27.05.2006 20:00 Uhr

Entwarnung zu früh: Gegen Luxemburg ohne Ballack

Genf (dpa) - Die Entwarnung des Bundestrainer kam zu früh: Michael Ballack fällt für das traditionelle Freiburger Warmschießen vor einem großen Turnier doch aus.

Am Vormittag hatte Jürgen Klinsmann noch grünes Licht für einen Einsatz seines am Sprunggelenk verletzten Kapitäns in Freiburg gegen Luxemburg gegeben. Kurz vor dem Abschlusstraining aber musste der Bundestrainer die Kehrtwende verkünden lassen: «Kommando zurück.» Die Entscheidung fiel nach einer Kernspintomographie in einem Genfer Krankenhaus sowie einem Gespräch zwischen Klinsmann, Ballack und DFB-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. «Wir hoffen, dass Ballack in drei bis fünf Tagen wieder mit der Mannschaft trainieren kann», sagte der Mediziner.

Der wichtigste deutsche Feldspieler muss damit nicht nur auf einen Einsatz gegen die Luxemburger verzichten, sondern wahrscheinlich auch für die Partie gegen Japan passen. Allein die Diagnose hat sich nicht negativ verändert: Die DFB-Mediziner sprechen weiter von einer Kapselverletzung im Sprunggelenk des linken Fußes - Bänder seien nicht beschädigt. Der DFB-Kapitän bekam für mindesten drei Tage einen Trainings-Stopp verordnet. Ballack, der erst gar nicht mit in den Breisgau reist und dafür in Genf unter Anleitung von Fitness-Coach Mark Verstegen zusammen mit Philipp Lahm ein Sonderprogramm absolvieren soll, hatte sich die Verletzung am Vortag beim 12:0-Test gegen die A-Jugend von Servette zugezogen. Eine Gefahr für die WM-Teilnahme sieht Klinsmann nicht.

Die Partie in Freiburg wird dennoch nun ungewollt ein Test für den schlimmsten angenommenen Fall: Wie kommt das deutsche Team ohne seinen Chef aus? Vor zwei Jahren beim 7:0 im EM-Test gegen Malta hatte Ballack gleich vier Mal getroffen. Vor der WM 2002 schoss sich Deutschland in Freiburg ebenfalls mit einem 7:0 gegen Kuwait auf das Turnier in Asien ein. Dieses Mal muss das Team ohne Ballack, für den Tim Borowski ins Team rücken dürfte, «ein paar Tore vorlegen», wie Klinsmann verlangte. Die Trainings-Belastung in der Schweiz hat die sportliche Leitung extra gedrosselt, um gegen Sparringspartner Luxemburg eine ausgeruhte Mannschaft ins Rennen schicken zu können.

Klinsmann weiß genau, dass es in den drei letzten WM-Proben gegen Fußball-Zwerg Luxemburg, drei Tage später in Leverkusen gegen WM-Teilnehmer Japan und zuletzt in Mönchengladbach gegen Kolumbien auch um eine positive Stimmung im WM- Land geht, von der das junge Team während des Turniers profitieren soll. «Die Spieler müssen mit engagiertem Auftreten zeigen, dass sie gewinnen wollen. Sie haben einfach eine Verpflichtung gegenüber dem Publikum», erklärte der Bundestrainer. «In Deutschland wächst jetzt die Erwartung», unterstrich DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, der erstmals nach Herz-Operation in Genf wieder zum Team stieß.

Genau zwei Wochen vor dem WM-Eröffnungsspiel am 9. Juni in München hat Klinsmann die ersten fünf Startplätze namentlich vergeben: Neben Ballack sollen Torsten Frings, Bernd Schneider, Miroslav Klose und Jens Lehmann als Torwart Nummer 1 gegen Costa Rica auflaufen, falls sie gesund bleiben. «Das Gerüst steht», verriet der 41-Jährige. Auch ein Platz in der Innenverteidigung ist bereits fest verplant. Obwohl Klinsmann den Namen am Freitag noch nicht lüftete («Das verrate ich nicht»), deutet alles auf den Hannoveraner Per Mertesacker hin.

Sein zweiter Wunschspieler für die zentrale Abwehr scheint Christoph Metzelder zu sein, der sich nach Muskelfaserriss beim Test gegen die Genfer Junioren mit einer guten Leistung zurückgemeldet hatte. «Er ist wieder höchst belastbar», bestätigte Klinsmann, dass Metzelder körperlich seine Rückstände aufgeholt hat. Für die rechte Verteidiger-Position hat Klinsmann neben dem einzigen nominierten Spezialisten Arne Friedrich auch Frings und Schneider als Notlösung auf dem Zettel: «Beide wissen Bescheid.»

Alle WM-Karten will Klinsmann gegen die Luxemburger wie auch in den folgenden zwei Vorbereitungs-Länderspielen noch nicht aufdecken. «Für uns sind das drei Experimentierspiele», kündigte der Wahl-Amerikaner an. Schon in Freiburg sollen insgesamt 17 Spieler aus seinem Kader eine Chance erhalten, mehr dürfen nicht eingesetzt werden. «Die nicht zum Zug kommen, werden auf einem Nebenplatz trainieren», ergänzte der Bundestrainer.

Erst sechs Stunden vor dem Anpfiff wird der DFB-Tross aus Genf losfliegen und in Freiburg ein Tageshotel beziehen. «Ich erwarte, dass sich die Mannschaft alle Mühe gibt und Schritt für Schritt besser in Fahrt kommt», sagte Klinsmann zu seinen Ansprüchen an den Kurz-Trip, bei dem Jens Nowotny nach zwei Jahren sein Comeback in der DFB-Elf feiern und Frings sein 50. Länderspiel bestreiten kann.

Gleich nach Abpfiff geht es um 21.55 Uhr von Lahr nach Genf zurück. Für Mayer-Vorfelder könnte die WM-Mission schon mit dem Viertelfinal-Einzug ein Erfolg werden, falls das deutsche Team gut spielt. «Das Schönste aber wäre», sagte «MV» und schlug Klinsmann bei der Pressekonferenz kräftig auf den Arm, «sein Wort wird Wirklichkeit.» Dann könnte der 73-jährige DFB-Chef mit dem WM-Titel in den Ruhestand gehen.