30.07.2019 17:43 Uhr

Liverpool-Baustellen: Von Kopf bis Fuß

Wie entwickelt sich der FC Liverpool nach dem Champions-League-Sieg
Wie entwickelt sich der FC Liverpool nach dem Champions-League-Sieg

Unter Jürgen Klopp hat sich der FC Liverpool zur vielleicht besten Mannschaften Europas entwickelt. Doch die Reise, die mit dem Gewinn der Champions League ihren vorläufigen Höhepunkt fand, beginnt nun nahezu bei Null. Vor der kommenden Spielzeit steht Klopp vor bisher ungewohnten Herausforderungen. Welche Hürden warten auf die Reds? Wo liegen potenzielle Stolpersteine? Ein Überblick:

  • Der Kopf:

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich nach einem großen Triumph wie dem Gewinn der Champions League eine gewisse Zufriedenheit breit macht. Der "Motivator Klopp" wird alle Hände voll zu tun haben, seiner Elf diese wieder auszutreiben. Für gewöhnlich eine Spezialdisziplin des deutschen Trainers.

Doch schon die ersten Spiele der neuen Saison haben gezeigt, dass die Reds-Stars (noch) nicht voll bei der Sache sind. Weder gegen den BVB (2:3) noch gegen Sevilla (1:2), Sporting (2:2) oder Neapel (0:3) gab es einen Sieg. "Ich kann nicht sagen, dass wir die beste Saisonvorbereitung unseres Lebens hatten", musste Klopp daher auch eingestehen

Noch hat der FC Liverpool genügend Zeit, seine Mannen in Form zu bringen. Leichter macht dies die Aufgabe für Klopp aber nicht. Er muss in diesem Jahr die allerletzten Prozentpunkte aus seinem Team herauskitzeln, um die Vorsaison noch mal zu toppen. Und nichts weniger als das ist das höchst ambitionierte Ziel.

Den Unterschied auf Top-Niveau macht, wie es so schön heißt, meistens der Kopf. Nachdem das Team in den letzten Monaten mit Lob überschüttet wurde, wird es auch für Jürgen Klopp schwer, den Reset-Knopf zu drücken und seine Jungs auf den Boden zurückzuholen.

  • Der Kader:

In den letzten drei Jahren hat Jürgen Klopp den Kader des FC Liverpool sukzessive verstärkt. 2016 wechselten Sadio Mané und Georginio Wijnaldum an die Anfield Road, 2017 kamen Virgil van Dijk, Andrew Robertson und Mohamed Salah, vor der letzten Saison sicherte sich der Klub Alisson, Keita und Fabinho - allesamt wichtige Stützen auf dem Weg zum Champions-League-Titel und der Vize-Meisterschaft. 

Wohin führt Klopp den FC Liverpool?
Wohin führt Klopp den FC Liverpool?

Im Sommer 2019 wird der FC Liverpool dagegen keinen einzigen Superstar verpflichten. Die Vertragsverlängerungen seien "quasi unsere Transfers", begründete Klopp die Zurückhaltung auf dem Transfermarkt. Das macht die Sache für den Trainer nicht unbedingt leichter.

Neue Stars im Team setzen immer auch neue Reize. Spieler müssen um ihre Positionen kämpfen, sich gegen die Neuen wehren bzw. die "Alten" verdrängen. Diese Art des Konkurrenzkampfes, der sich seit Jahren bewährt hat, gibt es in Liverpool in dieser Saison nicht. Auf der anderen Seite hat Klopp auf diese Weise eine wichtige Konstante was die Teamchemie auf und neben dem Platz angeht.

Allerdings betreten der 52-Jährige und seine Mannschaft bislang unbekanntes Gebiet. Nicht ein einziger CL-Sieger der letzten Jahre hat darauf verzichtet, seinen Kader nach dem Triumph in der Königsklasse nachzurüsten. Liverpool wird anderen Klubs zeigen, ob dieser Weg der richtige ist. Die Chance besteht, dass er es nicht ist.

  • Die Beine:

Bei aller Qualität, über die der Kader des FC Liverpool verfügt, stellt sich vor der nächsten Saison mit 50+ Spielen die Frage, ob das Aufgebot groß genug ist, um in allen Wettbewerben eine entscheidende Rolle zu spielen. Ein Thema, das Klopp ganz sicher beschäftigt.

In der letzten Saison hatte Liverpool auch das Glück, vom Verletzungspech verschont zu bleiben. Wichtige Leistungsträger waren so gut wie nie verletzt. Spieler wie Salah, van Dijk, Mané, Robertson und Firmino fielen nie länger als zwei Wochen aus.

Klopp weiß nur zu gut, dass es sein Team in der nächsten Saison härter treffen könnte. Nicht umsonst kritisierte der Coach bei seinem jüngsten Rundumschlag den in seinen Augen zu vollen Terminkalender. Ausgerechnet sein erfolgreicher, aber auch kraftraubender Spielstil könnte in diesem Zusammenhang Opfer fordern.

Vor diesem Hintergrund wäre es vielleicht ratsam gewesen, den Kader in der Breite zu verstärken. So bleibt Klopp im Fall der Fälle "nur" der Griff in die zweite Reihe oder auf die vereinseigenen Talente. Dafür hat er zuletzt ein grandioses Händchen bewiesen. Eine Garantie, dass die jungen Spieler in die Bresche springen, gibt es aber nicht.

  • Die Fans:

So groß die Freude über den Gewinn der Champions League auch war, so sehr sehnen die Fans des FC Liverpool die Meisterschaft herbei. Seit 1990 warten die Anhänger nun schon auf diesen so prestigeträchtigen Titel. Klopp hat sich genügend Kredit erspielt, um nicht vom Gewinn der Trophäe abhängig zu sein. Den Druck von außen werden er und sein Team aber ganz sicher spüren.

Dazu haben die Reds selbst die Latte in den letzten Jahren enorm hoch gelegt. 97 Punkte und nur eine Niederlage sind der Maßstab. Dass die Mannschaft noch mal in diese Spähren vorstößt, ist sicherlich möglich, aber nicht besonders wahrscheinlich. Den ein oder anderen Fan wird das womöglich verstimmen.

Christian Schenzel