26.03.2016 10:12 Uhr

Drinkwater vor Debüt: Cool ins kalte Wasser

Danny Drinkwater will auch im Nationaltrikot Zeichen setzen
Danny Drinkwater will auch im Nationaltrikot Zeichen setzen

Im EM-Härtetest gegen Deutschland überraschen die Three Lions mit einem aufgefrischten Kader, der auf der Insel für Begeisterung sorgt. Der neueste Name auf der Liste: Danny Drinkwater von Sensationsteam Leicester City.

Der 17. März 2016 wird Danny Drinkwater noch lange im Gedächtnis bleiben. Als der 26-Jährige nach einem anstrengenden Vormittag auf dem Trainingsgelände von Leicester City gemeinsam mit seinem kongenialen Mittelfeldpartner N’Golo Kanté Richtung Kantine schlenderte, wartete die womöglich größte Überraschung seiner Profikarriere auf ihn. Klatschen, Jubelschreie, Schulterklopfer - die ganze Essenshalle erhob sich, als der Shootingstar den Raum betrat.

Recht ungewöhnlich, wie Teamkollegen, Trainerstab und Mitarbeiter sich verhielten, doch der Grund ihrer Euphorie lag auf der Hand: Roy Hodgson, seit 2012 englischer Nationalcoach, hatte Drinkwater soeben erstmals in den Kader der Three Lions berufen. Der Lohn harter Arbeit, wie der unermüdliche Antreiber später feststellte. Schließlich zählt "Drinky", wie er liebevoll getauft wurde, zu den Schlüsselfiguren des sensationellen Aufstiegs, den Premier-League-Spitzenreiter Leicester City in dieser Saison erlebt.

Mehr als ein Wasserträger

Wenn in den vergangenen Monaten über die Ursachen des erstaunlichen Foxes-Erfolgs gefachsimpelt wurde, fielen zumeist drei Namen: Jamie Vardy (19 Tore, 8 Assists), Riyad Mahrez (16 Treffer, 10 Vorlagen) und Trainer Claudio Ranieri. Freilich ist deren Wert für den Klub unbestritten, doch im Hintergrund sind stille Helden wie Drinkwater die Basis des Leicester-Wunders. Mit seiner laufstarken und robusten Spielweise nimmt der "Unsung Hero" selbst millionenschweren Top-Gegnern den Spaß am Spiel. Im Duett mit Nebenmann Kanté, der sich jüngst ebenfalls über seine erste Berufung in die französische Landesauswahl freuen durfte, sorgt der Fan-Liebling für enorme Kompaktheit im Zentrum. Die Zahlen belegen die neue Stabilität: In zwölf der letzten 22 Ligapartien blieben die Füchse ohne Gegentreffer.

Doch Drinkwater kann mehr als nur Defensive, ist nicht nur Wasserträger im Rücken der kreativen Köpfe. Viel mehr lenkt und leitet er das berüchtigte Umschaltspiel als Strippenzieher. Fünf Torvorlagen und ein knappes Dutzend "vorletzter" Pässe unterstreichen die Vielseitigkeit des 26-Jährigen, der den plötzlichen Rummel um seine Person cool nimmt: "Es geht für mich nur darum, meinen Job zu machen". Fortan auch international, doch der Sprung ins kalte Wasser gegen Deutschland scheint dem einst bei Manchester United gescheiterten Teamplayer keine Angst zu bereiten. "Ich freue mich einfach auf die Herausforderung. Mir wird die Chance gegeben, zu zeigen, wozu ich fähig bin. Es liegt an mir, diese zu nutzen", so der Neuling auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Ähnlicher Ansatz als Vorteil

Im zuletzt deutlich verjüngten Kader der Engländer ist das Gedränge um ein EM-Ticket allerdings groß. Formstarke Hoffnungsträger wie das Spurs-Duo Dele Alli und Eric Dier oder der wiedergenesene Jordan Henderson haben in ihren Klubs zuletzt bleibenden Eindruck hinterlassen und dürften in der teaminternen Hierarchie vor Drinkwater stehen. Dessen Vorteil könnte allerdings sein, den von Hodgson geforderten blitzschnellen Konterfußball wie kaum ein Zweiter zu beherrschen. DFB-Coach Jogi Löw beschrieb den Stil wie folgt: "England spielt aus einer gesicherten Defensive heraus, sie bekommen wenige Gegentore. Sie wollen einen schnellen Torabschluss nach einem Ballgewinn". Parallelen zum Erfolgsrezept Ranieris in Leicester stechen ins Auge, die Ansätze ähneln sich. Keine schlechten Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Drinkwater-Märchens bei der Endrunde in Frankreich.

Für die vollkommen euphorisierten LCFC-Anhänger ist "Drinky" ohnehin längst ein Held, dem sie sogar einen eigenen Song gewidmet haben: ''So here's to you Danny Drinkwater, Leicester loves you more than you will know, oh woah oh oh" hallt es zur Melodie des Simon & Garfunkel-Klassikers "Mrs. Robinson" regelmäßig durchs King Power Stadium. Und es scheint, als wäre der Erfolgsdurst des Wassertrinkers noch nicht gestillt.

Mehr dazu:
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Heiko Lütkehus