18.11.2014 21:08 Uhr

Österreich verliert gegen Brasilien knapp

Stefan Ilsanker behauptet gegen Willian den Ball
Stefan Ilsanker behauptet gegen Willian den Ball

Für das österreichische Nationalteam ging das Länderspieljahr 2014 am Dienstagabend mit einer knappen 1:2-Niederlage gegen Brasilien zu Ende. Die Mannschaft von Marcel Koller hielt mit dem fünffachen Weltmeister über weite Strecken mit, und bescherte dem Gegner immerhin durch einen Elfmeter von Aleksandar Dragović (75.) den ersten Gegentreffer unter Teamchef Carlos Dunga. Für die Seleção schrieben David Luiz (63.) und Roberto Firmino (83.) an.

Auch strömender Regen konnte die Vorfreude nicht bremsen: Fußballfeststimmung erfüllte den Wiener Prater. Niemand geringerer als der fünffache Weltmeister Brasilien gab sich nach 26 Jahren wieder einmal ein Stelldichein mit Österreich. Allen Verletzungssorgen zum Trotz konnte ÖFB-Teamchef Marcel Koller anlassgemäß auch eine Startformation aufbieten, die durchaus als Einseranzug durchging. Im Vergleich zum Russland-Spiel wenige Tage zuvor gab es nur zwei Änderungen. Rubin Okotie durfte für den nach Sydney rückbeorderten Marc Janko stürmen, Beşiktaş-Legionär Veli Kavlak bekam statt Christoph Leitgeb die Chance im zentralen Mittelfeld.

Auf der Gegenseite schickte Seleção-Teamchef Dunga wie angekündigt jene Elf aufs Feld, die zuvor die Türkei im ebenfalls freundschaftlichen Vergleich mit 4:0 bedient hatte – es war der fünfte Zu-Null-Sieg im fünften Spiel. David Luiz, Luiz Adriano, Willian und nicht zu vergessen Überdrüber-Superstar Neymar Jr., sie waren alle dabei. In Ehrfurcht wollte die rot-weiß-rote Equipe deswegen nicht erstarren. Dagegenhalten war angesagt, mit der leisen Hoffnung auch selbst für gelungene Aktionen zu sorgen.

Österreich begann rotzfrech

Fast wäre eine solche schon nach fünf Minuten geglückt und der Ball zappelte sogar im Tornetz der Gäste. Aber Rubin Okotie hatte den von Zlatko Junuzović getretenen Freistoß in bester Volleyball-Manier mit den Händen über Tormann Diego Alves bugsiert, wofür er auch berechtigt Gelb sah (6.).

Eine Luftmasche von Miranda nach Hereingabe von Marko Arnautović sorgte für erneute Gefahr im brasilianischen Strafraum und weil Frechheit manchmal siegt, probierte Junuzović den Tormann tatsächlich direkt vom Eckpunkt zu übertölpeln. Keeper Alves hatte sogar Mühe (14.) und weil auch Arnautović einen Ruf als Schlitzohr zu verteidigen hat, zog er aus sogleich aus 30 Metern ab.

Brasilien ließ die Hausherren gewähren, scheiterte zwischendurch mit einem Neymar-Freistoß an der Mauer, fand aber sonst mit seinen Kombinationen kein Durchkommen. Österreich legte daher nach. Junuzović scheiterte aus spitzem Winkel, der Nachschuss von Florian Klein pfiff an der Kreuzecke vorbei (22.). Bei der nächsten Chance wäre sogar ein Brasilianer selbst der Vollstrecker gewesen. Die Stange rettete vor dem Kopfball von Luiz Gustavo aufs eigene Tor, wenngleich Okotie währenddessen ohnehin im Abseits gestanden hätte (26.).

Brasilien ging resch zur Sache

Bei dieser Aktion verletzte sich Miranda, weshalb Thiago Silva – der Ex-Kapitän hatte in den Tagen zuvor verbal für Radau in der Seleção gesorgt – doch früher als erwartet zu einem Einsatz kam (28.). Es blieb nicht der letzte Auftritt der Mediziner an diesem Abend. Sie mussten auch ausrücken, als Veli Kavlak im Luftduell mit dem Kopf in den ausgefahrenen Ellenbogen seines Gegenspieler Fernandinho knallte und dabei ein Cut davontrug – ungeahndet vom schottischen Referee William Collum.

Es war eine für die erste Halbzeit exemplarische Szene, denn Brasilien setzte sich mehr mit Tacklings und Fouls als mit fußballerischen Glanzlichtern in Szene. Die Seleção legte in diesem Bereich dann aber doch einen Zahn zu, nennenswert blieb zunächst aber nur ein Schuss von Oscar von der Strafraumgrenze (34.). Eine Prüfung, der Robert Almer gut positioniert standhielt. Auch beim Freistoß von David Luiz wäre der Keeper auf dem Posten gewesen. Der Ball ging aber ohnehin knapp über die Latte (38.).

Özcan kam für Almer

Nach dem Seitenwechsel durfte Ramazan Özcan statt Almer ins Tor, ansonsten verzichtete Marcel Koller auf die bei Freundschaftsspielen nicht unübliche Wechselorgie zur Halbzeit. Es galt ja schließlich auch eine weiße Weste im Jahr 2014 sowie eine Serie von davor neun Spielen ohne Niederlage zu verteidigen.

Die Partie wurde temporeicher, konkrete Torchancen blieben allerdings weiter Mangelware. Auch der im Vorfeld unterstellte Klassenunterschied war vorerst nur zu erahnen. Österreich war dem Gegner durchaus weiter gewachsen.

In der 54. Minute folgte dann die nächste Änderung Kollers. Der ÖFB-Teamchef nahm Rubin Okotie raus und brachte Marcel Sabitzer. Dunga wechselte ebenfalls, Luiz Adriano und Willian verließen das Spielfeld, Roberto Firmino und Douglas Costa betraten es.

Junuzović versuchte, ob sein Eckball-Schmäh doch noch aufgeht. Brasiliens Keeper Alves klärte aber erneut auf der Linie. Der Werder-Mittelfeldmotor war auch in der nächsten Szene im Blickpunkt, jedoch als tragischer Held. Eine Cornerflanke von Oscar fand die Stirn des aufgerückten David Luiz. Der Aufsitzer des teuersten Verteidigers der Welt sprang am an der Torstange postierten Junuzović vorbei in die Torecke (64.). Dass auch ein doppeltes Foulspiel von David Luiz an Stefan Ilsanker dabei war, blieb vom Referee unbemerkt.

Österreich im Pech

Österreich blieb unverdrossen und hatte danach Pech, als ein abgefälschter Arnautović-Schuss nur knapp an der langen Kreuzecke vorbeiging (67.). Im Gegenzug fand Douglas Costa in Özcan seinen Meister.

Andreas Weimann, der für Junuzović ins Spiel kam, holte nach Zuspiel von Christian Fuchs einen Elfmeter heraus. Aleksandar Dragović stellte sich in Abwesenheit des etatmäßigen Schützen David Alaba der Verantwortung, verlud Tormann Alves und beglückte das Publikum im ausverkauften Stadion mit dem 1:1 (75.). Es war das erste Gegentor für Brasilien unter Trainer Carlos Dunga und gleichzeitig der Debüttreffer für Dragović im Teamdress.

Für Marko Arnautović war der Arbeitstag hingegen beendet, er musste Andreas Ulmer Platz machen. Ein defensivstarker Spieler konnte in der Schlussviertelstunde schließlich nicht schaden, zumal mit Fred für Oscar beim Gegner zeitgleich eine frische Offensivkraft kam.

Ein Firmino-Strich besiegelte die Niederlage

Die Freude über den in greifbaren Achtungserfolg währte nur kurz, genauer gesagt bis zur 83. Minute. Firmino zog von der Strafraumgrenze ab und ließ Özcan mit seinem platzierten Schuss keine Chance.

Für die kurze Aufholjagd brachte Koller mit Sebastian Prödl (für Harnik) eine unkonventionelle Variante. Der Abwehrturm sollte vorne auf hohe Zuspiele lauern. Kurz vor Schluss verließ Neymar den Rasen für Marquinhos, es wird angesichts der Schwäche von Rapid und Austria der bis auf weiteres letzte Auftritt des Weltstars in Wien bleibe. Und weil er trödelte beim Abgang wurde Neymar nicht nur mit Pfiffen bedacht. Auch ein über die Brüstung gesprungener Autogrammjäger wollte sich ein Barcelona-Dress signieren lassen und hatte fast Glück dabei. Detail am Rande: Thiago Silva durfte sich die Kapitänsschleife um den Ärmel binden.

Mit Österreich meinte es Fortuna dagegen nicht mehr gut, der abermalige Ausgleich gelang nicht. Die letzte Chance, nach einem Eckball von Christian Fuchs fand keinen Abnehmer. Die ÖFB-Auswahl bezog als letztes Nationalteam in diesem Jahr die erste Niederlage. Dass sie gegen große Namen der Fußballs passierte ist zu verkraften, denn dem vermeintlich großen Brasilianern wurde tapfer Paroli geboten.

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Sebastian Kelterer