09.10.2013 15:22 Uhr

"Die genialen Belgier" aus der Premier League

Marouane Fellaini (r.) vertraut auf den Teamspirit der Belgier
Marouane Fellaini (r.) vertraut auf den Teamspirit der Belgier

Marouane Fellaini zuckte mit den Schultern. Der belgische Nationalspieler in Diensten von Manchester United wusste zunächst keine Antwort, als er nach einem Premier-League-Spiel wieder einmal nach dem Erfolgsgeheimnis seines Nationalteams gefragt wurde.

Die "Roten Teufel" stehen in der WM-Qualifikationsgruppe A nach acht Spieltagen mit 22 Zählern ungeschlagen an der Tabellenspitze. In den abschließenden Partien am Freitag beim Zweiten in Kroatien (17) und am Dienstag in Brüssel gegen Wales fehlt nur noch ein Zähler zur direkten Qualifikation für das Turnier in Brasilien.

Diese Erfolgsbilanz wird auf der Insel bewundert. In den Zeitungen wird diskutiert, wie es der kleinen Nation bloß gelingen konnte, so viele erstklassige Kicker hervorzubringen. Der belgische Einfluss auf die Premier League sei dramatisch groß, schrieb der "Independent" in einem Artikel über die belgischen Auswahlspieler, die in England unter Vertrag stehen. Es sind 13.

Belgien als aufstrebende Kraft

Die "Daily Mail" bezeichnete die Gruppe von Spielern, die in der Mannschaft von Belgiens Coach Marc Wilmots das Gerüst bildet, als die "genialen Belgier". Die "Red Devils" seien die aufstrebende Kraft im internationalen Fußball, meinte der "Independent" und hielt zudem fest, dass "die sieben besten Teams der Premier League mindestens einen Schlüsselspieler aus Belgien" haben.

Thomas Vermaelen (FC Arsenal) und Vincent Kompany (Manchester City) zum Beispiel sind in ihren Clubs Kapitän. Fellainis Wechsel zu Man United war am letzten Tag der Transferperiode der teuerste nach dem von Mesut Özil. Christian Benteke (Aston Villa) und Romelu Lukaku (FC Everton) haben beide bereits vier Saisontreffer erzielt. Für die englischen Fans ist es verstörend, dass der bei Everton überragende Lukaku in seiner Nationalmannschaft bloß Ersatzspieler ist.

"Der Hype ist groß"

Es ist lange her, dass die Belgier vor 20 000 Zuschauern spielten. Für das letzte WM-Qualifikationsspiel waren die 45 000 Plätze im "King Baudouin Stadium" in Brüssel innerhalb einer Stunde ausverkauft. "Der Hype ist groß, die Spieler werden behandelt wie Heilige", sagte Kristof Terreur, Reporter der größten belgischen Zeitung "Het Laatste Nieuws". Als Chelsea-Coach José Mourinho den früheren Bremer Kevin De Bruyne neulich nicht für den Kader berücksichtigte, gründeten Fans in Belgien eine Facebook-Gruppe, um ihren Unmut darüber zu äußern. Innerhalb eines Tages kamen 50 000 "Likes" zusammen.

"Nach dem Desaster bei der Heim-EURO 2000 hat der Verband eine Blaupause herausgegeben, nach der Jugendliche trainiert werden sollten. Das war erfolgreich. Außerdem konnten wir erstmals aus unserer multikulturellen Gesellschaft Kapital schlagen. Diese Spieler haben uns neue technische Qualitäten gebracht", erklärte Terreur. Als Lohn winkt die erste WM-Teilnahme seit 2002. Experten trauen dem Team sogar zu, an vergangene Glanzzeiten anzuknüpfen. 1980 erreichte Belgien bei der EM in Italien das Finale. 1986 kam das WM-Aus erst im Halbfinale gegen den späteren Weltmeister Argentinien.

Gemessen an Transfersummen hat die belgische Nationalmannschaft bereits wieder aufgeschlossen. Derzeit ist das Team das drittteuerste nach Brasilien und Portugal. Und ein neuer Star steht schon in den Startlöchern: Adnan Januzaj. Der 18-Jährige von Manchester United hat sich allerdings noch nicht entschieden, ob er für Belgien spielen wird. Aufgrund seiner Abstammung könnte er auch für Albanien, die Türkei oder Serbien auflaufen.

Teamspirit als Erfolgsfaktor

Fellaini versuchte indes dann doch eine Erklärung für den gewaltigen Aufschwung zu finden: "Wir spielen schon lange zusammen. Viele von uns waren schon bei den Sommerspielen in Peking aktiv." Der Teamspirit ist offenbar ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dabei spielt der frühere Hamburger Kompany eine wichtige Rolle. Er ist das Gesicht der Generation und der multikulturellen Gesellschaft des Landes. Coach Wilmots lobt, er sei der Leim, der die Truppe zusammenhalte.

Die Belgier profitieren aber auch von ihrer Zeit in England. "Es ist gut für uns, dass wir aus einer Fußball-Kultur kommen", meinte Eden Hazard vom FC Chelsea. Die Intensität und das hohe Tempo wären Dinge, die man von der Insel mitbringe. Der Weg nach Brasilien führt für Belgien über die Insel.

dpa