03.06.2016 16:00 Uhr

Generalprobe gegen den großen Abwesenden

Marcel Koller will einen Schritt nach vorne sehen
Marcel Koller will einen Schritt nach vorne sehen

Österreichs Nationalteam empfängt am Samstag (ab 20:30 Uhr im weltfussball-Liveticker) im letzten Test vor der Europameisterschaft die Niederlande. Es ist ein echter Härtertest, denn gegen die neuformierte Elftal erwartet sich ÖFB-Teamchef Marcel Koller vor allem eine Annäherung an die Turnierform.

Abergläubische Theatermacher haben keine Probleme mit Pannen bei der Generalprobe, gemeinhin verheißen sie erfolgreiche Premieren. Österreichs Erfolgscoach Koller bittet sein Ensemble am Samstagabend auf die Bühne im Wiener Ernst Happel-Stadion, bevor es zur EM in Frankreich geht, wo am 14. Juni das Auftaktspiel gegen Ungarn auf dem Programm steht. Zum Abschied wäre naturgemäß ein Sieg gegen die Niederlande gebührend.

Ob es tatsächlich zum ersten vollen Erfolg gegen den dreifachen Vizeweltmeister Niederlande seit 1990 reicht, wird seit dem bescheidenen 2:1-Sieg gegen Malta gemeinhin bezweifelt. Eine Niederlage wäre keine Katastrophe. "Konzentrationsfehler kann es immer geben", wusste Koller, "es gab sie auch in der Qualifikation. Das Ziel ist so wenige wie möglich zu haben, aber es ist menschlich, dass es nicht immer gelingt."

Auch Kapitän Christian Fuchs wies auf den Charakter der Partie hin: "Man sollte das Ergebnis nicht überbewerten, es ist immer noch ein Testspiel. Es geht erst so richtig zur Sache bei der Europameisterschaft." Trotzdem gilt: "Wir gehen in jedes Spiel um es zu gewinnen."

Worum es vornehmlich geht, erläuterte Marcel Koller: "Es wird ein anderer Test als am Dienstag, wir werden voll gefordert. Wir wollen zeigen, dass wir einen Schritt weitergekommen sind." Nach Regeneration mit Klettern und Golfen in der Heimat des Teamchefs, soll sukzessive der Ernst im ÖFB-Team einkehren. "Es geht um das Selbstverständnis, dass man sich findet", so Koller weiter. "Viel unterwegs sein, in der Defensive Arbeit verrichten und in der Offensive die Präzision", verwies der Schweizer einmal mehr auf seine fußballerischen Grundsätze. Wichtig sei die Konzentration der Spieler, die Laufbereitschaft wohl sogar entscheidend im Duell mit den Niederländern.

Koller bedauert EM-Abwesenheit der Elftal

Wenngleich die Oranjes in der Qualifikation das regelrechte Kunststück vollbrachten, selbst eine auf 24 Teams aufgestockte EM zu verpassen, umgibt die Elftal noch immer die Aura früherer Größe. Marcel Koller befand zum Gegner: "Ich finde es schade, dass die Holländer nicht dabei sind, weil sie eine hervorragende Mannschaft haben. Auch wenn der eine oder andere Topspieler nicht dabei ist, sie haben ein System das sie schon über mehrere Jahre spielen."

Im niederländischen Kader stehen einige Spieler ohne oder mit nur wenig Länderspielerfahrung. Sie hätten laut Koller dennoch "gute Leistungen" gezeigt. Die jüngsten Ergebnisse gegen andere EM-Teilnehmer sprechen für sich: Eine knappe 2:3-Niederlage gegen Frankreich und ein 2:1-Sieg gegen England im März, zuletzt ein 1:1-Remis in Irland sowie ein 2:1-Erfolg in Polen. Dennoch hoffte Koller: "Sie sind spielstark, aber wir wollen ihnen unser Spiel aufzwingen."

Torhüter Robert Almer, der sich in Klagenfurt gegen Malta noch von Heinz Lindner und Ramazan Özcan vertreten ließ, war sich sicher, dass die Niederlande ein "guter Härtetest, wo uns alles abverlangt wird" seien. Christian Fuchs wollte von einer angezogenen Handbremse gar nichts wissen. "Ich denke, das ist die falsche Herangehensweise. Wenn ich jetzt schon dran denke, 'Letztes Spiel vor der EM, ja nicht verletzen', dann ist die Gefahr größer, dass was passiert", versprach der frischgebackene englische Meister auch im Probelauf Vollgas.

Fuchs tritt dem Henker furchtlos entgegen

Aus der Premier League kennt Fuchs bereits den einen oder anderen Gegenspieler. Die Erinnerungen sind durchwegs gut. "Ich habe immer zumindest einen Punkt geholt", erinnerte sich der Außenverteidiger an Duelle etwa mit Georginio Wijnaldum (Newcastle) und Virgil van Dijk (Southampton). Letzteren beschreibt Fuchs als "richtigen Henker, mit enormen Vorwärtsdrang."

Teamchef Koller verstand sich auch vor dem abschließenden Test im Aufstellungspoker. Er werde "die Spieler aufbieten, die am fittesten sind und die richtigen sind für das Spiel." Die Chance, sich am letzten Drücker noch für einen Platz in der Startelf zu empfehlen mag vorhanden sein. "Stand jetzt ist nicht vorgesehen, dass wir alles durchwechseln. Das hängt aber auch vom Spiel ab", schränkte Koller die ihm möglichen sechs Wechsel freiwillig ein. Kein Wunder, bei der Generalprobe geht es schließlich um Automatismen im Ablauf und das Selbstverständnis als Mannschaft.

Mehr dazu:
>> ÖFB-Team bei Generalproben oft siegreich 

Sebastian Kelterer