17.06.2014 13:04 Uhr

Herbe Kritik für Nigeria-Trainer Keshi

Stephen Keshi muss sich Kritik gefallen lassen
Stephen Keshi muss sich Kritik gefallen lassen

90 schwache Minuten haben gereicht, um den einst gefeierten Erfolgstrainer Stephen Keshi bei Afrikameister Nigeria infrage zu stellen. Nach der langweiligen Nullnummer am Montag gegen den extrem defensiven Iran in der bisher mit Abstand schwächsten Partie der Fußball-WM in Brasilien haben sich ehemalige Stars und Medien auf Keshi eingeschossen.

"Stephen Keshi ist der falsche Coach für die WM", schrieb die Zeitung "Vanguard" nach dem 0:0 in Curitiba. Auch der frühere Teamspieler Jay Jay Okocha lastete dem Trainer den verspielten Sieg an. "Keshi sollte für die Spielweise verantwortlich gemacht werden. Seine Wechsel waren schwach. Vor dem Spiel hat er gesagt, dass afrikanische Teams taktisch nicht diszipliniert sind. Ich habe nichts Neues gesehen", erklärte Okocha.

Vom Helden zum Buhmann

Dabei war Keshi im vergangenen Jahr noch gefeiert worden, als er die "Super Eagles" überraschend zum ersten Gewinn des Afrika-Cups nach 19 Jahren geführt hatte. Die harschen Reaktionen waren aber wohl in erster Linie Ausdruck der großen Enttäuschung, nachdem das Team mit so großen Erwartungen nach Brasilien gefahren war. Doch anstelle des fest eingeplanten Startsieges gegen den Außenseiter wartet Nigeria weiter seit 16 Jahren auf einen Sieg bei der WM.

Die Afrikaner müssen sich nach dem Ausrutscher gegen den als am schwächsten eingeschätzten Kontrahenten nun gegen Bosnien-Herzegowina gewaltig steigern, um die Chance auf ihr Minimalziel Achtelfinale zu wahren. "Wir müssen nach vorne denken", forderte Keshi und versicherte, sich gegen den Samstag-Gegner und Topfavorit Argentinien "besser vorzubereiten".

Ungeduldig, aber auch ohne echten Plan stürmte Nigeria nach vorn. Dabei scheiterten sie immer wieder an der eigenen Abschlussschwäche oder dem iranischen Bollwerk. "Es war einfach frustrierend. Die standen mit elf Mann hinten", mokierte sich John Obi Mikel über den defensiv ausgerichteten Gegner. "Sie wollten uns frustrieren und wir sind alle enttäuscht." Der Star vom FC Chelsea war nicht der erhoffte Ideen- und Taktgeber und passte sich dem schwachen Niveau seiner Kollegen nahtlos an.

Iran hat Grund zum Feiern

Neben der eigenen Ungeduld kritisierte Keshi auch die Mauertaktik der asiatischen Nummer 1: "Die machten keine Anstrengungen für die Offensive." Zugleich erklärte der Coach, man müsse dem Iran "Respekt erweisen. Sie hatten einen Plan und haben den auch umgesetzt."

Überrascht konnte Keshi davon eigentlich nicht sein. Schließlich hatte Irans Trainer Carlos Queiroz diese defensive Taktik gleich mehrfach angekündigt. Er verteidigte seine Strategie nach dem Schlusspfiff erneut. "Man muss unsere Leistung vor dem Hintergrund sehen, dass unsere Spieler nicht bei Real Madrid, Liverpool oder Chelsea spielen."

Sie seien teilweise sogar Amateure. "Ich muss meine Spieler loben", sagte der Portugiese. "Sie verdienen Sympathie und Respekt. Wir haben Grund zum Feiern." Zugleich wies er auf finanzielle, strukturelle und verbandspolitische Probleme hin: "Wir haben nicht die gleichen Voraussetzungen wie andere Teams."

Dass es von den Tribünen wegen der destruktiven Spielweise immer wieder gellende Pfiffe gehagelt hatte, störte Queiroz nicht im Geringsten. "Ich gehe lieber mit einem Punkt und Buhrufen als mit Applaus und einer Niederlage", sagte er gelassen. Er sei nun müde und wolle einfach nur den Punktgewinn genießen.

Mehr dazu:
>> Iran und Nigeria mit müder Nullnummer

apa