ihm aber Vertrauen, auch sein umstrittener Kurztrip vor Beginn des Confed Cup änderte daran nichts. Nach der WM-Generalprobe sah sich der Bundestrainer in seiner Einschätzung bestätigt. "Er hat sich auf und neben dem Platz um die jungen Spieler gekümmert, hat sehr viel kommuniziert und für die Mannschaft gedacht", sagte Löw: "Man hat gemerkt, er führt die Mannschaft an, ist ein Gewinnertyp und sich nicht zu schade, weite Wege zu machen. Ich war sehr zufrieden, es hat Spaß gemacht mit ihm."

Draxler hat dabei seinen eigenen Führungsstil entwickelt. Trotz der verantwortungsvollen Rolle war er kein Lautsprecher. Ein brachialer Kabinen-Einpeitscher wird er in diesem Leben ohnehin nicht mehr.

Draxler: Trotz Binde kein "anderer Mensch"

"Ich bin mit der Kapitänsbinde ja nicht von heute auf morgen ein anderer Mensch, der 20-minütige Ansprachen hält", sagte der mit 35 Länderspielen erfahrenste Profi im deutschen Confed-Cup-Kader. Der gestiegenen Verantwortung wurde er auch leise gerecht. "Ich versuche, hier und da zu helfen, weil ich in etwa weiß, wo es langgeht", sagte Draxler.

Das bewies er auch neben dem Platz. Im Namen der Nationalmannschaft bedankte er sich mit einem offenen Brief an die russischen Fußball-Fans für "besondere Tage" beim Confed Cup. "Wir sagen Spasiba und Doswidanja. Und freuen uns schon heute auf unsere Rückkehr im Sommer 2018", hieß es in dem Schreiben.

Auch wenn zahlreiche geschonte Stars wieder zurückkehren und Neuer die Binde übernehmen wird, braucht sich Draxler um einen Platz im WM-Kader keine Sorgen zu machen.

"Er steht für die Generation nach der Generation 2010 um Manuel Neuer. Wenn die mal aufhört, kann Draxler immer noch in der Nationalmannschaft spielen. Er hat sich in Paris fußballerisch noch mal weiterentwickelt, auch von seiner Persönlichkeit her", sagte Löw. Kein Widerspruch.