29.09.2016 10:13 Uhr

Bei Rapid ist Videoanalyse Pausenprogramm

Mike Büskens nützt die ihm zur Verfügung stehenden Mittel gerne aus
Mike Büskens nützt die ihm zur Verfügung stehenden Mittel gerne aus

Bei Rapid Wien wird die Halbzeitpause bisweilen zum multimedialen Erlebnis. Trainer Mike Büskens nimmt die Analyse der vorangegangenen 45 Minuten nicht nur in verbaler Form vor, sondern untermauert seine Botschaften an die Spieler oft auch mit Video-Sequenzen, die von Stefan Oesen praktisch in Echtzeit aufbereitet werden.

Dabei steht neben dem Verhalten bei Standard-Situationen vor allem die richtige Raumaufteilung im Mittelpunkt. "Es geht darum zu sehen, wo es Räume beim Gegner gibt und wie wir uns besser positionieren können, damit wir dem Gegner keine Räume bieten", erklärte Büskens.

In der Praxis läuft das im Allianz Stadion folgendermaßen ab: Oesen sitzt, manchmal unterstützt vom zweiten Video-Analysten Maurizio Zoccola, auf der Tribüne vor seinem Laptop und hat dort Live-Zugriff auf die Bilder der Panoramakamera, die aus zwei Linsen besteht. Jede von ihnen ist auf jeweils eine Spielhälfte gerichtet, ihre Aufnahmen verschmelzen zu einem Gesamtbild und dienen genauso dem Erkenntnisgewinn wie die Mitschnitte der beiden Hintertor-Kameras. Diese Systeme wurden im Zuge des Neubaus eigens für Rapids Video-Analyse installiert.

Oesen speichert markante Szenen während des Spiels sofort ab und bespricht sie unmittelbar nach dem Pausenpfiff in der Trainer-Kabine mit dem Betreuerstab um Büskens. Danach wird entschieden, ob beziehungsweise wie viele Ausschnitte die Spieler zu sehen bekommen. "Wir setzen das situativ ein, manchmal reden wir mit den Jungs auch nur darüber. Aber je mehr Sinne man anspricht, desto mehr verfestigt sich das Ganze", erläuterte der Chefcoach.

Oesen kennt Büskens' Denkweise

Bei der Auswahl der Sequenzen liegen Büskens und Oesen auf einer Wellenlänge. "Er weiß, wie ich denke", meinte der Deutsche, und Oesen pflichtete ihm bei. "Ich bin jeden Tag auf dem Trainingsplatz, da lernt man sich kennen."

Der Salzburger ist promovierter Sportwissenschafter und wurde im März 2014 vom damaligen Trainer Zoran Barisic in den Betreuerstab aufgenommen. Seither beschäftigt sich Oesen mit kommenden Rapid-Gegnern und erstellt auch Halbzeit-Videoanalysen für Steffen Hofmann und Co.

Seine Arbeit wurde durch die Infrastruktur im neuen Stadion deutlich erleichtert. Die geschnittenen Aufnahmen der Panorama- und Hintertor-Kameras können schnell auf die großen TV-Schirme übertragen werden, die in der Trainer- und Spieler-Kabine hängen.

In Bilbao nur Camcorder und Laptop

Etwas komplizierter wird die Sache bei Auswärtsspielen wie am Donnerstag in der Europa League gegen Athletic Bilbao (ab 21:05 Uhr im weltfussball-Liveticker). In diesem Fall nimmt Oesen seinen Camcorder samt Mini-Stativ auf die Tribüne mit und richtet ihn auf den Bereich von Abwehrkette zu Abwehrkette. Die daraus entstandenen Videos gibt es für die Spieler nicht auf einem Big Screen, sondern lediglich auf einem Laptop zu sehen.

Die Grundidee bleibt aber gleich: Die Kicker sollen auf Möglichkeiten zur Steigerung der eigenen Leistung ebenso hingewiesen werden wie auf Schwachstellen des Gegners, und das auf fundierte und rationale Art und Weise. "Der Zugang des Trainers ist nicht der eines Bestrafers, sondern der, den Spielern helfen zu wollen", betonte Oesen.

Diese Herangehensweise dürfte sich etwa in der ersten Partie der Europa-League-Gruppenphase bezahlt gemacht haben. Damals hatte Rapid Glück, zur Pause daheim gegen Genk nur 0:1 in Rückstand zu liegen - am Ende siegten die Hütteldorfer mit 3:2. "Es ist schwer zu sagen, was es wirklich bringt, aber wenn man sich ansieht, wie in diesem Match gewisse Situationen entstanden sind, deutet das schon darauf hin, dass das etwas mit der Videoanalyse zu tun haben könnte", schmunzelte Oesen.

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apa