31.07.2017 17:39 Uhr

Thalhammer und die Revolution im Sport

Dominik Thalhammer:
Dominik Thalhammer: "Viele Teams beißen sich die Zähne an uns aus, das macht Spaß"

"Ich muss feststellen es ist der 31. Juli 2017. Deutschland, Frankreich, Spanien und Schweden haben die Koffer gepackt - und wir sind noch hier" mit diesen Worten eröffnete ÖFB-Teamchef Dominik Thalhammer am Tag nach dem Einzug ins Halbfinale der Frauen-EM seine Pressekonferenz. Danach nahm er sich wie immer Zeit, um in die Tiefe zu gehen.

  • We're playin' those mind games together
    Pushin' the barriers, plantin' seeds
    Playin' the mind guerrilla
    - John Lennon, Mind Games

Besonders beeindruckend war beim 5:3-Erfolg nach Elfmeterschießen über Spanien die Ruhe und Souveränität, mit der Österreich agiert hat. So als ob die junge Truppe eine Auswahl von alten Hasen wäre. Der Teamchef kennt den Grund dafür.

"Wir haben den mentalen Aspekt im Fußball auf ein neues Level gehoben. Wir können mit unserer Verzahnung von sportpsychologischem Training und Taktik ein Best-Practice-Beispiel sein", so Thalhammer.

"Wir geben dem sehr viel Raum. Auch ich treffe mich jeden Tag 15 Minuten vor dem Frühstück mit der Mentaltrainerin. Wir besprechen Dinge, sie sagt mir auch, wie einige Dinge ankommen. Das ist für mich unglaublich wertvoll. Das ist auch ein Grund für meine und unsere Gelassenheit in diesem Turnier", fügte er weiters an.

Sämtliche Spielerinnen gaben an, dass sie niemals Zweifel hatten. "Sechs oder sieben von ihnen wollten schießen. Sarah Puntigam übernahm von sich aus den fünften Elfer", erklärte der Trainer.

Keine Konflikte durch Selbstdisziplin

Der Zusammenhalt im Team ist immens. "Dieser Mythos von unserem Teamgeist, der zuvor vielleicht auch ein bisschen über die Medien transportiert wurde, ist jetzt auf einmal da. Jetzt glaubt man es auch selbst. Wir sind seit einem Monat nun zusammen, mit nur zweimal drei Tagen Pause. Es gab in dieser Zeit nicht einen Konflikt innerhalb der Mannschaft, auch nicht im Betreuerteam. Das ist schon immens."

So etwas funktioniert nur mit Disziplin. Aber es ist nicht so, dass Thalhammer ein Peitschenknaller wäre. Ganz im Gegenteil, die Spielerinnen genießen große Freiheiten, versicherte der Trainer: "Wir sagen ihnen nicht wann sie ins Bett gehen sollen, etc. Das bestimmen alles sie selbst. Für mich ist Disziplin die freiwillige Einhaltung von selbst auferlegten Regeln."

Als tief stehendes Kollektiv gibt man dem Gegner auf dem Platz automatisch mehr Raum. Im Normalfall zwingt die andere Mannschaft dann über Zweikämpfe immer wieder zu Fouls in Strafraum-Nähe und generiert so Gefahr, die man viel schwieriger verteidigen kann. Nicht so das österreichische Team. Kaum einmal muss die Schiedsrichterin die Pfeife in den Mund nehmen. Auch das ist Disziplin.

"Das ist mental gar nicht so leicht. Man steht tief, man muss aktiv verteidigen, aber nicht zu aggressiv. Da steckt viel mehr dahinter. Man muss Deckungsschatten aufbauen, kein Spiel in den Zwischenlinien zulassen. Deswegen beißen sich viele Teams die Zähne aus, das macht uns Spaß", so Thalhammer.

Freude am Spiel soll man ja bekanntlich haben – und so soll es auch am Donnerstag im Halbfinale gegen Dänemark sein.

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Johannes Sturm, weltfussball.at aus Wageningen