18.06.2018 12:46 Uhr

DFB-Offenbarungseid: "Haben es noch nicht kapiert"

Jérôme Boateng moniert die Einstellung des DFB-Teams
Jérôme Boateng moniert die Einstellung des DFB-Teams

Keine Einheit, keine Balance, keine Flexibilität - das vogelwilde Auftaktspiel des Weltmeisters war ein taktischer Offenbarungseid. Bundestrainer Joachim Löw und sein Stab sind von einem simplen Kniff der Mexikaner eiskalt erwischt worden und fanden ebenso wie die Mannschaft darauf keine Antwort.

"Sie haben eine andere Taktik gefahren, als wir es teilweise erwartet haben. Wir hatten teilweise nicht die Mittel, haben dann die Konter gefangen", räumte Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff nach der 0:1-Pleite unumwunden ein.

Löw und Co. hatten mit einem hohen Pressing Mexikos gerechnet. Doch der zweimalige WM-Gastgeber zog sich zurück, lauerte auf Ballverluste und nutzte die unfassbaren Räume in der deutschen Defensive nicht nur beim Siegtor von Hirving Lozano.

"Wenn wir mit sieben, acht Spielern angreifen, ist klar, dass die offensive Wucht größer ist als die defensive Stabilität", klagte Innenverteidiger Mats Hummels. Er kritisierte die "einfachen Ballverluste" und "fehlende Absicherung".

Boateng meckert:  "Jetzt ist WM, und wir haben es immer noch nicht kapiert"

Der Weltmeister tappte immer wieder in die mexikanische Falle und zeigte sich nicht lernfähig. "Jetzt ist WM, und wir haben es immer noch nicht kapiert", maulte Jerome Boateng. Hinter Außenverteidiger Joshua Kimmich klaffte mehrmals ein riesiges Loch, Toni Kroos und Sami Khedira schafften es auf der Doppelsechs nicht, die großen Lücken zu schließen. Offensive und Defensive bildeten keine Einheit, die Mannschaft sei "in zwei Hälften geteilt" gewesen, monierte Marco Reus.

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Die Probleme hatten sich bereits bei den Länderspielen in Österreich (1:2) und gegen Saudi-Arabien (2:1) offenbart. "Wenn sich Muster wiederholen, muss man tiefergehen. Wir müssen bei einem Turnier, wo jedes Tor tödlich sein kann, so etwas abstellen", sagte Bierhoff. Gegen Mexiko tat es die DFB-Auswahl (noch) nicht.

Besonders bedenklich: Die Probleme im Umschaltspiel nach Ballverlusten wurden vor dem WM-Auftakt immer wieder angesprochen. Eine Reaktion? Negativ. "Wir haben es ihnen viel zu einfach gemacht, obwohl wir vorher genau wussten, wie wir nicht spielen durften", sagte Hummels.

Jetzt ist Löw gefordert. Die Räume seien "nicht gut besetzt" gewesen, man habe "wahnsinnig lange Wege" zurücklegen müssen, sagte der Bundestrainer. Von seiner taktischen Grundordnung will er aber nicht abweichen: "Wir werden deswegen nicht von unserem Weg abgehen, wir müssen unsere Stärke wiederfinden."

Mexikos entschlüsselte den DFB bereits vor sechs Monaten

Allerdings dürfte auch der kommende Gegner Schweden das deutsche Spiel genau analysiert haben und wird Taktgeber Kroos ebenso zustellen wie die Mexikaner. Deren Trainer Juan Carlos Osorio erklärte stolz, den Spielplan "bereits vor sechs Monaten aufgestellt" zu haben.

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Davon hatte der Weltmeister allerdings nichts mitbekommen und musste sich daher viel Kritik gefallen lassen. "Khedira und Kroos bekommen im Zentrum insgesamt deutlich zu wenig Unterstützung, auch von Draxler und auf der anderen Seite auch von Müller", stellte "ZDF"-Experte Oliver Kahn fest. Ex-Weltmeister Guido Buchwald bemängelte im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten "Defizite in der Raumaufteilung im Mittelfeld", der ehemalige Kapitän Michael Ballack stellte fest: "Die Balance stimmt nicht."

Torhüter Manuel Neuer forderte mit Blick auf das Schweden-Spiel mehr "Tempo im Passspiel". Die Bewegung nach vorne habe gefehlt, so der Kapitän. Wenn der Ball dann doch einmal verloren geht, "darf es nicht passieren, dass es so brennt", sagte Julian Draxler.

Und falls Schweden auch mit einem taktischen Kniff aufwartet? "Der Bundestrainer wird die richtige Lösung finden", sagte Reus.