18.03.2015 08:00 Uhr

Pogba: Millionenschwerer Musterschüler

23-Jähriger auf der Überholspur: Paul Pogba
23-Jähriger auf der Überholspur: Paul Pogba

Nach drei Jahren in Turin zählt Paul Pogba zu den begehrtesten Spielern Europas. Der Franzose gilt auf und neben dem Platz als Musterschüler. Obwohl ihm ein ganz großer Titel fehlt, sind viele Vereine bereit, eine Rekordablöse zu zahlen.

Das Achtelfinalrückspiel zwischen Juventus und Borussia Dortmund (Mittwoch ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker) ist vor allem für die Italiener so etwas wie das "Spiel des Jahres". Während sie in der Serie A einmal mehr ungefährdet zum Scudetto marschieren, soll der international leicht ramponierte Ruf der Alten Dame endlich wieder aufpoliert werden.

Eine entscheidende Rolle nimmt dabei Paul Pogba ein. Der junge Franzose gilt als größtes Mittelfeldjuwel Italiens, vielleicht sogar des Planeten. Das nicht ohne Grund, denn seit ihm in Italien der Durchbruch gelang, ging es für den 22-Jährigen stetig bergauf.

Durchbruch im ersten Jahr

Seine ersten Schritte bei den Profis machte Pogba in der Saison 2011/12 bei Manchester United. Es zählt zu den wenigen Verfehlungen von Sir Alex Ferguson, dass dieser sein Talent zwar erkannte, aber nicht alle Hebel in Bewegung setzte, um den Franzosen langfristig zu binden. Heute wären sie im Old Trafford froh, einen Spieler seiner Klasse in den eigenen Reihen zu haben.

Für den Mittelfeldspieler war der Wechsel nach Italien die bestmögliche Lösung. Schon in seiner ersten Saison brachte es der damals 19-Jährige auf 37 Pflichtspieleinsätze. Bei Juventus schenkten sie ihm von Beginn an das Vertrauen. Seitdem zahlt er es Jahr für Jahr mit überragenden sportlichen Leistungen zurück. Selbst wenn Pogba die Alte Dame früher oder später verlassen wird, dürfte der italienische Serienmeister ein lachendes Auge haben.

Real, Manchester und Bayern in der Verlosung

"Es gibt Vereine, die bereit sind, zwischen 70 und 80 Millionen Euro für ihn zu zahlen", verriet Juves Sportdirektor Beppe Marotta kürzlich in einem Interview. Mino Raiola, Pogbas Berater, grenzte den Kreis der Interessenten weiter ein: "Sicher ist, dass ihn sieben Klubs haben wollen, denn diese Vereine haben bei mir angerufen."

Um wen es sich dabei handelt, wollte er nicht explizit sagen, eine kleine Tendenz gab Raiola trotzdem ab: "Die einzigen, die sich den Transfer leisten können, sind Real Madrid, Barcelona, PSG, Bayern München, Manchester United, Manchester City und Chelsea."

Wer das Rennen um das Mittelfeldjuwel macht, ist völlig offen. Auch der Zeitpunkt seines Abschieds steht noch in den Sternen. "Paul hat mir gesagt, dass er sich in Turin wohl fühlt und ich ihm keinen neuen Verein suchen soll. Stand heute stehen die Chancen bei 99 Prozent, dass er über den Sommer hinaus bei Juve bleibt", erteilt Raiola allen Interessenten eine vorläufige Absage. Das intensive Werben dürfte aber weitergehen.

"Wenn ich daran denke, dreht sich alles"

Pogba selbst wird der Trubel um seine Person langsam etwas zu viel. "Meine Zukunft? Wenn ich daran denke, dreht sich alles", sagt der 22-Jährige. Auch die Diskussion um seinen Marktwert verdrängt der Franzose am liebsten. "Ich bin 0 Euro wert, solange ich nicht in jedem Spiel alles gebe und versuche, mich zu verbessern."

Um sein Ziel zu erreichen, blendet Pogba sämtliche Nebengeräusche so gut es geht aus. Details aus seinem Privatleben behält er lieber für sich. Nur selten veröffentlicht der Franzose auf den Social-Media-Kanälen Bilder und Videos, die ihn nicht im Juve-Trikot zeigen. Sein letzter Twitter-Eintrag datiert vom 5. November. Sein Fokus gilt einzig und allein dem Wesentlichen – dem Fußballspielen. Und genau dort liegt auch seine Kernkompetenz.

Trotz seines jungen Alters verfügt der Franzose bereits über enorm viel Erfahrung. 85 Serie-A-Spiele, 30 Einsätze in der Champions und Europa League, 22 A-Länderspiele inklusive der Wahl zum besten Jungspieler bei der WM in Brasilien sind eine Bilanz, die kaum ein 22-Jähriger vorweisen kann.

Ein komplettes Paket

Auf dem Platz bringt der Franzose ein nahezu komplettes Paket mit: einerseits technisch hochveranlagt, andererseits körperlich robust und zweikampfstark. Einerseits stark in der Offensive und torgefährlich, andererseits verlässlich in der Defensive und taktisch bestens geschult. Einzig sein Temperament geht manchmal mit ihm durch.

"Wir behandeln ihn wie einen alten Hasen, dabei ist er immer noch sehr jung. Ich sage ihm oft, in welchen Bereichen er gewisse Dinge machen muss, ab und zu will er aber einfach zu viel", wird Juve-Coach Massimiliano Allegri auf der Suche nach dem Haar in der Suppe doch hin und wieder fündig.

Wohlfühloase Turin

Das Gesamtpaket Pogba ist trotz der horrend hohen Ablöseforderungen ein lohnendes. Fraglich ist allerdings, ob er auch fernab der Wohlfühloase Turin an seine Leistungen anknüpfen kann. Mit Juventus spaziert der Franzose seit Jahren widerstandslos durch die Liga. In Spanien oder England würde es im Alltagsgeschäft definitiv mehr Gegenwehr geben.

Auch in den entscheidenden Spielen auf der europäischen Bühne konnte der Mittelfeldspieler noch nicht die entscheidenden Impulse geben. In seinem Alter muss er das auch nicht. Sollte jemand tatsächlich 70 bis 80 Millionen Euro Ablöse zahlen, wird eine neue Rechnung aufgemacht.

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Christian Schenzel