28.03.2018 13:07 Uhr

"In Ruhe analysieren": Russland fürchtet WM-GAU

Stanislav Cherchesov will die Niederlagen in Ruhe analysieren
Stanislav Cherchesov will die Niederlagen in Ruhe analysieren

Russland sucht weiter nach seiner Form. Nach dem 0:3 gegen Brasilien unterlag der Gastgeber der Fußball-WM nun 1:3 gegen Frankreich.

Den Applaus einiger Journalisten zu Beginn der Pressekonferenz quittierte Stanislav Cherchesov noch mit einem Lächeln. Doch dann verfinsterte sich die Miene des russischen Fußball-Nationaltrainers zusehends. Die kritischen Fragen zur fehlenden Form des WM-Gastgebers zweieinhalb Monate vor dem Eröffnungsspiel gegen Saudi-Arabien setzten dem früheren Bundesligaprofi nach dem 1:3 (0:1) gegen Frankreich zu.

Gegen Ende der ausgiebigen Fragerunde in St. Petersburg, bei der Cherchesov auch über nicht nominierte Spieler sprechen musste, wurde es dem Coach zu bunt. "Wir müssen hier nicht über alles und jeden philosophieren", sagte der frühere Torwart von Dynamo Dresden, dessen Mannschaft schon vier Tage zuvor 0:3 (0:0) gegen Brasilien verloren hatte: "Der Kandidatenkreis steht. Und außerdem spielen wir bei der WM nicht gegen Frankreich und Brasilien."

Das stimmt - allerdings nur beim Blick auf die Gruppenphase. Falls sich die Russen nicht steigern, könnte es nach den Vorrundenpartien gegen Saudi-Arabien, Ägypten und Uruguay aber ohnehin keine weiteren Spiele für den Gastgeber bei der Endrunde (14. Juni bis 15. Juli) geben. Fünf Begegnungen ohne Sieg in Folge lassen kaum Raum für allzu große Hoffnungen, mit ihren Auftritten sorgt die Nationalmannschaft nicht unbedingt für Vorfreude auf die WM.

Ex-Buli-Duo kann Niederlage nicht verhindern

Es reicht noch nicht einmal für ein wenig Ablenkung vom derzeit getrübten Alltag. Die Brandkatastrophe in einem Einkaufzentrum in Kemerovo mit mindestens 69 Toten und die diplomatische Krise nach dem Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal halten Russland nach wir vor in Atem. Und so war Staatspräsident Vladimir Putin am Dienstag auch nicht in St. Petersburg, sondern musste in Kemerovo wichtigere Fragen von aufgebrachten Hinterbliebenen beantworten.

Viel verpasst hat Putin nicht - zumindest aus russischer Sicht. Jungstar Kylian Mbappe (40., 83.) von Paris St. Germain und Paul Pogba (49.) von Manchester United trafen für den Weltmeister von 1998. Fedor Smolov (68.) konnte für die Russen nur verkürzen. Bei den Gastgebern stand der ehemalige Schalker Roman Neustädter in der Startelf, der frühere Kölner Konstantin Rausch wurde nach der Pause eingewechselt. Die ehemaligen Bundesligaprofis waren nach dem Brasilien-Spiel vom russischen Verband RFS wegen eines nächtlichen Klubbesuchs mit einer Geldstrafe belegt worden.

"Keiner hat es geschafft, fehlerfrei zu bleiben"

"Alle haben diesmal ihr Bestes gegeben. Aber keiner hat es geschafft, fehlerfrei zu bleiben. Wir müssen das Ganze nun in Ruhe analysieren", kommentierte Cherchesov die Niederlage. Eine Erkenntnis war für den 54-Jährigen aber offensichtlich, sie dürfte ein Fingerzeig auf die Taktik bei der Endrunde sein - die Russen werden bei möglichen Spielen gegen Topteams wohl "Beton anrühren".

"Zuletzt wurden wir für unsere Schwäche in der Offensive kritisiert", sagte Cherchesov: "Gegen Brasilien haben wir in der zweiten Hälfte offensiv gespielt - und drei Tore kassiert. Diesmal haben wir von Beginn an offensiv gespielt - und drei Tore kassiert. Das zeigt, dass wir Probleme bekommen, wenn wir gegen solche Gegner offensiv spielen."