28.06.2022 12:31 Uhr

Neuendorf nimmt Faeser mit: DFB positioniert sich

Bernd Neuendorf ist DFB-Präsident
Bernd Neuendorf ist DFB-Präsident

Der DFB positioniert sich immer klarer in der Katar-Frage. Präsident Bernd Neuendorf nimmt sogar Innenministerin Nancy Faeser mit ins WM-Gastgeberland.

Die Generalsekretärin wurde bereits in die Wüste geschickt, der Präsident macht sich bald mit der Innenministerin auf den Weg, der Nationalmannschafts-Chef kritisiert deutlich wie nie: Knapp fünf Monate vor der WM-Endrunde wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung als größter Einzelsportverband der Welt gerecht und steht mittlerweile eindeutig im Lager der Katar-Kritiker.

Dass DFB-Boss Bernd Neuendorf vor dem Turnier (21. November bis 18. Dezember) mit der für den Sport zuständigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ins Emirat reisen wird, ist ein weiteres Indiz für die immer deutlicher zu Tage tretende Haltung des Verbandes. Obwohl es dem Weltverband FIFA um "Katar-Fan" Gianni Infantino an der Spitze ein Dorn im Auge sein dürfte, macht der DFB keinen Hehl mehr daraus, dass die äußerst umstrittene Vergabe ins Emirat aus seiner Sicht ein Fehler war.

"Wie konnte die FIFA die WM in dieses Land geben?", fragte Oliver Bierhoff in seiner Rolle als DFB-Direktor Nationalmannschaften zuletzt mit Blick auf die von vielen Seiten angeprangerte Menschenrechtslage im Land des Endrunden-Gastgebers. Gleichzeitig kündigte Bierhoff an, dass der DFB bei ähnlichen Entwicklungen nicht mehr tatenlos zusehen wolle. Der Verband müsse darauf einwirken, "dass die nächste Vergabe auch nur an Länder erfolgt, in der solche Dinge nicht passieren".

Damit liegt der DFB voll auf der Linie von Katar-Chefkritikerin Lise Klaveness. "Es ist wichtig, dass wir Fußballchefs noch mehr tun, um eine weitere negative Entwicklung im internationalen Fußball zu verhindern", sagte die norwegische Verbandspräsidentin.

Klaveness hat sich zu Wochenbeginn wie andere Delegationen aus europäischen Verbänden auf den Weg an den Persischen Golf gemacht, um mit dem WM-Organisationskomitee und der katarischen Regierung über die Menschenrechtslage zu diskutieren. DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich ist als Mitglied der zuständigen Arbeitsgruppe der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sogar von Amtswegen immer wieder vor Ort.

Neuendorf über Katar: "Vergabe ist fragwürdig"

Kritische Gespräche peilen sicher auch Neuendorf und Faeser bei ihrer Reise an. Was Neuendorf von der Wüsten-WM hält, machte er allerdings bereits deutlich. "Die Vergabe ist fragwürdig", sagte der 60-Jährige zuletzt: "Ob es wirklich die größte und tollste Veranstaltung aller Zeiten wird - dahinter würde ich mal ein Fragezeichen setzen."

Mit dieser Aussage reagierte der DFB-Boss auf die jüngste Einlassung Infantinos, der mit Blick auf die Endrunde "die größte Show der Welt und die beste WM aller Zeiten" versprach - und damit wieder einmal Kopfschütteln auslöste.

Die Äußerungen Neuendorfs lassen bereits erahnen, dass der DFB-Präsident als künftiges Mitglied im FIFA-Council eine Oppositionsrolle zu Infantino einnehmen dürfte. Angesichts der dubiosen Machenschaften und bizarren Auftritte des FIFA-Chefs sind integre Haltungen in dem Gremium auch bitter nötig.

"Natürlich registriere ich die Kritik an Infantino", sagte Neuendorf, der vor seiner als sicher geltenden Berufung ins Council im kommenden Jahr aber noch vorsichtig formuliert: "Ich will aber erst einmal persönlich in einen Dialog mit ihm treten. Ohne diesen Dialog möchte ich mich nicht abschließend positionieren."

Ähnlich äußerte sich Neuendorf zunächst auch beim Thema Katar. Doch da ging die Zeit der Zurückhaltung zügig vorbei.