Treffen zwischen RB-Boss und Rose nach bitterer Pleite

In Oliver Mintzlaff brodelte es. Mit strengem Blick lief der Geschäftsführer von Red Bull kurz vor Mitternacht schnellen Schrittes durch die Katakomben der Leipziger Arena, in der Kabine schaute er in lange Gesichter.
"Wir sind alle sehr frustriert", sagte RB Leipzigs Sportdirektor Rouven Schröder. Von einer "großen Enttäuschung" sprach Trainer Marco Rose: "Es fühlt sich nicht gut an."
Das nach dem Spielverlauf völlig unnötige 2:3 (1:0) gegen Juventus Turin war nicht nur sportlich ein neuerlicher Rückschlag in der Champions League gewesen. Die Niederlage bestätigte Mintzlaff auch in seiner zuvor geäußerten Kritik an der Entwicklung des Vereins: Der CEO des Brause-Giganten stört sich an der oft fehlenden Konstanz des wichtigsten Fußballprojekts im Firmen-Kosmos.
Gegen ein schlagbares Turin kosteten Leipzig Naivität und fehlende Reife greifbare Zähler. Doppel-Torschütze Benjamin Sesko (30./65., Handelfmeter) hatte RB zwei Mal in Führung gebracht.
Die Rote Karte für Juve-Keeper Michele Di Gregorio (59.) spielte Leipzig ebenso in die Karten. Dann aber bestraften Doppeltorschütze Dusan Vlahovic (50./68.) mit seinem zweiten Treffer und Francisco Conceicao (83.) leichtfertige Leipziger.
Genau diese Fahrlässigkeiten will Mintzlaff nicht mehr sehen. Man müsse da sein, wenn eine Lücke aufgehe und die Top-Favoriten aus unterschiedlichsten Gründen schwächelten, hatte er in einem vielbeachteten "kicker"-Interview gesagt. Es sei zudem der Anspruch von RB Leipzig, in der Königsklasse in die K.o.-Runde einzuziehen.
Zwei Tage nach der Veröffentlichung der Zitate ging am Mittwochabend gegen einen Top-Klub eine Lücke auf - doch Leipzig verspielte in Überzahl eine Führung und den Sieg.
RB Leipzig: Schwere Gegner warten in der Champions League
Mit null Punkten aus zwei Spielen und weiteren Gegnern wie dem FC Liverpool, Inter Mailand oder Bayern-Bezwinger Aston Villa wird das Weiterkommen zur Herausforderung.
"Wir haben auf hohem Niveau wieder Lehrgeld gezahlt. Aber wir bleiben dran, wir geben uns nicht geschlagen", sagte Rose, wusste aber auch: "Irgendwann musst du anfangen zu punkten."
RB Leipzig spielte gegen einen europäischen Spitzenklub, Rose wurde nicht müde, das zu betonen und die Klasse der Alten Dame herauszustellen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Leipzig hat die Qualität, eine Führung gegen einen angeschlagenen Top-Gegner nicht nur zu verwalten, sondern im Idealfall auch auszubauen. Beides gelang nicht.

"Ich habe selten so ein Spiel erlebt", sagte Kapitän Willi Orban: "Ich bin ein bisschen sprachlos. Es ist sehr brutal und bitter." Man sei grundsätzlich sehr stabil gewesen, aber "wir hatten auch ein, zwei Ballverluste zu viel. Wir wollen zu viel, zu sehr mit dem Kopf durch die Wand. Daraus müssen wir lernen." Im Klub herrscht darüber Einigkeit.
Das gilt auch für die ganz generelle Zielsetzung. "Oliver Mintzlaff und Marco Rose wollen dasselbe: erfolgreichen Fußball im Verein spielen. Dafür geben wir alles", sagte der Coach, der sich am Mittwochmittag mit Mintzlaff bei einem Treffen ausgetauscht hatte.
Das sei harmonisch verlaufen. "Der Kaffee war mega warm und angenehm, das Gespräch auch", sagte Rose.
Der Druck auf den Trainer und das Team ist dennoch gestiegen.