24.09.2024 10:27 Uhr

Warum Mats Hummels' neuer Klub im Chaos versinkt

Ex-BVB-Profi Mats Hummels spielt jetzt für die AS Rom
Ex-BVB-Profi Mats Hummels spielt jetzt für die AS Rom

Nachdem seinem Aus bei Borussia Dortmund nahm sich Mats Hummels viel Zeit für die Suche nach einem neuen Verein. Anfang September schien er dann das passende Projekt bei der AS Rom gefunden zu haben. Dass der Klub wenig später im Chaos versinkt, konnte der langjährige BVB-Profi da noch nicht ahnen.

"Veränderungen sind am Anfang hart, in der Mitte chaotisch und am Ende wunderbar." Dieser eigentlich so treffende Satz von Buchautor und Philanthrop Robin Sharma scheint im Fall Mats Hummels nicht wirklich zu gelten. Denn für den Weltmeister von 2014 herrscht schon am Anfang seines Abenteuers bei der AS Roma Chaos. 

Die Vorfreude auf seinen ersten Auftritt im Stadio Olimpico war bei Hummels groß. Schnell holte ihn jedoch die Realität ein: Denn weniger herzlich hätte der Empfang am vergangenen Sonntagabend im neuen Zuhause kaum ablaufen können.

Nicht nur war die imposante Heimkurve der Gelb-Roten gegen Udinese Calcio zunächst völlig verwaist geblieben – die ausgerechnet blauen Sitzschalen als deutliches Mahnmal des Protests –, die Mannschaft wurde zudem schon zum Warmmachen von jenen Tifosi, die wie gewöhnlich früh ins Stadion gekommen waren, gnadenlos mit einem gellenden Pfeifkonzert begrüßt.

Immerhin: Die Pfiffe galten nicht Hummels. Unter den Fans herrscht durchaus ein Gespür, bei all ihrem Ärger zu unterscheiden, wer aus ihrer Sicht Schuld am Chaos hat. Kaum war der frühere BVB-Profi nämlich an der gegenüberliegenden Bandenwerbung angekommen, gab es herzlichen Applaus für den prominenten Neuzugang. 

AS Rom: Wirbel um den Trainer-Wechsel

Warum also sind die Roma-Fans so aufgebracht gegen ihre Mannschaft, die sogar auch nach der Partie und trotz des souveränen 3:0-Erfolgs - dem ersten Saisonsieg - gegen ein formstarkes Udinese Calcio ausgepfiffen wurde? 

Vieles hängt mit dem in der vergangenen Woche plötzlich entlassenen Daniele De Rossi und den aus ihrer Sicht fragwürdigen Entscheidungen der Eigentümer, der Friedkin Group, zusammen. Und damit, dass die Tifosi der AS Roma viele Fragen haben. 

Warum haben die US-amerikanischen Besitzer das Roma-Idol nach gerade einmal acht Monaten im Amt schon wieder entlassen? Warum bekam er nicht mehr Zeit, als die mickrigen vier Ligaspiele (drei Unentschieden, eine Niederlage)? Und warum war erst im Juni sein Vertrag bis 2027 verlängert worden, wenn man offenbar doch nicht ganz überzeugt von seinen Fähigkeiten zu sein scheint?

CEO der AS Rom bedroht

Antworten erhielten die Anhänger kaum bis gar nicht. In der offiziellen Mitteilung am vergangenen Mittwoch hieß es lediglich in aller Kürze, der Entschluss De Rossi zu feuern, sei "im Interesse der Mannschaft getroffen, um zu frühen einem Zeitpunkt in der Saison, zeitnah den angestrebten Weg wieder aufnehmen zu können". 

Unzufrieden mit der Erklärung waren einige Ultras spontan zu De Rossis Haus gepilgert, um dem 41-Jährigen ihre Unterstützung zu zeigen. Erinnerungen an die Entlassung von José Mourinho, ebenfalls von den Fans inbrünstig geliebt, wurden wach. Auch bei dessen Freistellung im vergangenen Winter war der Klub ähnlich rigoros vorgegangen.

Die explosive Stimmung entluden einige "Fans" zudem bei Roma-Geschäftsführerin Lina Souloukou, die mitverantwortlich für die harten Personalentscheidungen gemacht wurde. Die erst im April 2023 zum Klub gestoßene Griechin wurde in den sozialen Netzwerken mit Hassnachrichten überschüttet und sogar bedroht, auch zur Sicherheit ihrer beiden Kinder musste ihr Polizeischutz gewährt werden. Am Sonntagvormittag trat sie zurück.

Roma-Kapitän gnadenlos ausgepfiffen

Als Zeichen des Protests blieb die Curva Sud gegen Udinese Calcio in den ersten 30 Minuten leer. Nur ein Spruchband, das viel über die aktuelle Stimmung aussagt, wurde hochgehalten: "Ihr respektiert nicht unsere Werte und unsere Fahnen, von heute an kehren wir zu den alten Sitten zurück."

Zu jenen Sitten gehört wohl auch, den eigenen Kapitän gnadenlos auszupfeifen. Denn es war Führungsspieler Lorenzo Pellegrini, der neben Nationalspieler Bryan Cristante den heftigsten Gegenwind der Fans zu spüren bekam. Bei jedem Ballkontakt wurde das Duo mit Pfiffen bedacht, bei Pellegrinis Auswechslung war der Lärm ohrenbetäubend. 

Die Nummer sieben wird mitverantwortlich gemacht für die Entlassung von De Rossi. "Wie viele Trainer willst du noch auf dem Gewissen haben?", hatte sich der Mittelfeldspieler nach dem De-Rossi-Knall von Fans am Trainingsgelände etwa anhören müssen.

Da half es auch nichts, dass es der Kapitän war, der laut einem Bericht des "Corriere dello Sport" bei den Klub-Bossen vorstellig gewesen war, um zu fordern, die Entlassung rückgängig zu machen. Das Verhältnis zwischen den Tifosi und dem 28-Jährigen ist schon länger angespannt, nun ist es endgültig vergiftet.

Wird Mats Hummels' Roma-Zukunft doch "wunderbar"?

Von jener explosiven Gemengelage konnte Mats Hummels im Vorfeld seines Wechsels kaum etwas wissen. Etwas mehr als eine Trainingswoche hatte der 35-Jährige in den Beinen, da wurde Daniele De Rossi schon entlassen. 

Nun hat der in Italien erfahrene Ivan Juric, bis zum Sommer beim FC Turin aktiv, das Sagen. Der Kroate besitzt bei der Roma nur einen Vertrag bis zum Saisonende, nur im Erfolgsfall wird verlängert. Eigentümer Dan Friedkin habe ihm klar gemacht, verriet der 49-Jährige vor seinem Debüt, dass das "Ziel der Einzug in die Champions League" ist - in der so konkurrenzstarken Serie A eher ein inniger Wunsch denn ein realistisches Szenario.

Auch deshalb steht für die Fans auch hinter Juric, der ähnlich wie Hummels nicht von den Fans in Sippenhaft genommen und stattdessen mit Applaus bedacht worden war, ein großes Fragezeichen. Die Sorge nach einem weiteren Trainerwechsel ist groß, ähnlich wie die Sehnsucht nach Klub-Idol De Rossi.

Aber wer weiß: Womöglich sind die vielen Veränderungen - für die Tifosi, für Juric, für Hummels - am Ende doch noch "wunderbar".