06.06.2015 22:43 Uhr

Ter Stegen genießt den Triumph

Marc-André ter Stegen ist mit seiner Mannschaft auf dem Thron angekommen
Marc-André ter Stegen ist mit seiner Mannschaft auf dem Thron angekommen

Mit 23 Jahren ist Marc-André ter Stegen im Torhüter-Olymp. Als jüngster deutscher Schlussmann hat der gebürtige Gladbacher die Champions League gewonnen.

Beim 3:1 (1:0) seines FC Barcelona gegen Juventus Turin genoss ter Stegen den Triumph mit Schlusspfiff im Berliner Olympiastadion zunächst ganz alleine in seinem Strafraum. Vor ihm durften erst vier anderen deutsche Keeper den Champions-League-Pokal in den Himmel recken: Bodo Illgner, Stefan Klos, ter Stegens großes Vorbild Oliver Kahn und Manuel Neuer.

Lange war der deutsche U21-Nationaltorhüter nicht gefordert, war dann beim ersten gefährlichen Turiner Angriff aber schuldlos am Gegentor. Seine einzige Schwäche blieb folgenlos, als er eine Viertelstunde vor Schluss eine Ecke unglücklich auf den eigenen Mann abwehrte.

Zweiter internationaler Titel

Es ist Ter Stegens zweiter internationaler Titel nach der U17-EM 2009. Zwar holte Barça in Spanien auch Meisterschaft und den Pokal, allerdings steht bei Ligaspielen Konkurrent Claudio Bravo zwischen den Pfosten.

Als einer der ersten war ter Stegen anderthalb Stunden vor dem Anpfiff aus dem Mannschaftsbus gestiegen. Mit ernstem Blick schritt er durch die Katakomben des Olympiastadions Richtung Kabine, während Neymar als einer der Letzten locker ein Liedchen pfiff. Der Torhüter wirkte schon lange vor dem Spiel sehr fokussiert. Ganz allein betrat er das Spielfeld, beim Warmmachen schaute er andächtig in die Barça-Kurve.

Die erste echte Gefühlsregung zeigte er bei der frühen Führung Barcelonas. Als der Ex-Schalker Ivan Rakitic bereits nach vier Minuten traf, brüllte Ter Stegen seine Freude in Richtung der katalanischen Fans.

Ruhig und abgeklärt

Die erste brenzlige Situation gab es nur wenige Augenblicke später, doch Ex-Bundesligaprofi Arturo Vidal schoss über ter Stegens Tor. Dessen mutiger Pass an zwei Juve-Akteuren vorbei direkt auf Lionel Messi zeigte viel von der hohen fußballerischen Qualität des früheren Gladbachers, der vor dem Finale sechsmal in der Königsklasse kein Tor zuließ. "Es gibt Feldspieler, die nicht so gute Pässe schlagen können wie er", sagte vor dem Spiel Innenverteidiger Gerard Piqué, dem die Ruhe des 23-Jährigen gefällt: "Er spielt so, als ob nichts auf dem Spiel steht, es ist unglaublich."

Lange wurde ter Stegen nicht wirklich geprüft, strahlte mit seinen leuchtend neon-orangen Handschuhen Ruhe und Abgeklärtheit aus. Kurze Abschläge fanden meistens ihr Ziel. Der Prototyp des mitspielenden Torwarts wurde zunächst nicht gefordert. Beinahe lässig-verspielt hüpfte ter Stegen zur Pause die Treppen zur Kabine herunter.

Machtlos gegen Moratas Nachschuss

Dass Barcelona seine drückende Überlegenheit nicht zu einer höheren Führung nutzte, rächte sich zehn Minuten nach Wiederanpfiff. Der erste wirklich gefährlichen Juve-Angriff brachte den Ausgleich. Zuerst rettete ter Stegen mit starken Reflex noch gegen Carlos Tevez, war aber gegen den Nachschuss Alvaro Moratas machtlos. In der Schlussphase aber hielt Ter Stegen den Sieg gleich zweimal fest.

Im Herbst, wenn Bundestrainer Joachim Löw im deutschen Weltmeisterteam die Hierarchie der Schlussmänner hinter dem unantastbaren Bayern-Keeper Manuel Neuer mit Blickrichtung EM 2016 neu ordnen will, ist ter Stegen ganz vorne mit dabei. "Da wird mit Sicherheit etwas passieren", sagte Löw vor dem Spiel im ZDF. Für den Bundestrainer sowie seinen Torwartcoach Andreas Köpke ist ter Stegen vom Talent, vom Ehrgeiz und auch von der Spielweise her schon lange derjenige, der am ehesten sogar Neuer etwas Druck machen könnte.

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dpa