23.11.2022 19:30 Uhr

Deshalb droht Deutschland erneut das WM-Aus

Deutschland droht bei der Fußball-WM das Aus
Deutschland droht bei der Fußball-WM das Aus

Eine knappe Stunde lang dominierte Deutschland den WM-Auftakt gegen Japan trotz diverser Aussetzer und hätte höher führen müssen. Anschließend verfiel die DFB-Elf in alte Muster und verlor völlig die Kontrolle. Das Defensivverhalten war nicht eines WM-Mitfavoriten würdig und so steht die Mannschaft von Hansi Flick erneut vor einem vorzeitigen WM-Aus. 

Trotz 1:0-Führung und einiger hochkarätiger Chancen gibt Deutschland wieder einmal das Heft aus der Hand. Frust pur nach dem verpatzten WM-Auftakt der deutschen Mannschaft gegen Japan. Völlig enttäuscht und ratlos äußerten sich die deutschen Spieler und der Bundestrainer unisono.


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Über das desolate Defensivverhalten waren sich alle Beteiligten einig: Dem 1:2 ging ein schwerer taktischer Fehler von Niklas Süle voraus, Torschütze Ilkay Gündogan sprach vom "einfachsten Tor, das bei einer WM erzielt wurde".

Die Erkenntnisse aus dem ersten WM-Spiel des DFB-Teams sind ernüchternd: Hinten ist man einfach viel zu anfällig und vorne fehlt die Effektivität eines echten Goalgetters.

1. Erkenntnis: DFB-Defensive nicht reif für das Achtelfinale

Bereits nach sieben Minuten leistete sich Gündogan einen beinahe folgenschweren Abspielfehler im Mittelfeld. Der Rückstand wurde nur durch eine Abseitsstellung von Maeda verhindert. Ein früher Warnschuss, sollte man meinen.

Doch die deutsche Elf lernte nicht aus den eigenen Fehlern, sondern brockte sich mit diversen Patzern im Defensivverhalten die Niederlage letztendlich selber ein.


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Abgesehen von Antonio Rüdiger, der 100 Prozent seiner Zweikämpfe gewann und sich erst in der Schlussphase von der Unsicherheit seiner Kameraden anstecken ließ, enttäuschten alle deutschen Defensivkräfte. Das 1:2 war eine Koproduktion der BVB-Akteure Niklas Süle und Nico Schlotterbeck: Süle, der auch vor dem 1:1 sehr passiv agierte, hob das Abseits mit einem taktischen Bock auf, bevor Schlotterbeck gegen den schnellen Asano die Orientierung verlor und den Abschluss nicht verhinderte.

So nutzten auch solide Statistiken nichts: Beide BVB-Akteure brachten über 90 Prozent ihrer Pässe an den Mann und gewannen jeweils 60 Prozent der Zweikämpfe. An sich keine schlechten Werte, die aber die teilweise dicken Patzer nicht widerspiegeln.

Auf der anderen Seite ließ sich die deutsche Mannschaft von der taktischen Umstellung der Japaner auf eine Dreier- bzw. Fünferkette zur Halbzeit überraschen - und fand keine Lösung.

In der ersten Halbzeit gab es nur einen japanischen Abschluss, nach dem Wechsel waren es deren elf - zwei davon führten zu den Gegentoren durch Ritsu Doan (76.) und Takuma Asano (83.). Übrigens beides Einwechselspieler, mit denen die deutsche Abwehr nicht zurechtkam.

2. Erkenntnis: Deutschland braucht einen Abräumer im Mittelfeld

Hansi Flick startete im defensiven Mittelfeld mit Joshua Kimmich und Ilkay Gündogan - zwei Spielmachern, die ihre Stärken im Spielaufbau bzw. in der Offensive haben.

Torschütze Gündogan etwa war gemeinsam mit Serge Gnabry der Spieler mit den meisten Abschlüssen (6). In der Rückwärtsbewegung ließ er den Japanern im zentralen Mittelfeld allerdings zu viel Raum zum Umschalten. Wie auch Kimmich, der als Spielgestalter vor der Abwehr kreativ ist und tolle Ideen hat - seine Chipbälle sorgten mehrfach für Torgefahr.


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Verliert Deutschland in der Vorwärtsbewegung jedoch den Ball, fehlt die Absicherung. Kimmich ist zwar giftig in den Zweikämpfen - er gewann ordentliche 57 Prozent der Duelle - aber kein klassischer Abräumer. Dafür fehlt ihm die körperliche Statur.

So liegt es nicht nur an den individuellen Fehlern in der Abwehrkette, sondern am gesamten Defensivverhalten, dass Deutschland einfach nicht mehr zu null spielen kann. Weder bei der WM 2018 noch bei der EM 2021 war Deutschland bei großen Turnieren ohne Gegentor geblieben, die weiße Weste blieb auch zum WM-Auftakt aus.

In nun zehn Länderspielen 2022 stand die Null nur gegen Israel (2:0 im März) und beim WM-Test gegen Fußballzwerg Oman (1:0).  

3. Erkenntnis: Viele Chancen, aber kein Goalgetter weit und breit

26 Torschüsse verbuchte die Statistik in den 90 Minuten gegen Japan. Das einzige deutsche Tor fiel durch einen Elfmeter von Ilkay Gündogan. Pech hatte die DFB-Elf mit dem Abseitstor durch Kai Havertz kurz vor der Pause und dem Pfostentreffer von Gündogan nach knapp einer Stunde.

Zudem scheiterte man ein ums andere Mal am japanischen Keeper Shuichi Gonda. Hätte ein klassischer Mittelstürmer die eine oder andere Chance genutzt?

Eine müßige Frage und keine, die abschließend zu beantworten ist. Die Zahlen sind allerdings bezeichnend: Die einzige nominelle Spitze Kai Havertz blieb bis zu seiner Auswechslung in der 79. Minute ohne einen Torschuss, ebenso wie der harmlose Thomas Müller. Der einzige Strafraumstürmer im Kader, Niclas Füllkrug, wurde erst in der 79. Minute eingewechselt, sollte aber sicher nicht als große WM-Hoffnung gelten.

Vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Spanien am Sonntag (20 Uhr) äußerte Hansi Flick, dass seine Mannschaft die Qualität habe, die Iberer zu schlagen. Angesichts der ernüchternden Erkenntnisse und eines 7:0-Kantersieges der Spanier im ersten Gruppenspiel gegen Costa Rica - die Furia Roja gab hierbei übrigens nur 17 Torschüsse ab - besteht allerdings lediglich das Prinzip Hoffnung.      

Lars Wiedemann

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