28.05.2018 08:07 Uhr

Pavard: Dauerbrenner geht durch die Decke

Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart fährt mit Frankreich zur Fußball-WM
Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart fährt mit Frankreich zur Fußball-WM

Der 22-jährige Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart gehört trotz seines jungen Alters bereits zu den besten Abwehrspielern der Fußball-Bundesliga. Zudem steht der Youngster im Kader der französischen Nationalmannschaft für die WM in Russland. Bei der Endrunde kann sich Pavard für die ganz großen europäischen Klubs empfehlen - womöglich sogar für den FC Bayern München.

Den wohl besten Transfer-Deal des VfB Stuttgart in den letzten Jahren fädelte noch Jan Schindelmeiser ein. Ende August 2016 verkündete der damalige Sportvorstand der Schwaben die Verpflichtung von Benjamin Pavard vom OSC Lille. Für schlappe drei Millionen Euro lotste Schindelmeiser das Riesentalent aus der Ligue 1 in die 2. Bundesliga.

"Mit Benjamin Pavard haben wir einen sehr gut ausgebildeten, spielstarken Abwehrspieler verpflichten können", sagte Schindelmeiser. "Wir trauen ihm eine tolle Entwicklung zu."

Zwei Jahre später lässt sich festhalten: Schindelmeisers Voraussage war stark untertrieben. Zwar ist der Manager selbst wegen Unstimmigkeiten mit der Vereinsführung längst Geschichte im Ländle. Doch Pavard ist noch da - und hat eine viel rasantere Entwicklung genommen, als es sich wohl selbst die VfB-Bosse damals erträumt hatten.

Pavard einer von vier Dauerbrennern der Bundesliga

Nach einer starken Zweitliga-Saison, die im Stuttgarter Aufstieg gipfelte, machte Pavard in der abgelaufenen Bundesligaspielzeit noch einmal einen gewaltigen Sprung. In jedem Spiel stand der 1,86-Meter-Schlaks von Anfang bis Ende auf dem Platz. Er war damit einer von nur vier "Dauerbrennern" unter den Feldspielern im deutschen Oberhaus (neben Pavard noch Matthias Ginter, Naldo und Christian Günter), die keine Minute Spielzeit ihrer Mannschaft verpassten.

Egal ob unter Trainer Hannes Wolf oder dessen Nachfolger Tayfun Korkut, ob auf seiner angestammten Position als Innenverteidiger, als Rechtsverteidiger, defensiver Mittelfeldspieler oder im rechten Mittelfeld - Pavard überzeugte immer. Am sensationellen siebten Platz des VfB hatte der Jungspund maßgeblichen Anteil.

"Er ist ein unglaublich kompletter Spieler. Er ist schnell, zweikampfstark, gut am Ball, hat einen guten rechten und einen guten linken Fuß. Er ist intelligent und für sein Alter schon wahnsinnig reif", schwärmt René Girard, Pavards erster Profi-Trainer in Lille, gegenüber "Bild" von seinem früheren Schützling. 

Der Defensivallrounder sei "ein­deu­tig auf dem Weg vom Aus­nah­me­ta­lent zum in­ter­na­tio­na­len Topspie­ler", sagt Michael Reschke, Schindelmeisers Nachfolger als Stuttgarter Sportchef.

Pavard als Stammspieler mit Frankreich zur WM?

Die herausragenden Leistungen Pavards blieben auch Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps nicht verborgen. Beim Testspiel gegen Wales am 10. November 2017 (2:0) verhalf er dem Juwel als Einwechselspieler zum Debüt in der Équipe Tricolore. Auch gegen Deutschland (2:2) vier Tage später kam Pavard von der Bank. Ende März 2018 stand er in Russland (3:1) erstmals in der Startelf der Franzosen.

Dass Deschamps auch bei der Nominierung seines WM-Kaders auf den VfB-Hoffnungsträger setzte, überraschte deshalb nur bedingt. Der Jungnationalspieler hat sogar gute Aussichten, in Russland zur Stammformation des Titel-Favoriten zu gehören.

Zwar ist die Innenverteidigung Frankreichs mit Raphael Varane (Real Madrid) und Samuel Umtiti (FC Barcelona) herausragend gut besetzt. Doch sieht Deschamps Pavard ohnehin eher als rechten Verteidiger. Auf dieser Position ist die Konkurrenz mit Djibril Sidibé (AS Monaco) zwar ebenfalls hochklassig. Pavard scheint im Duell mit seinem früheren Vereinskollegen aus Lille aber keineswegs chancenlos zu sein.

Verlässt Pavard den VfB Stuttgart bereits im Sommer?

In Stuttgart blicken sie deswegen mit viel Stolz, aber auch etwas Sorge nach Russland. "Wenn Benjamin eine gute WM spielt und viele Minuten bekommt, wird's schwer für den VfB, ihn zu halten. Macht er so weiter, landet er definitiv bald bei einem Top-Klub", sagt Förderer Girard.

VfB-Manager Reschke gab via "Sport Bild" unlängst vorsorglich schon einmal bekannt, selbst bei einem Angebot über 30 Millionen Euro für Pavard, "nicht mal die Tür aufzumachen". Beim Interesse eines internationalen Schwergewichts werde man sich mit dem Spieler und seinem Berater aber "seriös zusammensetzen". Eine Ausstiegsklausel gibt es nicht im bis 2021 datierten Vertrag des Profis.

Heißt: Ob Pavard dem VfB in der kommenden Transferperiode verlässt, ist in erster Linie eine Frage der Ablösesumme. Diese könnte bei den gehandelten Interessenten für den Newcomer durchaus in schwindelerregende Höhe schnellen.

Der englische Tabellendritte Tottenham Hotspur wird bereits seit längerem mit Pavard in Verbindung gebracht. Der FC Liverpool soll ebenfalls Interesse haben. Laut einem Medienbericht aus Frankreich beschäftigt sich auch Bayern München intensiv mit dem Stuttgarter.

Der VfB dürfte gerade angesichts der knapp verpassten Qualifikation für den internationalen Wettbewerb jedenfalls bald zu klein für Pavard werden. "Ich mache kein Geheimnis daraus, dass es mein Ziel ist, irgendwann in der Champions League zu spielen", sagte der Shooting-Star im April im Interview mit "Sport Bild".

Tobias Knoop