09.10.2015 22:52 Uhr

3:2! Österreich gewinnt Krimi in Montenegro

Unbezwingbar! Das ÖFB-Team demonstrierte große Moral
Unbezwingbar! Das ÖFB-Team demonstrierte große Moral

Was für ein Krimi in Podgorica! Aber mit Happy End: Österreich setzte seinen Erfolgslauf in der EM-Qualifikation am Freitagabend fort und feierte in Montenegro nach gleich zwei Rückständen einen turbulenten 3:2-Auswärtssieg.

Das ÖFB-Team blieb damit auch in der neunten Partie der Gruppe G ungeschlagen - acht Siege und nur ein Remis sind die unglaubliche Bilanz. Insgesamt ist man nun schon zehn Pflichtspiele in Folge unbesiegt: Rekord seit Qualifikationen für WM- oder EM-Endrunden gespielt werden.

Vor 11.000 Zuschauern im Gradski Stadion (mehr Karten war aus Sicherheitsgründen nicht aufgelegt worden) brachten Montenegro-Kapitän Mirko Vučinić in der 32. Minute und Fatos Bećiraj in der 68. Minute die Hausherren zwei Mal in Führung. Aber Marc Janko (55.) sowie Marko Arnautović (80.) glichen für Österreich jeweils aus und in der Nachspielzeit sorgte "Joker" Marcel Sabitzer für den dramatischen ÖFB-Sieg.

Die Einsergarnitur von Marcel Koller vor der Pause nicht erstklassig

Das fixe ÖFB-Ticket für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich sowie der Gruppensieg waren bereits mit dem 4:1-Triumph in Schweden abgesichert worden. Im ersten Spiel "danach" präsentierte sich Österreichs Nationalteam dennoch mit der gewohnten Einsergarnitur. ÖFB-Teamchef Marcel Koller schenkte erneut seiner Stammformation das Vertrauen. Lediglich der verletzte Innenverteidiger Martin Hinteregger wurde wie schon zuletzt durch Sebastian Prödl ersetzt.

Nur im offiziellen Programmheft zum Spiel war dem Fußballverband von Montenegro die rot-weiß-rote Auswahl trotz Platz eins in der EM-Qualifikation offenbar noch nicht so geläufig: Da war von den Herren Ezkan, Fuks, Garic, Klajn, Predl, Sutner, Vimer, Jantser, Svab, Sabicer und Hinterser zu lesen. Vielleicht lag es ja auch daran, dass die Spielerliste unter "Nachwuchs National Mann Schaften Des Öfb" gelistet waren.

Die erneut zahlreich mitgereisten rot-weiß-roten Fans machten indes bereits vor Spielbeginn optisch auf sich aufmerksam. Beim Einmarsch der Mannschaften präsentierten sie ihr Transparent "Frankreich wir kommen", welches auch eine Abbildung des EM-Pokals enthielt.

Auf der gegenüberliegenden Seite hinter dem Tor präsentierten sich die Fans von Montenegro lautstark, aber sonst zivilisiert. Offensichtlich hat man in Crna Gora ("Schwarzer Berg") seine Lektion gelernt: Beim Heimspiel gegen Russland hatten Fanatiker mit einem Bengalen-Wurf auf den gegnerischen Torhüter sowie weiteren Wurfgegenständen für einen Abbruch gesorgt.

Danach war man von der UEFA mit einem "Geisterspiel" gegen Liechtenstein bestraft worden. Die Sicherheitsnetze, welche die Tribünen vom Spielfeld trennten, mussten beim ersten Heimspiel nach dieser Sperre erfreulicherweise ihren Zweck nicht erfüllen.

Hektik regiert im ÖFB-Spiel

Seinen Zweck erfüllte dafür die aggressive Spielweise der Hausherren. Montenegro störte den Aufbau der Österreicher immer wieder frühzeitig. Sonst eigentlich eine ÖFB-Stärke im System Koller. Die Gäste verfielen dadurch immer mehr in Hektik. Zahlreiche Bälle landeten beim Gegner, Aushängeschild David Alaba schlug zwei Mal verzweifelt die Hände vor dem Kopf zusammen.

Zudem rutschten die Österreicher auf dem tiefen Platz immer wieder aus. Man ging bereits vor der Pause symbolisch zu Boden. Montenegro kam so zu vielen Ballgewinnen, spielte schnell nach vorne und beschäftigte die ÖFB-Defensive immer wieder.

Ein frühes Abseitstor von Adam Marušić in der fünften Minute kündigte das Unheil ebenso an, wie eine wichtige Abwehrtat von Aleksandar Dragović in höchster Not (13.). Dazu forderten die Gastgeber Elfmeter, als Stefan Mugoša im Strafraum zu Boden ging (28.). In der 32. Minute jedoch war es soweit: Montenegros Rekordtorschütze Vučinić zeigte seine ganze Klasse und verwertete aus kurzer Distanz vorbei an Robert Almer zum 1:0.

Alle österreichischen Reklamationen wegen einem Handspiel zuvor (Abwehrchef Dragović hatte bei seinem Rettungsversuch den Ball an die Hand von Vučinić befördert) blieben erfolglos.

Janko bricht nach der Pause den Abwehrriegel der Hausherren

Auch Österreich hatte seine Chancen: Geblockte Schüsse des sonst fehleranfälligen Marko Arnautović (7. und 9.), ein Prödl-Kopfball (13.), sowie nach einem Alaba-Eckball zwei Versuche aus kurzer Distanz (14.) blieben erfolglos. Dazu hatten Alaba selbst (31.) sowie Arnautović (41.) ebenfalls kein Glück.

Doch Teamchef Koller hatte zur Pause die richtigen Worte gefunden. Österreich präsentierte sich nach dem Wechsel weit besser als in den - schwachen - ersten 45 Minuten. Zwei Mal Alaba (47. und 54.), eine Prödl-Gelegenheit (48.) und ein Janko-Kopfball (51.). Das ÖFB-Team klopfte an und in der 55. Minute passierte es: Eine flache Hereingabe von Martin Harnik wurde von Florian Klein zunächst noch verfehlt, doch Marc Janko war aus wenigen Metern zur Stelle und traf zum verdienten 1:1.

Regulärer ÖFB-Treffer zählt nicht, dafür Montenegro-Tor nicht regulär

Harnik (58.) und Arnautović (61.) hatten weitere gute Chancen. Österreich drückte auf die Führung, doch danach wendeten zwei gravierende Fehlentscheidungen des italienischen Schiedsrichterteams das Blatt. Zunächst versagte der überheblich agierende Referee Daniele Orsato einem Weitschusstreffer von Zlatko Junuzović die Anerkennung, weil ein Montenegro-Verteidiger im Strafraum fiel. Jedoch nach einem Duell mit einem Mitspieler (65.).

Wenig später zählte dafür das 2:1 durch Fatos Bećiraj, obwohl es beim Assistenten zahlreiche Proteste gab. Eine Montenegro-Abseitsstellung (genau in der Schussbahn vor ÖFB-Torhüter Almer) blieb nämlich ungeahndet.

Österreich zeigt Charakter - Arnautović und Sabitzer schlagen zu!

Doch Österreich zeigte erneut tolle Moral. Eine große Harnik-Möglichkeit blieb vorerst noch ungenützt (78.), auf der Gegenseite hielt Almer mit einer Glanzparade seine Mannschaft im Spiel (79.). Dies wurde wenig später belohnt: Marko Arnautović schloss einen herrlichen Sololauf mit einem Flachschuss ins lange Eck zum 2:2 ab (81.).

In der turbulenten Schlussphase wurden auch noch der heftig protestierende Montenegro-Kapitän Vučinić ausgeschlossen und Teamchef Branko Brnović auf die Tribüne verbannt. Der EM-Traum der Hausherren platzte dann endgültig in der Nachspielzeit. Der eingewechselte Marcel Sabitzer knallte den Ball zum 3:2-Sieg für das ÖFB-Team ins Netz.

Charaktertest bestanden, zwei Rückstände aufgeholt, am Ende wieder gewonnen und den Erfolgslauf fortgesetzt: Auf diese österreichische Nationalmannschaft kann man wirklich stolz sein! Am Montag wird bei der "Abschlussparty" im ausverkauften Ernst Happel-Stadion gegen Liechtenstein der Wiener Prater beben.

Mehr dazu:
>> Ergebnisse und Tabelle in Österreichs EM-Qualifikationsgruppe
>> Diashow: Österreichs Weg zur Europameisterschaft 2016

Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Podgorica