10.06.2016 08:30 Uhr

Wie fit ist Marc Janko wirklich?

Marc Janko absolvierte in Mallemort ein individuelles Programm
Marc Janko absolvierte in Mallemort ein individuelles Programm

Ist Marc Janko nach überstandener Verletzung vor Österreichs EM-Auftaktspiel gegen Ungarn wirklich im Vollbesitz seiner Kräfte? Diese Frage wurde durch das individuelle Trainingsprogramm des ÖFB-Torjägers am Donnerstagnachmittag in Mallemort wieder akut.

Es war der 10. April: Beim 2:2-Remis des FC Basel gegen den FC Zürich musste der damalige Führende in der Torschützenliste der Schweizer Super League nach einer knappen halben Stunde mit einer Blessur vom Platz. Die Diagnose danach hieß Adduktorenverletzung im linken Oberschenkel.

"Ich hoffe in vier bis fünf Wochen wieder auf dem Feld stehen zu können", verlautete Janko im Anschluss. Durch die souveräne und vorzeitige Titelverteidigung von Basel bestritt der Angreifer aber im Finish kein einziges Ligaspiel mehr. Bei Österreichs Start zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft mit dem Trainingslager in Laax war der dienstälteste Spieler im Kader jedoch mit dabei und äußerte sich sehr zuversichtlich.

"Ohne die EM hätte ich wohl schon viel früher wieder gespielt. Aber weil auch der Meistertitel mit dem FC Basel bereits länger feststand, wurde gemeinsam mit dem ÖFB beschlossen, dass ich in Ruhe die Reha fortsetze", sagte der Routinier, der kurz vor seinem 33. Geburtstag steht.

Hat wirklich die Vernunft gesiegt?

Fast im gleichen Atemzug hatte der Sturmtank aber auch gewarnt: "Ich habe ja schon die ein oder andere Muskelverletzung gehabt. Die Adduktoren sind eine gefährliche Stelle. Wenn man da ein wenig zu früh beginnt, dann kann es gleich einen Rückschlag geben der fatal gewesen wäre. Deshalb hat die Vernunft gesiegt."

Hat die Vernunft wirklich gesiegt? Den Test gegen Schluein hatte Janko noch ausgelassen, bei den Länderspielen gegen Malta und die Niederlande stand er jedoch jeweils in der Startformation. 72 Minuten in Klagenfurt und 67 Minuten in Wien lautet die Einsatzbilanz. Hoffentlich werden die 139 Minuten im Vorfeld der UEFA EURO 2016 nicht zu einem bitteren Fall von zu früh gefreut.

Auch für Teamchef Marcel Koller war es eine schwierige Entscheidung. Er wusste, dass sein Goalgetter Spielpraxis braucht. Zumal dieser Druck gemacht hatte: "Ich fühle mich gut in Schuss und konnte meine Verletzung perfekt auskurieren. Deshalb bin ich bereit für höhere Aufgaben als Runden laufen."

22 Mann im Kampf um den Ball - nur der Torjäger als Sololäufer

Laufen. Das musste Janko am Donnerstag in Mallemort wieder. Alleine. Fern der Mannschaft. Zwar keine Runden, dafür aber kurze gerade abgesteckte Distanzen. Man machte sich auf der Tribüne als Beobachter so seine Sorgen. Es waren weder Sprints noch Steigerungsläufe. Mit 1,96 Meter Körpergröße wirkt alles etwas behäbiger und über einen richtigen Turbo verfügte er noch nie. Doch kann Janko bei der Europameisterschaft das Tempo der drei Gruppenspiele voll mitgehen?

ÖFB-Sportwissenschafter Gerhard Zallinger musste sich schon in der Schweiz kritischen Fragen nach dem Gesundheitszustand des Stürmers stellen. "Er ist ein Spieler, der sehr gut weiß, wie sein Körper funktioniert, er versteht die Signale", sagte Zallinger. Man könne demnächst von einer Vollbelastung ausgehen. "Jetzt gibt es eine Annäherung daran. Wir wollen auf der sicheren Seite sein."

Eine sichere Seite sieht anders aus. Auf der anderen Platzhälfte gab es eine Spielform der restlichen 22 Kaderspieler. Heinz Lindner rückte dabei als Janko-Ersatz vom dritten Torhüter ins Angriffszentrum auf.

Offiziell: Muskelverspannungen im Nacken- und Oberschenkelbereich

Die offizielle ÖFB-Begründung für das individuelle Programm von Janko während der internen Trainingspartie lautete so: Leichte Muskelverspannungen im Nacken- und Oberschenkelbereich, aber keine Gefahr für einen Ausfall am Dienstag gegen Ungarn.

Man wird sehen. Marc Janko ist Österreichs bester Torschütze der imposanten EM-Qualifikation. Der Teamchef vertraut und setzt auf seinen "Center". Doch in welcher Verfassung kann er spielen und helfen? Die Europameisterschaft ist der Höhepunkt seiner Karriere. So ein Turnier lässt kein Fußballer so einfach aus. 

Cheftrainer, Betreuerteam und Spieler werden eine gemeinsame Entscheidung treffen. Im Fall Janko ist sie besonders heikel.

Schrecksekunde auch bei Marko Arnautović

Die gute Stimmung der vielen jugendlichen Fans beim öffentlichen Training in Mallemort war unberührt von diesen ÖFB-Sorgen. Am Ende gab es für die rot-weiß-roten Beobachter noch eine weitere Schrecksekunde: Marko Arnautović setzte einen Schuss in Außennetz und ging danach zu Boden.

Sofort eilte Hilfe herbei. Der Supertechniker wurde gleich von drei Mitgliedern des Betreuerstabs versorgt. Am Ende sah es aber nach Entwarnung aus. Ein Sorgenkind reicht auch völlig.

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Mallemort/Frankreich